Duplikat im Kreis 3

Leerkündigen und Verkaufen: Buchhandlung fällt der Spekulation zum Opfer

Seit 14 Jahren betreibt Marianne Studer den Buchladen Duplikat im Kreis 3. Anfang 2027 ist damit Schluss. Das gesamte Haus wurde verkauft und wird von P&P Properties in Stockwerkeigentum umgewandelt.

Buchhandlung Duplikat im Kreis 3
Neben der Buchhandlung sind zehn Wohnungen und ein weiteres Geschäft von der Leerkündigung an der Zentralstrasse betroffen. (Bild: Dominik Fischer)

Wer sich ab und zu zwischen Lochergut und Idaplatz aufhält, kennt ihn: den Buchladen Duplikat. Herzige Postkarten, Papeterie, Klassiker und Kinderbücher drängen sich auf engem Raum im warmen Licht. Doch vor drei Wochen flatterte der Duplikat-Besitzerin Marianne Studer die Kündigung ins Haus – genauso wie allen anderen Parteien der Zentralstrasse 129. Denn: Das Haus wurde Anfang Jahr verkauft. Im Kündigungsschreiben, das der Tsüri-Redaktion vorliegt, heisst es, die Liegenschaft werde in Stockwerkeigentum umgewandelt. Neben dem Duplikat sind zehn Wohnungen und ein weiteres Geschäft betroffen.

Bewohner:innen könnten «den Verkauf erschweren»

In seltsamer Offenheit nennt die zuständige Verwaltung Fischer AG den Mietenden den Kündigungsgrund: Die künftigen Käufer:innen der Wohnungen «sollen die Möglichkeit haben, die Wohnung selbst zu bewohnen, womit sich die Verkaufsmöglichkeiten verbessern.» Soll heissen: Eine leere Wohnung verkauft sich besser, und teurer. So heisst es in dem Schreiben weiter, ein bewohnter Zustand könnte «den Verkauf erschweren» und den Kaufpreis senken. Das Stockwerkeigentum dient somit als reines Spekulationsobjekt.

Wie erst kürzlich eine Tsüri-Recherche zeigte, wohnen nur die Hälfte der Besitzer:innen von Stockwerkeigentum selbst darin. So dürften schon bald wieder Mieter:innen und Geschäfte in die Zentralstrasse einziehen, jedoch zu ganz anderen Preisen; und das, obwohl sich an der Liegenschaft nichts verändert hat. 

Tragisch für die Buchhändlerin: Sie hatte ein gutes Verhältnis zu den vorherigen Besitzer:innen und versuchte, diese zu einem Verkauf an die Stadt oder eine Genossenschaft zu bewegen. Doch die Erbengemeinschaft hat stattdessen an den Meistbietenden verkauft. Neue Besitzerin ist die P&P Properties III AG mit Sitz in Baar. 

Als einzige Managerin ist die chinesische Geschäftsfrau und Investorin Rongrong Hu eingetragen. Die NZZ hat der Geschäftsfrau im Jahr 2022 gar einen ganzen Artikel gewidmet. Eine Kaderposition bei Ebay habe sie im Jahr 2016 in die Schweiz gebracht, heisst es darin. Inzwischen ist Rongrong Hu unter anderem «Senior Vice President of Corporate Strategy» für das Softwareunternehmen Amadeus. Mit David Kryl, CEO von P&P Investment, steht zudem ein tschechischer Investor hinter dem Kauf der Liegenschaft.

Buchhandlung Duplikat im Kreis 3
Seit 14 Jahren verkauft Marianne Studer Bücher und Papeterie. Und sie versuchte, die Hausbesitzer:innen zum Verkauf an eine Genossenschaft zu bewegen. (Bild: Dominik Fischer)

So wird die Zentralstrasse 129 zu einem Fall wie aus dem Lehrbuch dafür, wie Zürcher Liegenschaften kommerziellen Interessen dienen – statt etwa an eine Genossenschaft überzugehen und so das Drittelsziel zu fördern. Dass Investmentfirmen auf den Profit aus sind und den ideellen Wert eines Quartierbuchladens nicht zu schätzen wissen, liegt auf der Hand.

«Eine unternehmerische Leistung ist nicht zu erkennen»

Für P&P Properties dürfte die Investition voll und ganz aufgehen. Vom künftigen Verkauf als Stockwerkeigentum kann sie sich stattliche Gewinne erhoffen, ohne selbst die geringste Aufwertung vorzunehmen. Denn wie Walter Angst vom Mieter:innenverband erklärt, lassen sich weit höhere Preise erzielen, wenn das Miethaus nicht als Ganzes verkauft wird, sondern die Wohnungen einzeln im Stockwerkeigentum weiterverkauft werden.

«Das ist ein Geschäftsmodell, das jetzt schon bekannt ist und sich noch stärker verbreiten könnte, wenn dem nicht ein Riegel geschoben wird», sagt Angst. Die Umwandlung von Mehrfamilienhäusern in Stockwerkeigentum mit anschliessender Eigenbedarfskündigung sei ein einfacher Weg, Mietende loszuwerden. Angst appelliert an verkaufswillige Eigentümer:innen, ein solches Geschäftsmodell zu unterbinden. 

Zudem verweist er auf die Wohnschutzinitiative, die im nächsten Jahr zur Abstimmung kommt. Diese will eine Rechtsgrundlage schaffen, um die Umwandlung von Wohnliegenschaften in Eigentumswohnungen zu regulieren.

Stark betroffen von solchen Geschäftspraktiken ist das Sihlfeldquartier. Es leidet zugleich unter der Umwandlung von Mietliegenschaften in Stockwerkeigentum und unter der Umwandlung von Mietwohnungen in Business-Apartments. «Die Räuber sind sehr aktiv. Ihr Geschäft hat nichts mit dem alten Immobilienbusiness zu tun. Eine unternehmerische Leistung ist nicht zu erkennen. Es wird einfach nur Geld abgeschöpft», sagt Angst.

«Sie wollen einfach Geld machen, ganz simpel, so wie es in dieser Stadt halt läuft», kommentiert auch Marianne Studer, die ihre Buchhandlung seit 14 Jahren betreibt. Sie gibt sich kämpferisch, hat Einsprache eingelegt und ist im Kontakt mit dem Mieter:innenverband. Die Chance, dass sie es sich leisten kann, den Laden selbst zu übernehmen, schätzt sie als gering ein.

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Kommentare

Adalbert Berner
24. November 2025 um 12:36

Ausländer

Wie kommen Sie darauf, dass hinter der Immobiliengesellschaft Ausländer sind? Es ist von gesetzeswegen ja nicht erlaubt. Und wenn man ein bisschen Research macht, findet man sehr schnell den Schweizer Eigentümer bzw. die Eigentümerin, die hier lebt. Oder wollen sie diese Bürgerin nun als ausländische profitorientierte Räuberin darstellen? Sie bedienen sich in Ihren Artikeln bei jenen Mechanismen, die Sie wahrscheinlich der anderen Seite jeweils vorwerfen. Reine Polemik!

Räuber?
24. November 2025 um 11:11

bitte Fakten!

Das Eigentumsrecht ist kein Vorschlag, sondern ein Grundpfeiler unserer Rechtsordnung. Wer investiert, trägt Risiko, Verantwortung – und erhält im Gegenzug Entscheidungsfreiheit über die Nutzung seiner Liegenschaft. Moralische Empörung ersetzt kein Eigentum, und Nostalgie ist kein Mietvertrag. Man kann den freien Markt kritisieren – oder daran teilnehmen. Aber bitte: aufhören zu jammern. Einen Bücherladen zu führen ist kein Grundrecht - willkommen im Markt. Räuber? Räuber nehmen etwas, das ihnen nicht gehört...ich hoffe fast schon, dass alle 4 Initiativen angenommen werden. Zuerst hat eure 30j. links/grüne Politik uns ins jetzt gegbracht und mit diesen Initiativen wird es nur noch verschärft. Ein paar ganz wenige profitieren zulasten aller anderen....dann wird die Politik - so hoffe ich - ebenfalls endlich kehren.