Sindi-Nachfolge: Drohungen, kaputte Scheiben – und viel Liebe

Direkt neben der Josefwiese, wo früher der Kiosk Sindi Markt war, ist ein Secondhand-Laden für Kinderkleider eingezogen. Kurz nach der Eröffnung wurden die Scheiben eingeschlagen, die Hausbesitzerin erhielt Drohungen. Eine der Macherinnen versteht die Welt nicht mehr.

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Dagmar in ihrem neuen Laden an der Josefstrasse. (Quelle: Elio Donauer)

Sie steht draussen an einem Stromkasten und plaudert mit ein paar Jungs aus dem Quartier. Die Stimmung wirkt vertraut, man scheint sich zu verstehen. Dagmar Lombris ist eine der beiden Betreiberinnen des KiWi, welcher Ende August in den ehemaligen Räumlichkeiten des Sindi Markt eröffnet hat. 

Neu werden da keine Samosas, Zigaretten und Bier mehr verkauft, dafür Kinderartikel aus zweiter Hand. Denn: «Dass wir als Gesellschaft so viele Kleider einfach wegwerfen und verbrennen, macht mich traurig», erklärt Dagmar ihre Motivation für den Secondhand-Laden. 

Bereits als Tsüri.ch im April den Rauswurf des Kiosk publik machte, schlug der Besitzerin sowie den neuen Mieterinnen eine Welle der Empörung entgegen. Menschen aus dem Quartier forderten gar mittels Petition einen Verbleib des Treffpunktes.

Bei der Schlüsselübergabe erhielten Dagmar und ihre Geschäftspartnerin Georgina ungebetenen Besuch in ihrem neuen Lokal – inklusive Drohungen, dass man die Scheiben des KiWi einschlagen werde. In einer Nacht Anfang September, eine gute Woche nach der Eröffnung, flogen tatsächlich Steine, die kaputten Scheiben sind noch gut sichtbar. Es war indes nicht der erste Zwischenfall: In einer anderen Nacht habe jemand durch den Spalt der Glastüre in das Ladenlokal gepinkelt, wird berichtet. Über die Täterschaft können Dagmar und Georgina nur rätseln.

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Der Schaden ist noch immer gut sichtbar. (Quelle: Elio Donauer)

Keine Mieterhöhung für den neuen Laden

Die Macherinnen des KiWi verstehen nicht, wie sie zur Zielscheibe werden konnten. «Wir sind unschuldig», betont Dagmar. Niemals wären sie auf die Idee gekommen, einen Kiosk aus dem Quartier zu verdrängen. Für das neue Ladenlokal hätten sie sich ganz regulär auf das Inserat auf einem Onlineportal beworben. Damals hatte der Sindi Markt die Kündigung bereits auf dem Tisch. 

Die Veränderung wurde also von der Besitzerin angestossen. Gegenüber dem Tagesanzeiger erzählte diese im Mai von unregelmässig bezahlter Miete und Problemen mit Lärm und Müll. Vermutlich hätte die City Real Estate AG, der die Liegenschaft gehört, von neuen Mieter:innen eine deutlich höhere Miete verlangen können. Doch gemäss den Betreiber:innen zahlt der KiWi genau gleich viel wie zuvor der Sindi Markt. 

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Der KiWi Secondhand-Laden an der Ecke Josef- und Ottostrasse. (Quelle: Elio Donauer)

Es gibt auch Liebe aus dem Quartier

Die Wut über das Ende des Kiosks führte bis nach Erlenbach. Dort, wo die Besitzerin lebt, hat es einen Farbanschlag gegeben, ausserdem kam es zu mündlichen Drohungen gekommen. Wie die Besitzerin gegenüber Tsüri.ch erklärt, erfolgte eine Strafanzeige. 

Der neue Laden lockt ein anderes Zielpublikum an. Doch eigentlich wollen die Macher:innen für alle da sein. «Bei uns gibt es Produkte ab einem Franken. Und eine Cashcow ist unser Laden ganz sicher nicht,», so Dagmar. Ganz gut angelaufen sei das Geschäft trotzdem. Und nicht das ganze Quartier wehre sich gegen den neuen Laden: Viele Kund:innen begrüssten sie freudig an der Josefstrasse.

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Produkte ab einem Franken. (Quelle: Elio Donauer)

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