Airbnb-Verbot in Zürich bleibt umstritten

Eine Initiative der Stadtzürcher SP fordert, Kurzzeit-Vermietungen von Wohnungen auf 90 Tage zu beschränken. Damit will sie gegen kommerzielle Anbieter wie Airbnb oder Business Apartments vorgehen. Über die Wirksamkeit der neuen Regelung scheiden sich die Geister.

Business Apartments im Kreis 4
Jeder Balkon sieht gleich aus, ein klassisches Zeichen für Business Apartments. (Bild: Tsüri.ch)

In Zürich gibt es so viele Airbnbs und Business Apartments wie noch nie. Seit 2017 ist die Zahl von kommerziell vermieteten Wohnungen auf Zeit um 80 Prozent gestiegen. Ende Februar 2025 lag sie gemäss aktuellen Auswertungen der Stadt auf einer Allzeit-Rekordhöhe von 4990 Objekten.

Für die SP ist diese Praxis mitverantwortlich für die steigenden Mieten in der Stadt. Im März lancierte sie zusammen mit den Grünen und der Alternativen Liste (AL) eine Initiative, welche die Vermietung von Wohnungen über Plattformen wie Airbnb auf 90 Tage im Jahr beschränken will. Ob die Initiative zu einer Entspannung der Situation auf dem Wohnungsmarkt beitragen könnte, ist allerdings umstritten.  

Verbot soll zu weniger Leerkündigungen führen

Die Wohnungsknappheit in Zürich spitzt sich zu. Im Juni 2024 standen in Zürich 169 Wohnungen leer. Damit liegt die Leerwohnungsziffer bei 0.07 Prozent. Gleichzeitig stiegen die Mieten. Der Mietpreisindex der Stadt zeigt: Seit 2022 stiegen die Mieten um bis zu neun Prozent.

Der SP-Kantonsrat Tobias Langenegger sieht das Problem auch bei den Kurzzeit-Vermietungen: «Weil man mit solchen Wohnungen eine maximale Rendite erzielen kann, werden ganze Blöcke leer gekündigt», sagte er an einem Podium zur Airbnb-Thematik von Tsüri.ch. «Solange Business Apartments ein attraktives Geschäftsmodell sind, wird es angewendet», sagt Langenegger. Die Initiative wird es ihm zufolge sehr schwierig machen, diese Praxis weiterzuverfolgen.

Podium zum Airbnb Verbot
Am Tsüri-Podium diskutierten Tobias Langenegger, Dasha Kuletskaya, Raphael Amrein und Sonja Rueff-Frenkel (v.l.n.r.) über das Airbnb-Verbot. (Bild: Elio Donauer)

Langenegger glaubt, dass durch die 90-Tage-Regelung auch Massenkündigungen verhindert werden könnten. Er nennt das Beispiel der Sugus-Häuser im Kreis 5, die im Dezember für Schlagzeilen sorgten. Dort kündigte die Eigentümerin 200 Mieter:innen, um in den drei Wohnhäusern Business Apartments einzurichten. 

Auch sonst in der Stadt seien kommerzielle Anbieter ein Problem, sagt Langenegger. Gemäss Zahlen der Stadt ist vor allem die Innenstadt betroffen: Im Kreis 4 sei der Anteil von Business Apartments mit 6,4 Prozent am höchsten. In insgesamt acht Quartieren seien seit 2019 jeweils über 100 solcher Wohnungen dazugekommen, so die Stadt.

90-Tage-Regelung gilt schon in anderen Kantonen

Nicht nur in Zürich hat die Anzahl von Airbnb und Co. zugenommen. Auch andere Städte kennen die Praxis – und haben in den letzten Jahren angefangen, dagegen vorzugehen. 

2018 führte der Kanton Genf eine Regulierung ein, die die kurzzeitige Vermietung von Wohnungen auf drei Monate im Jahr beschränkt. Seither folgten andere Städte und Kantone, wie das Tessin und Waadt. 

Die meisten orientieren sich an der 90-Tage-Regelung, wie sie nun auch in Zürich kommen soll. Zum Teil wurde die Vorschrift angepasst. In Bern gilt die Regelung beispielsweise nur in der Altstadt: Dort dürfen nur gewisse Stockwerke kurzzeitig untervermietet werden, dabei unterscheidet man zwischen unterschiedlichen Zonen. Die anderen Wohnungen sind Mieter:innen vorbehalten, die ihren Hauptwohnsitz in der Stadt haben.

Obwohl die Vorlage vor zwei Jahren vom Stimmvolk mit über 80 Prozent angenommen wurde, wird sie aktuell noch nicht umgesetzt, weil der Hauseigentümerverband sowie zwei Privatpersonen dagegen rekurrieren.

Anders sieht es in der Stadt Luzern aus: Seit Januar 2025 gilt dort die 90-Tage-Regel. Wohnungen, die länger vermietet werden, dürfen dort keinen missbräuchlichen Gewinn erzielen und nur zum aktuellen Mietpreis weitergegeben werden. Damit hat Luzern die bisher strengste Vorgabe, wie die NZZ schreibt.

Solche Regulierungen seien dringend nötig, sagt Dasha Kuletskaya, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Aachen. «Zahlreiche Studien zeigen, dass eine erhöhte Airbnb-Dichte in Städten zu steigenden Miet- und Immobilienpreisen führt», sagt sie. Für Kuletskaya geht die Initiative der SP nicht weit genug. Die Regulierungen in anderen Städten hätten nur geringen Erfolg gehabt. Die Genfer 90-Tage-Regelung, die nun auch in Zürich geplant ist, hätte dort keinen Einfluss auf die Anzahl der Airbnb Angebote gehabt. So eine Regulierung sei zwar ein wesentlicher Bestandteil der Wohnungspolitik, doch «die von der SP vorgeschlagenen Massnahmen greifen zu kurz.» So wären von den aktuell 3396 Inseraten in Zürich wären nur 506 ganze Wohnungen potenziell betroffen, was man auf einer Daten-Scraping Plattform nachsehen könne. 

Regel lässt sich nur schwer prüfen

Ob die Initiative das Problem zu lösen vermag, ist umstritten. In der Schweiz gibt es bislang keine Studien zu den Massnahmen im Umgang mit Airbnb. 

Auch das Prüfen der 90-Tage-Regelung zeigte sich in anderen Kantonen bereits als schwierig. In Genf verlässt sich die Regierung auf Tipps der Bevölkerung. In Luzern müssen die Anbieter:innen ihre Wohnungen bis Ende März bei der Stadt registrieren.

Zudem würden Beispiele aus anderen europäischen Städten wie Kopenhagen oder London zeigen, dass Vermieter:innen angefangen hätten, die Wohnungen über mehrere Plattformen zu vermieten, um die Regulierungen zu umgehen, schreibt die Zeitung der Bund. Dabei hätten sie einige Tricks auf Lager, wie etwa die Inserate mit verschiedenen Bildern zu versehen oder die Adresse nicht anzugeben. Die Übersicht zu behalten, sei für die jeweiligen Behörden fast unmöglich.

«Das Wohnungsproblem hättet ihr in dieser Zeit gut lösen können, stattdessen kommt ihr ein Jahr vor den Wahlen mit einer Initiative, die gut tönt.»

Sonja Rueff-Frenkel, Kantonsrätin FDP

Ausserdem könnte die neue Vorschrift dazu führen, dass sich Anbieter:innen zunehmend im Graubereich bewegen: «Die Vermietungen würden wohl einfach in einem halb legalen Rahmen erfolgen», vermutet der Direktor von Zürich Tourismus gegenüber der NZZ. Wie die Regelung in Zürich geprüft werden sollte, ist bislang noch nicht klar.

«Die Initiative macht falsche Versprechen»

Sonja Rueff-Frenkel von der FDP hält nicht viel von der Initiative. Sie würde an falscher Stelle ansetzen, sagt die Kantonsrätin. «Wir haben generell zu wenig Wohnungen». Deshalb müsse man Anreize schaffen, damit mehr, günstiger und bedarfsorientierter gebaut werde. Wie solche Anreize aussehen könnten, lässt sie offen.

Die Vorlage der SP macht laut Rueff-Frenkel «falsche Versprechen» und verdrängt dabei Tourist:innen und Expats, die Leben in die Stadt brächten. Hinter der Initiative vermutet sie indessen andere Motive: «Die Linken haben seit 20 Jahren die absolute Mehrheit in der Stadt. Das Wohnungsproblem hättet ihr in dieser Zeit gut lösen können, stattdessen kommt ihr ein Jahr vor den Wahlen mit einer Initiative, die gut tönt.»

Raphael Amrein und Sonja Rueff-Frenkel
Raphael Amrein und Sonja Rueff-Frenkel sind von der Initiative nicht überzeugt. (Bild: Elio Donauer)

Auch Raphael Amrein, der mit seiner Firma «WOW Living» im Untermiete-Geschäft tätig ist, sieht die Initiative kritisch. Seine Firma vermietet unter anderem in Basel, Luzern und Zürich möblierte Wohnungen unter, die kurzfristig wieder gekündigt werden können. Da sich die Mieter:innen aber bei der Stadt anmelden müssten, ist er nicht von der Regulierung betroffen. Wie seine, agieren auch weitere Firmen, die Wohnungen kurzzeitig vermieten.

«Nach der Logik der FDP müssten die Mieten sinken.»

Tobias Langenegger, Kantonsrat SP

Dennoch würden in der Debatte über die Vorlage alle Anbieter:innen gleichgesetzt werden. «Wenn wir von Business Apartments sprechen, werden viele Modelle in einen Topf geworfen», sagt Amrein. «Das ist irreführend und ein Problem.» 

Tobias Langenegger
Tobias Langenegger: «Die Initiative wird es sehr schwierig machen, dieses Geschäftsmodell weiterzuverfolgen.» (Bild: Elio Donauer)

Trotz dieser Kritik sieht Langenegger die Initiative weiterhin für berechtigt. «Das Airbnb Verbot ist nicht das Allheilmittel», aber es sei ein Puzzleteil zur Lösung des Problems. Zwischen 2010 und 2020 sei in Zürich so viel gebaut worden wie selten und auch der Referenzzinssatz ist konsequent gesunken. «Nach der Logik der FDP müssten die Mieten also sinken.»

Bestehende Vorlage vor Gericht blockiert

Eigentlich gibt es in Zürich bereits eine juristische Vorlage, um Kurzzeit-Vermietungen zu regulieren. Vor vier Jahren verabschiedete der Zürcher Gemeinderat eine Verordnung, die Business Apartments in Wohnzonen einschränken sollte. Diese wird jedoch seither von vier betroffenen Firmen vor dem Bundesgericht blockiert, mit dem Argument, dass die neue Regulierung gegen die Eigentumsgarantie und Wirtschaftsfreiheit verstosse.

Das Airbnb-Verbot soll Abhilfe schaffen. Bis im September haben die Initiant:innen Zeit, um genügend Unterschriften zu sammeln. 

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Sofie David

Sofies Begeisterung für die Medienbranche zeigt sich in ihren diversen Projekten: Sie leitete den Zeitungs-Kurs im Ferienlager, für die Jungen Jorunalist:innen Schweiz organisiert sie seit mehreren Jahren das Medienfestival «Journalismus Jetzt» mit. Teilzeit studiert sie an der ZHAW Kommunikation. Zu Tsüri.ch kam sie zunächst 2022 als Civic Media Praktikantin. 2024 kehrte sie dann als Projektleiterin und Briefing-Autorin zurück und momentan macht sie als erste Person ihr zweites Tsüri-Praktikum.

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