Budget 2026: Stadt Zürich rechnet mit Minus von 352 Millionen Franken

Die Stadt Zürich budgetiert für 2026 ein Defizit von 352 Millionen Franken. In den letzten Jahren lagen Prognosen jedoch oft weit unter dem effektiven Ergebnis.

Daniel Leupi
Stadtrat Daniel Leupi präsentiert am Dienstag das Budget 2026, mit einem dicken Minus. (Bild: Yves De Prà)

Die Stadt Zürich rechnet für das kommende Jahr 2026 mit einem deutlichen Defizit. Laut dem vom Stadtrat vorgelegten Budget belaufen sich die geplanten Einnahmen auf 10,97 Milliarden Franken, während die Ausgaben bei 11,32 Milliarden liegen. Daraus ergibt sich ein Minus von 351,9 Millionen Franken.

Ein Blick zurück zeigt allerdings: In den vergangenen Jahren fiel das Ergebnis meist deutlich besser aus als befürchtet. Während der Stadtrat zwischen 2021 und 2024 jeweils ein Minus budgetierte, resultierten am Ende ausnahmslos Gewinne. Die Differenz zwischen Prognose und effektivem Abschluss betrug zwischen 200 und 700 Millionen Franken. In den letzten vier Jahren hat sich die Stadt insgesamt um 1,7 Milliarden Franken verschätzt.

Für 2026 sind Ausgaben von 2,2 Milliarden Franken vorgesehen, unter anderem für Schulräume, Wohnbauprojekte, den öffentlichen Verkehr und die Klimaziele der Stadt. Da die Bevölkerung wächst, steigt der Druck auf die Infrastruktur. Bereits heute können die Investitionen nur noch teilweise aus dem Cashflow von rund einer Milliarde Franken pro Jahr gedeckt werden, der Rest muss über Fremdfinanzierungen abgedeckt werden. Wie es in der Medienmitteilung heisst, werde damit die Verschuldung der Stadt zunehmen.

Trotz der positiven Überraschungen in der Vergangenheit geht der Stadtrat von anhaltend roten Zahlen aus. Für die Jahre 2027 bis 2029 rechnet er mit jährlichen Defiziten zwischen 350 und 380 Millionen Franken. Deshalb soll der Steuerfuss unverändert bei 119 Prozent bleiben. Finanzchef Daniel Leupi: «Für eine Steuersenkung bleibt kein Spielraum. Trotz der Herausforderungen beantragt der Stadtrat aber auch keine Steuerfusserhöhung.»

Reaktionen aus der Politik: Ein Budget, viele Perspektiven

Die SVP Stadt Zürich warnt in ihrer Medienmitteilung angesichts des präsentieren Budget vor einer Überschuldung der Stadt Zürich. Die Netto-Neuverschuldung von jährlich rund 2 Milliarden gefährde den Cashflow der Stadt und führe zu einer Verschuldung von über 15 Milliarden Franken. Die Partei begrüssst die vom Stadtrat beschlossene Investitionsobergrenze. Diese sei jedoch zu hoch angesetzt. Die «masslosen Investitionen» in subventioniertes Wohnen, Netto-Null, Tagesschulen hätten die städtischen Finanzen «kippen lassen». Deswegen sei es Zeit für einen «Kurswechsel».

In eine ähnliche Richtung geht es bei der FDP: Die Freisinnigen kritisieren eine ausufernde Ausgabenpolitik mit unnötigen Liegenschaftskäufen, wachsender Verwaltung und fehlender Priorisierung, obwohl die Steuereinnahmen sprudeln. Sie fordern eine sofortige Senkung des Steuerfusses, Investitionsfokus auf Kernaufgaben und eine strikte Ausgabendisziplin, um die finanzielle Zukunft der Stadt zu sichern.

Eine gänzlich andere Einschätzung der Finanzlage hat die SP Stadt Zürich: «Der Stadtrat budgetiert immer weiter an der Realität vorbei», schreibt die Partei in ihrer Medienmitteilung. Eine realistischere Budgetierung würde zeigen, dass sich die Stadt eine Entlastung des Mittelstands, wie die parteieigene Initiative für den 365-Franken ÖV, leisten könnte. Das Eigenkapital sei noch nie so hoch gewesen, wie jetzt mit 2.86 Milliarden Franken. Dass der Stadtrat angesichts der Finanzlage, die Investitionen in den Kauf von Wohnungen um 100 Millionen Franken kürzen will, bezeichnen die Sozialdemokrat:innen als «absolut unverständlich».

Die Grünen Stadt Zürich zeigen sich in ihrer Medienmitteilung pflichtbewusst. Die Partei anerkennt, dass ein Grund für die hohen Investitionen eine klima- und sozialverträgliche Stadtentwicklung ist. «Selbstverständlich» würden sie die steigende Verschuldung ernst nehmen und Investitionen kritisch prüfen. Doch die Investitionen, die heute getätigt würden, wirkten konkret und zahlten sich in Zukunft aus. «Jede Solaranlage liefert über Jahrzehnte sauberen Strom, jede gekaufte Liegenschaft bietet Menschen ein bezahlbares Zuhause und jeder gepflanzte Baum kühlt die Stadt und macht sie lebenswert.»

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simon

An der Universität Zürich hat Simon Politikwissenschaften und Publizistik studiert. Nach einem Praktikum bei Watson machte er sich selbstständig und hat zusammen mit einer Gruppe von motivierten Journalist:innen 2015 Tsüri.ch gegründet und vorangetrieben. Seit 2023 teilt er die Geschäftsleitung mit Elio und Nina. Sein Engagement für die Branche geht über die Stadtgrenze hinaus: Er ist Gründungsmitglied und Co-Präsident des Verbands Medien mit Zukunft und macht sich dort für die Zukunft dieser Branche stark. Zudem ist er Vize-Präsident des Gönnervereins für den Presserat und Jury-Mitglied des Zürcher Journalistenpreises. 2024 wurde er zum Lokaljournalist des Jahres gewählt.

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