Stories for Future #159: Luki darüber, sich um den Scheiss zu kümmern

Wer hat denn noch Lust auf Nachhaltigkeit? Egal ob Grosi oder Firmenchefin – stories for future lässt Menschen erzählen. Über Zufriedenheit, Engagement und das, was sie hier und heute tun.

3

Letztens fragte mich ein alter Kollege aus dem Gymi: Fühlst du dich wie Noah, der vor dem Klimawandel gewarnt hat, und dann ist er auch eingetroffen? Nein. Ganz ehrlich, mich kackt’s ja auch an, dass wir jetzt einen schneelosen Winter hatten. Ich bin vierunddreissig und bekomme graue Haare, aber wer hat denn Kapazität, sich um den Scheiss zu kümmern, wenn nicht Menschen wie ich?

Unmotorisierter Verkehr und Ernährungssouveränität sind mein Ding. Weg vom Weit-Pendeln, hin zu lebenswerten Quartieren. Es ist das Geilste, wenn du alles zu Fuss oder mit dem Velo erreichen kannst. Ins City-Hallenbad in die Sauna, in den Schrebergarten in Höngg, ins Flussbad an die Limmat, das Essen aus der Region, 15-Minuten-Stadt. Ich bin weiss, männlich, Akademiker, privilegiert. Ist mein Lebensstil auch für alle anderen Menschen möglich? Das beschäftigt mich.

Ich bin Generalisten-Aktivist. Auf dem Baumhaus stoppe ich die Abriss-Bagger, ich wehre ich mich gegen das System. Als Unternehmer im Restaurant Elmira machen wir abgefahrenes, nachhaltiges Fine Dining, weil vegan scheisst an, wenns nicht richtig sick ist. An der Critical Mass und mit den Velomenschen feiern wir die Rückeroberung des öffentlichen Raumes. Im Vorstand von Umverkehr geben wir beim Verkehrslobbyismus Gas. Und als urbaner Aussteiger hänge ich einfach mit meinen Freund:innen im Schrebergarten und schaue biertrinkend dem Stau auf der Hardbrücke zu.

Die Frage ist nicht, welcher Aktivismus richtig ist oder besser. Ich kann in verschiedene Rollen schlüpfen und einen Dialog zwischen den Welten führen. Manchmal nehme ich auch meine bürgerlichen Friends aus der Schusslinie. Wenn ihr schon viel verdient, könnt ihr ja mit eurem Kapital gute Organisationen unterstützen. Man kann eh nur 20% des eigenen Fussabdrucks selbst beeinflussen, 80% ist System. Wusstest du, dass der günstigste Quadratmeter in Zürich auf einem Blaue-Zone-Parkplatz liegt? Echt jetzt, der günstigste Lagerraum ist ein Auto mit Anhänger.

Im Herbst kandidiere ich für den Nationalrat, auf der Liste der grünen Unternehmer*innen. Mein Listenplatz weckt keine Bern-Ambitionen, aber ich dachte, wenn ich eh schon die ganze Zeit Velodemos organisiere und seit langem nachhaltig-unternehmerisch aktiv bin, befinde ich mich ja eh im ständigen Wahlkampf. An den Demos habe ich mit Freunden ein Musikvelo mit DJ namens Konsumkamine. Wir nehmen uns die Strasse, aber nicht mit Flaschenwerfen, sondern mit Freude, Licht und geiler Musik. Wenn du feierst, kannst du dir subversiv Raum nehmen. Gegen feiernde Menschen hat niemand was. Für ein Fest Strassen zu blockieren ist kein Thema.

Abgefahrenes Essen gibt’s im Elmira, bei Umverkehr Gas geben kann man hier. Und hier könnt ihr Luki und seiner Konsumkamine folgen.



Stories for Future

Klimakrise, Artensterben, globale Ungerechtigkeit - mit den alten Modellen haben wir uns in eine Sackgasse manövriert. Ist es jetzt vorbei mit dem schönen Leben? Oder bekommen wir gerade jetzt die Freiheit, neu zu verhandeln, wie wir eigentlich leben wollen? Das Projekt stories for future lässt Menschen erzählen, wie sie ein gutes Leben, eine gute Gemeinschaft oder eine gute Unternehmung gestalten. Zusammen wehren wir uns gegen Lustlosigkeit und die Vorstellung, dass es nur noch bergab gehen kann.

Kennst du einen Menschen oder ein Projekt, dem du Aufmerksamkeit schenken möchtest? Schreib uns: [email protected]

Das könnte dich auch interessieren

Autos im Parkverbot
Verkehrswende-Kolumne

Parkkontrollen? Nur zu Bürozeiten

Aufgrund des Parkplatzabbaus in Zürich werden Autos vermehrt auf Trottoirs oder Velowegen abgestellt. Mit Konsequenzen müssen die wenigsten Falschparkierer:innen rechnen.

Von Thomas Hug
Provisorische Dusche
Architektur-Kolumne

Wenn das eigene Zuhause zur Baustelle wird

Um Mieter:innen vor einer Kündigung zu bewahren, versucht man vermehrt im bewohnten Zustand zu sanieren. Doch wo Chancen sind, lauern auch Gefahren, warnen unsere Architektur-Kolumnist:innen.

Von ZAS*
Kastanienbäume Neumühlequai
Baustelle am Neumühlequai

Stadt will 63 Kastanienbäume fällen – Klimavereine starten Petition

Am Neumühlequai sollen 63 Kastanienbäume verschwinden, weil sie während einer Baustelle die Rettungseinsätze behindern. Nun wollen Klimaschützer:innen die Bäume retten.

Von Isabel Brun
noaa-m10xFgSsvts-unsplash
Kein Sommer in Sicht

Darum hört es in Zürich nicht auf zu regnen

In Zürich und in der ganzen Schweiz regnet es seit Wochen. Solche Wetterextreme wird es in Zukunft häufiger geben, warnt ein Meteorologe und erklärt, wie Hitze, Starkregen und Klimaerwärmung zusammenhängen.

Von Noëmi Laux

Kommentare