Das war die Pitch-Night zum Fokus «Arbeiten & lebenslanges Lernen»
Am 26. Februar fand im Kraftwerk die Pitch-Night zum Thema «Arbeiten & lebenslanges Lernen» statt. Sieben Speaker:innen beleuchteten in ihren Reden verschiedene Blickwinkel zur Zukunft unserer Arbeitswelt. Es ging um die Forderung von mehr Lohn, neue Arbeitsmodelle und den Menschen im Zentrum.
«Kein Abschluss ohne Anschluss»
Mit der These «Kein Abschluss ohne Anschluss», startete Claudia Sidler-Brand von Juventus Schulen mit dem ersten Pitch in die Diskussion. Sie erklärte, dass es laut dem WEF 23 Prozent der bisherigen Berufe in der Zukunft nicht mehr geben wird. Es sei normal, dass man heutzutage nicht mehr jahrelang den gleichen Beruf ausübe. Sie betonte, dass berufliche Weiterentwicklung auch branchenübergreifend stattfinden sollte. «Die Chancen für einen Neustart sind gegeben», so die Direktorin.
«Lehrer:innen können nicht durch KI ersetzt werden»
Beat Schwendimann, Geschäftsleitungsmitglied des Dachverbands Lehrer:innen sprach im zweiten Pitch über künstliche Intelligenz im Schulunterricht. Er erklärte, dass Lehrpersonen KI in Zukunft in die Arbeitsaufträge integrieren sollten und sich bewusst machen müssen, dass Schüler:innen die Technologie für ihre Arbeit benutzen. KI werde den Beruf der Lehrer:innen verändern, aber nicht ersetzen, war sich Schwendimann sicher.
«Ein starres Stellenprofil fällt weg»
«Eine Form, wie die Arbeitswelt der Zukunft gestaltet werden könnte, ist Holacracy», erklärte Sophie Fauser in ihrem siebenminütigen Pitch. Sie ist Feinheit-Partnerin und arbeitet seit einiger Zeit in diesem Modell. Es geht darum, Rollen in einem Unternehmen flexibel zu besetzen. Hierarchien in der herkömmlichen Form gibt es bei Holacracy nicht. Durch die flexible Rollenbesetzung können sich Mitarbeiter:innen besser entfalten und ihr eigenes Rollenprofil weiterentwickeln. «Ein Stellenprofil, in das man hineingedrückt wird, fällt weg», erklärte sie. Der Mensch werde mit seinen Fähigkeiten eingesetzt.
«Die Zukunft der Arbeitswelt wird menschenzentriert»
Auch Sonja Wollkopf, Geschäftsführerin der Greater Zurich Area, betonte, dass die Fähigkeiten des Menschen ins Zentrum gestellt werden sollen.«Wir müssen mehr Kreativität, Empathie und Intuition in den Berufsalltag integrieren», sagte sie. Sie verbindet diese Forderung mit der Nutzung von KI. Künstliche Intelligenz sollte ihr zufolge eher als Chance gesehen werden, da sie Berufstätigen helfen kann, bessere Resultate zu erzielen. Um das zu erreichen, muss die Arbeitswelt wieder menschenzentriert gestaltet werden.
«Wir brauchen nicht mehr Weiterbildungen»
Jeannine Erb, Wissenschaftliche Mitarbeiterin vom Arbeitgeberverband erklärte in ihrem Pitch, wie sich das Bildungssystem weiterentwickeln sollte.«Wir brauchen eigentlich nicht mehr Weiterbildungen», sagte sie. Wichtig sei, dass sie branchennah bleiben würden und dass ein Verständnis für das existierende Bildungssystem geschaffen werde. Es sei von Vorteil, dass unser Berufsbildungssystem wirtschaftsnah ist, da sich Ausbildungen so gut an die Bedürfnisse anpassen können. Eine staatliche Unterstützung im Bereich Weiterbildung sei kontraproduktiv, erklärte Erb. «Je mehr man regulieren will, desto weniger branchennah werden die Möglichkeiten an Ausbildungsinhalten.»
«Es braucht eine Anhebung der Löhne in Sozialberufen»
«Wir wünschen uns als Gewerkschafter:innen für die Zukunft eine Arbeitswelt, wo die Menschen autonom und zu fairen Löhnen arbeiten können.» Diese Forderung stellte Natascha Wey, Generalsekretärin der VPOD, zu Beginn ihres Pitches. Sie erklärte, dass es im Moment noch zu wenig positive Beispiele gebe, wo Digitalisierung zu mehr Autonomie beigetragen hat. Auch die tiefen Löhne würden in gewissen Branchen verhindern, dass Arbeitnehmer:innen autonomer sein könnten.«Berufsfelder wie Pflege oder vorschulische Kinderbetreuung werden nie Gewinn machen, deswegen muss der Staat in diese Bereiche investieren», sagte sie. «Es braucht eine Anhebung der Löhne in Sozialberufen.»
«Der Fachkräftemangel ist eine billige Ausrede»
Fehlende Diversität in der Arbeitswelt, wenig Wertschätzung oder zu tiefe Gehälter werden laut Selma Kuyas oft verschleiert. Der Grund des Fachkräftemangels liege vor allem darin, dass die betroffenen Berufe unattraktiv seien, so die Jobberaterin. Dagegen könne man etwas unternehmen, und zwar mit der «New-Work»- Methode. «Es ist eine Haltung, die sich in der Politik ändern muss, in der Geschäftsleitung und bei den Verwaltungsrät:innen.» Wie Sophie Fauser und Sonja Wollkopf betonte sie auch den Wert des Menschen: Das Bewusstsein, dass Mitarbeitende Investitionen sind, müsse in Zukunft gestärkt werden, erklärte Kuyas auf der Bühne.
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