Pop-up bringt moderne westafrikanische Küche auf Zürichs Teller
Das Pop-up «Uche Experience» um Gastronomin Naomi Biaduo und Koch Ikenna Akwuebue serviert avantgardistische Gerichte aus Ghana und Nigeria in der «Kantine» im Kreis 5. Vor zwei Jahren gab es bereits einen Anlauf, doch damals verweigerten die Schweizer Behörden dem Team das Visum.
Während Tripadvisor 94 Thai-Restaurants in Zürich aufzählt, kann man die westafrikanischen Küchen in der Stadt an einer Hand abzählen.
Eine Ausnahme bildet derzeit das Pop-up «Uche Experience 2.0», das bis Sonntag in der Kantine im Kreis 5 zu Gast ist.
Auf drei übergrossen Leinwänden zeigen Videoaufnahmen Szenen aus Canteens, den Familienrestaurant, wie es in Ghana oder Nigeria unzählige gibt. Der ghanaische Musiker Frank Osei («Muud Swingz») spielt Fusion Sets zeitgenössischer afrikanischer Musik und globaler Genres.
Doch wer hier Fufu, das bekannte Maniok-Kochbananen-Püree, erwartet, sucht vergebens. Das Pop-up bringt moderne westafrikanische Küche nach Zürich.
Der ghanaisch-nigerianische Koch Ikenna Akwuebue serviert ein Fünf-Gänge-Menü: die alte afrikanische Hirsensorte Fonio als Citrus Salat an Hibiskus Dressing; Forelle auf confierten Yamswurzeln; Jollof-Reis als Fritter auf Kohlsalat. Der Süsskartoffel-Eintopf bringt die Schärfe von getrockneten Chillis mit, während ein süss-säuerliches Sorbet aus dem Fruchtfleisch der Kakaofrucht den Gaumen reinigt. Der Abschluss macht ein ghanaischer Schokoladen-Pudding mit einem Mousse aus der Frucht des Baobab-Baums. Auch auf der Karte befindet sich ein kleineres Bar-Menü, sowie ein Cocktail-Pairing von Barkeeper Alexandre Werren, das ebenfalls Zutaten aus Westafrika zusammenbringt.
«Bold», also kräftig oder mutig, sei die westafrikanische Küche laut Ikenna Akwuebue – und: «Vielerorts wird ihre Vielfalt bis heute unterschätzt.»
Akwuebue lebt und arbeitet in Ghanas Hauptstadt Accra. Neben eigenen Gastronomieprojekten und Engagements mit seinem Kollektiv «Ghana Food Movement» unterrichtet er auch an der «School of Culinary Arts». In seiner Arbeit kombiniert Akwuebue moderne Gastronomie mit traditionellen westafrikanischen Zutaten und Techniken, die auch durch die Kolonialisierung in Vergessenheit geraten sind.
Erstes Pop-up scheiterte an Schweizer Behörden
Hinter dem zehntägigen Pop-up steht der Verein Adaku West African Cuisine. Die «Uche Experience» organisieren sie bereits zum zweiten Mal – 2023 musste es aber ohne Koch stattfinden.
Vor zwei Jahren verweigerten die Schweizer Behörden Ikenna Akwuebue und Frank Osei das Visum. Gemäss der Behörden bestünden Zweifel, dass die Männer den Schengen-Raum wieder verlassen würden.
Naomi Biaduo, Gründerin des Vereins und Geschäftsführerin des Restaurants Kantine, ist zwar erleichtert, dass es dieses Mal funktioniert hat, doch sie glaubt nicht, dass dies als Zeichen eines Systemwechsels zu interpretieren ist. «Bei uns hat es funktioniert – auch wegen des öffentlichen Drucks durch die Medien.» Doch ein nächstes Popup mit einem weniger bekannten Koch werde vermutlich wieder vor denselben Problemen stehen.
Der Verein Adaku sei gegründet worden, um die westafrikanische Kultur «jenseits von Trommeln und farbigen Wachstüchern» in Zürich sichtbar zu machen, sagt Biaduo.
In diesen Stereotypen sieht sie auch einer der Gründe, warum es in Zürich bislang nur wenige afrikanische Restaurants gibt. «Die meisten Schweizer:innen verbinden mit Westafrika Safaris oder NGO-Projekte», so Biaduo. Die kulturelle Vielfalt der Region an Gastronomie, Musik, Kultur bleibt unentdeckt. «Darum will ich, dass Köch:innen, die in Westafrika leben, hierherkommen und ihre eigene Geschichte erzählen.»
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Aufgewachsen am linken Zürichseeufer, Studium der Geschichte, Literatur- und Medienwissenschaft an den Universitäten Freiburg (CH) und Basel. Sie machte ein Praktikum beim SRF Kassensturz und begann während dem Studium als Journalistin bei der Zürichsee-Zeitung. Als wissenschaftliche Mitarbeiterin untersuchte sie Innovationen im Lokaljournalismus in einem SNF-Forschungsprojekt, wechselte dann von der Forschung in die Praxis und ist seit 2021 Mitglied der Geschäftsleitung von We.Publish. Seit 2023 schreibt Nina als Redaktorin für Tsüri.ch.