Die fünf wichtigsten Erkenntnisse aus der Tsüri-Wohnumfrage
Viele Zürcher:innen blicken düster auf den Wohnungsmarkt, wie die grosse Tsüri-Umfrage zeigt. Eine Mehrheit der Befragten hält es für unwahrscheinlich, dass sie nach dem nächsten Umzug noch in Zürich bleiben kann.
Tsüri.ch hat in diesem Frühling erneut die grosse Zürcher Wohnumfrage durchgeführt. Rund 2'500 Personen haben den Fragebogen ausgefüllt. Über 90 Prozent der Teilnehmenden wohnen nach wie vor in Zürich, die meisten von ihnen stammen aus der Altersgruppe der 30- bis 39-Jährigen. Hier sind fünf zentrale Erkenntnisse:
1. Viele fürchten den nächsten Umzug
Die Mieten in Zürich sind in den letzten 20 Jahren um 40 Prozent gestiegen.
Wir wollten wissen, für wie wahrscheinlich die Zürcher:innen es halten, dass sie sich auch nach einem nächsten Umzug noch eine Wohnung in Zürich leisten können. Die Antwort ist deutlich: Über die Hälfte denkt, dass sie es sich eher nicht mehr leisten können, jede:r Fünfte ist sich sogar sicher, die Stadt verlassen müssen.
Doch wo wohnen, wenn nicht mehr Zürich? Diese Frage haben wir bereits in der Wohnumfrage 2023 gestellt, nun ergab sich ein ähnliches Bild wie damals, jedoch mit dem Unterschied, dass prozentual mehr Menschen dazu bereits sind, in umliegende Städte wie Baden, Schaffhausen oder Winterthur zu ziehen.
Dieses Resultat deckt sich mit Ergebnissen des UBS-Wohnattraktivitäts-indikators 2024. Dort heisst es, dass es für eine vierköpfige Familie mit zwei Kindern in der Region Zürich besonders attraktiv ist, in Aarau, Baden oder Schaffhausenzu wohnen. In der Stadt und den direkt angrenzenden Gemeinden seien die Mieten mittlerweile zu hoch geworden.
2. Die Hälfte findet ihre Miete zu hoch
Eine knappe Mehrheit findet ihre Miete angemessen – die andere Hälfte empfindet sie als überteuert.
Bemerkenswert dabei: Ein Viertel der Befragten lebt im gemeinnützigen Wohnraum, drei Viertel hingegen in kommerziell vermieteten Wohnungen, Häusern oder Zimmern. Von Letzteren finden rund 60 Prozent, dass ihre Miete zu hoch ist. Bei den Bewohner:innen von Genossenschafts-, Stiftungs- oder städtischen Wohnungen sind es nur rund 20 Prozent.
3. Hohe Mieten als Hauptgrund für Wegzug
Jede:r zehnte der Befragten hat Zürich bereits verlassen. Wir haben nachgefragt, was der Grund für den Wegzug war. Überraschend ist das Ergebnis nicht: 68 Prozent sind wegen der überhöhten Mieten gegangen. Das sind über 10 Prozent mehr als vor zwei Jahren. Gründe wie etwa der Jobwechsel oder ein Umzug ins Ausland wurden deutlich seltener genannt.
Einzelne Kommentare erwähnen aber auch positive Aspekte des Wegzugs. Auf dem Land sei es schöner, ruhiger und noch eher möglich, Eigentum zu erwerben.
4. Viel Mitgefühl für die Verdrängten
Der Zürcher Wohnungsmarkt hat klare Verlierer:innen: Laut einer Studie der ETH sind es vor allem Menschen mit Migrationshintergrund und finanziell Schwache, die verdrängt werden (Tsüri.ch berichtete).
Dafür bringt Zürich viel Mitgefühl auf. Wie der Grafik zu entnehmen ist, empfinden das über zwei Drittel der Befragten als unfair und finden, dass dies unserer Gesellschaft und dem Stadtleben schadet. 1500 Personen, also 60 Prozent der Befragten, gaben an, dass ihnen die Folgen der Verdrängung Sorgen bereiten.
Viele der Befragten haben zudem angemerkt, dass es inzwischen auch für die Mittelschicht schwer geworden ist, bezahlbaren Wohnraum in Zürich zu finden.
5. Jede:r Zehnte schon von Leerkündigung betroffen
Spätestens seit der Leerkündigung der Sugus-Häuser, die erst kürzlich als ungültig eingestuft wurden (Tsüri.ch berichtete), erhält das Thema grosse Aufmerksamkeit. Wir haben nachgefragt, inwiefern die Zürcher:innen davon bereits betroffen waren oder ob es sie generell beschäftigt.
Jede:r Zehnte gab an, bereits eine Leerkündigung erlebt zu haben. Ein weiteres Drittel fürchtet, dass sie in den nächsten Jahren betroffen sein könnten. Bemerkenswert ist auch hier, dass die Angst vor einer Leerkündigung deutlich bei denjenigen überwiegt, die in privat vermieteten Wohnungen leben.
Im Wohnbrief vom 01. Juli findest du News und Tipps zu Wohnthemen in Zürich.
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Kai hat Politikwissenschaften und Philosophie studiert und als Redaktor und später als Co-Redaktionsleiter der Zürcher Studierendenzeitung (ZS) das Treiben der Uni und ETH kritisch beleuchtet. So ergibt es nur Sinn, dass er seit 2024 auch für Tsüri.ch das Geschehen der Stadt einordnet und einmal wöchentlich das Züri Briefing schreibt. Seit 2023 mischt Kai auch medienpolitisch mit: Beim Verband Medien mit Zukunft arbeitet er auf der Geschäftsstelle – organisiert Events, koordiniert Kampagnen und macht sich für die Zukunft unserer Branche stark.