Podium zum Josef-Areal: 500 Wohnungen für Zürich West - Tsüri.ch #MirSindTsüri
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Von Elio Donauer

Co-Geschäftsleitung & Projektleiter Civic Media

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13. Oktober 2023 um 12:08

Podium zum Josef-Areal: 500 Wohnungen für Zürich West

Die IG Zentrum Hardbrücke lud am vergangenen Donnerstag, 12. Oktober zum Podium in den Kulturpark. Thema der Veranstaltung: Die Entwicklung des Josef-Areals bei der Zentralwäscherei. Die IG stellte ihren alternativen Vorschlag zum städtischen Projekt zur Debatte.

Martin Hofer, Stefan Kurath, Brigitte Fürer, Daniel von Rüti und Moderator Marcel Bächtiger (v.l.n.r.) (Foto: Elio Donauer)

Über hundert Personen fanden sich im voll besetzten Kulturpark für das Podium zum Josef-Areal ein. Auf der Bühne nahmen der Architekt und Urbanist Stefan Kurath, die Grüne Gemeinderätin Brigitte Fürer, der Vertreter des Mieterinnen- und Mieterverbands Daniel von Rüti und Martin Hofer von der IG Zentrum Hardbrücke Platz. Die Stadt konnte oder wollte auf dem Podium keine Stellung nehmen. Der Stadtrat habe zum Projekt bereits entschieden, hiess es von den zuständigen Behörden.

Zu Beginn der Veranstaltung stellte Mitinitiant Martin Hofer die Vorschläge der Arbeitsgruppe «Josef will wohnen» vor. Er merkte an, dass ihre Vorschläge keinesfalls die Nutzungen der Stadt in Frage stellen wollen. Es gehe vor allem darum, dass man das Projekt nicht nur als einseitige Nutzung denken sollte. Die Stadt plant auf dem Josef-Areal ein Hallenbad, einen Werkhof und ein Gesundheitszentrum für das Alter. 

Die Pläne der Arbeitsgruppe wurden vor einer Woche in der aktuellen Ausgabe des Architekturmagazins Hochparterre präsentiert (Tsüri berichtete). Sie sehen auf dem Areal bis zu 500 gemeinnützige Wohnungen vor. Das Areal soll deutlich dichter bebaut und die Wohnflächen über den von der Stadt geplanten öffentlichen Nutzungen errichtet werden. 

Der Vorschlag schlug medial und politisch Wellen. Inzwischen haben die SP-Gemeinderäte Marco Denoth und Pascal Lamprecht eine schriftliche Anfrage beim Stadtrat zum Projekt eingereicht. Die städtischen Behörden liessen in einer Stellungnahme gegenüber Tsüri.ch verlauten, dass die Forderung zu spät komme. In den letzten Jahren fand ein Dialogprozess fürs das Quartier zum Bauprojekt statt – diesen hätten die Initiant:innen nicht genutzt. 

Zu Beginn der Diskussion nahm Gemeinderätin und Raumplanerin Brigitte Fürer Stellung zum Projekt. Sie hält die Vorschläge vor allem in Bezug auf den Wohnraum für bestechend, hat aber Angst um die Freiräume und Grünflächen, von denen es im Industriequartier bereits jetzt wenige habe. Sie warnte ausserdem, dass die Entwicklung von Wohnraum auch Bedürfnisse nach sich ziehen werde. Mehr Wohnungen heisse auch mehr Schulraum und Infrastruktur.

(Foto: Elio Donauer)

Als Bewohner des Kreis 5 höre das Wohnquartier für ihn aktuell beim Viadukt auf, erklärte Daniel von Rüti. Zürich West sei zu wenig belebt. Insofern sei mehr gemeinnütziger Wohnraum ein grosser Gewinn für das Quartier. Tatsächlich hat Zürich West nur einen Wohnanteil von 12 Prozent. Bis ein Quartier funktioniert, brauche es aber ungefähr 30 Prozent, sagte Martin Hofer. 

Warum wohnt niemand im Industriequartier?

Stefan Kurath erklärte, dass die Stadt im Zuge der Deindustriealisierung zwar Gestaltungspläne mit gemischten Zonen und Wohnanteil in Zürich West erlassen habe. Effektiv gebaut worden sei aber etwas anderes. Die Grundeigentümer:innen hätten hier andere Ziele verfolgt und ihren Fokus auf lukrativere Gewerbebauten gesetzt. Fürer machte dafür auch die Politik verantwortlich. Diese habe damals zu wenig eingegriffen, um den geforderten Wohnanteil auch zu erzielen. 

Das Projekt der IG Zentrum Hardbrücke bilde einen wichtigen Beitrag für die Innenentwicklung der Stadt, so Stefan Kurath. Ebenfalls wichtig sei der damit entfachte Diskurs um Monozonen, die nur eine Nutzung pro Areal zulassen und die Frage, wo welcher Grünraum Sinn macht. In Zürich West braucht es seiner Meinung nach keinen weiteren Park. Das Projekt der Stadt sei Ausdruck von veralteten Planungsverfahren. Stattdessen brauche man gemischte Zonen und wenn das mit Umzonungen einhergehe, dann sei das eben so. 

Ist Umzonung überhaupt möglich?

Es gäbe eigentlich keine Argumente, warum der Kanton die Zonenplanänderung ablehnen könne, meinte Kurath. Gemeinderätin Fürer pflichtete dieser Einschätzung bei. Die öffentliche Nutzung gehe nicht verloren, denn die Wohnnutzung würde einfach auf den öffentlichen Teil gebaut. Es brauche vor allem politischen Willen – das Neugass-Areal habe schliesslich gezeigt, dass eine Umnutzung problemlos möglich sei, wenn man nur wolle. 

Das Josef-Areal ist bisher nur eine Baustelle in Zürich West. Doch wie das Podium zeigte, ist es eine, bei der man die Möglichkeit hätte, einen Paradigmenwechsel zu vollziehen und das Quartier kompakter, nachhaltiger und belebter zu machen. Das Projekt der IG Zentrum Hardbrücke könnte ein Anstoss sein, das Industriequartier in seinen Grundsätzen anders zu gestalten.

Ob die Vorschläge politisch eine Chance haben, bleibt unklar. Die Einschätzungen von zwei Gemeinderät:innen beim anschliessenden Apéro liessen keine eindeutigen Schlüsse zu. Ob Josef irgendwann mal wohnen kann, bleibt offen. 

Dieser Text ist im Rahmen einer Medienpartnerschaft mit dem IG Zentrum Hardbrücke entstanden. 

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