Nach Kinosterben

Filmhauptstadt unter Druck: Jetzt will die Stadt Kinos retten

Die Stadt reagiert auf Kinoschliessungen und finanzielle Engpässe bei den Zürcher Arthouse- und Neugass-Kinos: Mit jährlich 820’000 Franken will sie die «Angebotsvielfalt sichern» und zugleich Filmfestivals fördern.

Ehemaliges Uto Kino bei der Kalkbreite
Fast wäre es hundert Jahre alt geworden: Im März 2024 musste das Kino Uto aufgrund einer Gebäudesanierung und sinkenden Einnahmen dicht machen. (Bild: Maurice Grünig / Baugeschichtliches Archiv)

Zürich gilt als Kinohauptstadt der Schweiz: Tag für Tag flimmern Dutzende Filme über 64 Leinwände in 13 Kinos. Doch die Kinolandschaft steht unter Druck. Seit der Pandemie haben die Säle Publikum verloren, immer mehr Menschen streamen Filme von zu Hause aus. So mussten 2023 und 2024 das Arthouse Alba und das Arthouse Uto ihre Türen schliessen.

Nun will die Stadt dieser Entwicklung entgegenwirken. Sie plant eine neue Förderung, die «die Angebotsvielfalt sichern soll», wie Primo Mazzoni, Leiter der Abteilung Film bei der Stadt Zürich, sagt. Künftig sollen Kinobetriebe, die aktuelle Schweizer Werke und Independent-Filme zeigen, regelmässige Beiträge erhalten.

Konkret sind dafür jährlich 500’000 Franken vorgesehen – Teil eines Gesamtkredits von 820’000 Franken, den der Stadtrat dem Gemeinderat zur Entscheidung vorlegt.

«Keine Betriebsförderung»

«Es handelt sich dabei explizit nicht um eine Betriebsförderung», sagt Mazzoni. Vielmehr schliesse die Massnahme eine Lücke in der Wertschöpfungskette: Independent-Filme würden häufig bereits in der Entstehung unterstützt. «Wenn auf der einen Seite die Produktion gefördert wird, braucht es auf der anderen auch Unterstützung bei der Verbreitung», sagt Mazzoni. Schliesslich zählten solche Filme zum Kulturgut und sollten ihr Publikum erreichen.

Die Massnahme geht auf eine Anfrage aus dem Jahr 2022 zurück. Damals meldeten die Arthouse Commercio Movie AG, Betreiberin der Zürcher Arthouse-Kinos, und die Neugass Kino AG, die das Riffraff und das Houdini führt, finanzielle Schwierigkeiten. Beide nicht gewinnorientierten Unternehmen gerieten insbesondere nach den Pandemiejahren in eine «prekäre Lage», wie es im Stadtratsbeschluss heisst. Daraufhin erarbeitete die Stadt die nun vorliegende Fördermassnahme.

Breitere Unterstützung auch für Festivals

Die Neugass Kino AG begrüsst den Entscheid des Stadtrats, wie eine Sprecherin auf Anfrage mitteilt. Noch immer lägen die Eintrittszahlen der Neugass-Kinos unter dem Niveau von 2019. «Gleichzeitig sind wir mit einer starken Steigerung der allgemeinen Kosten konfrontiert, die wir nur bedingt an das Publikum weitergeben können.» Auch die Arthouse Commercio Movie AG betont, dass die Besucherzahlen zwar gestiegen seien, das Vor-Pandemie-Ergebnis jedoch noch nicht erreicht wurde.

Es ist nicht die einzige Anpassung im Fördersystem der Stadt: Der Stadtrat beantragt dem Gemeinderat zudem einen Kredit von 300’000 Franken für etablierte Filmfestivals – «zur Verbesserung der Rahmenbedingungen und zur Erhöhung der Planungssicherheit», wie es in der Mitteilung heisst.

Bereits heute gibt es in Zürich mehr als zehn Filmfestivals. «Sie tragen nicht nur zur Sichtbarkeit der Filme bei, sondern ermöglichen auch den Austausch von Wissen und das Pflegen von Netzwerken», sagt Mazzoni. Er betont, dass diese Kultur ein grosser Reichtum sei, der erhalten werden müsse, und der auf dem Fortbestehen der Kinos als Ausgangspunkt beruhe. Auch deshalb dürften sie nicht verschwinden.

Zudem soll die städtische Filmkommission verstärkt werden. Dafür sind zusätzliche 20’000 Franken vorgesehen, um das Gremium von drei auf fünf Mitglieder zu erweitern. Es brauche zusätzliche Fachpersonen, um über die Fördergesuche entscheiden zu können, begründet Mazzoni.

Dreijährige Förderperioden

Bereits heute unterstützt die Stadt die Filmkultur mit verschiedenen Beiträgen. Für Festivals und Vermittlungsprojekte können Gesuche eingereicht werden, die Zürcher Filmstiftung erhält von Stadt und Kanton zusammen jährlich 12 Millionen Franken für einzelne Filmprojekte. Wiederkehrende Beiträge gehen etwa an das Kino Xenix, die Schweizer Jugendfilmtage, die Stiftung Trigon-Film oder das Zurich Film Festival.

Die Erweiterung dieser Ausgaben um insgesamt 820’000 Franken kommt 2026 vor den Gemeinderat. Im Falle einer Zustimmung könnten die neuen Kinobeiträge ab 2027 für eine erste dreijährige Förderperiode vergeben werden. «Nach den ersten drei Jahren wird evaluiert, ob und was die Massnahmen bewirkt haben», sagt Mazzoni.

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