7 Perspektiven zu Mobilität – das war die Pitch-Night

Sieben Menschen, sieben verschiedene Blickwinkel zum Thema Mobilität und je sieben Minuten für die Redner*innen, um ihre Perspektive zu teilen. Kein Scheinwerferlicht und kein applaudierendes Publikum in solch unmobilen Zeiten, dafür der erste Tsüri-Live-Stream und rund 100 Zuschauer*innen! Eine Zusammenfassung der Pitch-Night vom 25. Mai.

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Fotos: Annika Müller

1. Sharing is caring?

Daniel Rohrer – Produktmanager bei Mobility

«Wir teilen Autos», so startet Daniel Rohrer seinen Pitch. Im Hintergrund ist ein Foto vom Gründer*innen-Team der Genossenschaft Mobility aus dem Jahr 1987 zu sehen. Ein wilder Haufen, der an die Kelly Family erinnert. «Schon damals war der Grundgedanke der selbe», sagt Rohrer, «ein Auto besitzen muss man nicht, ein Auto soll geteilt werden.» Früher öffnete man die Mobility-Autos noch mit einem versteckten Passepartout, bald wird das übers Handy möglich sein. Alles startete mit einem Auto, heute seien über 3’000 Fahrzeuge im Einsatz.

Zürich sei ein wichtiger Standort für die Genossenschaft, zumal 26 Prozent der Flotte im Kanton steht. «Ein Mobility-Auto ersetzt elf private Autos», sagt Rohrer. Gerechnet für den Kanton Zürich werden so 14’000 Parkplätze und jährlich 8’000 Tonnen CO2 eingespart. Für Rohrer ist die Zukunft der Mobilität vernetzt: Der Sharing-Gedanke soll bis auf den letzten Meter verbunden werden, das heisst Autos, ÖV und Zweiräder sollen zukünftig stärker kombiniert genutzt und geteilt werden. Zudem will Mobility ihre eigene Flotte komplett CO2 neutral machen. Bis dahin sei es aber noch etwas Arbeit; sowohl die Infrastruktur als auch die Akzeptanz von Elektrofahrzeugen bei den Kund*innen müsse noch aufgebaut werden.

Hier geht's zum Pitch von Daniel Rohrer.

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Daniel Rohrer

2. Busfahrerin mit Herzblut

Elvira Kläy – Busfahrerin / Geschäfts- und Prüfungskommission VPOD Zürich

«Ich bin diejenige, die die Leute nach Hause fährt, nachdem sie Spass hatten.» Elvira Kläy fährt seit 20 Jahren Bus für die Verkehrsbetriebe Zürich (VBZ). Der CO2 Problematik ist sie sich bewusst, aber dennoch liebt Kläy das Fahren zu fest: «Keine eigenen Fahrzeuge in Zukunft ist für mich persönlich keine Option», so Kläy. Durch ihre Arbeit sei sie auch eine leidenschaftliche ÖV-Fahrerin geworden. Einen gratis ÖV? Nein, gratis zu arbeiten sei für Kläy keine Option.

«Wenn man um Zürich einen Bogen machen kann, dann mach ihn», so dachte Kläy früher, als sie noch Lastwagenfahrerin war. Niemand im Team mochte Zürich, es gab gar einen Zuschlag, wenn man sich um Lieferungen nach Zürich kümmerte. «Wie viel bekomme ich, wenn ich nicht gehe?», scherzte Kläy damals, heute sieht es anders aus: «Wer die Stadt aus der Perspektive einer Busfahrerin sieht, der*die muss Zürich lieben.»

Es soll ihr verzeiht sein, aber eine Freundin des Velos sei sie nicht. Ihr Appell an die Velofahrer*innen der Stadt: «Bitte liebe Velofahrer*innen hält euch an Regeln und lasst uns Busfahrer*innen unsere Arbeit machen. Wir bringen auch euch nach Hause, wenn’s mal regnet oder schneit.»

Hier geht's zum Pitch von Elvira Kläy.

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Elvira Kläy

Die Antwort auf die Frage, was sie Elvira Kläy von Fahrgästen wünscht, ist simpel: «Wir wollen nicht immer nur negatives hören, sagt auch mal danke.» Und postwendend kommt aus dem Publikum ein Danke aus dem Livechat: «Keine Frage, sondern grossen Dank an Elvira für das Chauffieren.»

3. Lastenvelo: Das Stadtauto der Zukunft

Mirjam Stawicki – Mobilitätsakademie TCS

Eine Fotografie eines Lastenvelos ist zu sehen. Mirjam Stawicki fragt das virtuelle Publikum, was zu sehen sei. Stawickis Antwort: «Ihr habt recht, es ist ein Auto. Ein modernes, alternatives Stadtauto.»

Kurz erklärt sie dem Publikum, mit welchen vier Themenfeldern sie in der Mobilitätsakademie vom TCS arbeitet: Automatisierung, Dekarbonisierung (Entwicklung neuer Antriebsformen), Demotorisierung und Deprivatisierung. Verschiedene Trends seien im Bereich der Demotorisierung zu beobachten. Der Veloverkehr werde wichtiger, aber auch ein Gegentrend lässt sich beobachten. «Die SUV-Dichte lässt grüssen», kommentiert Stawicki.

Nutzen statt teilen – ähnlich wie Mobility beobachtet auch die Mobilitätsakademie diesen Trend. Darum entwickelten sie ihr eigenes Sharing Angebot, das Carvelo2go. Ziel von Lastenvelos sei es, Autofahrten zu ersetzen. Sie seien ideal zum Teilen, hätten eine hohe Transportkapazität, einen Elektromotor und seien sicherer, als herkömmliche Anhänger. Zudem mache es Spass, so Stawicki über das «Stadtauto der Zukunft».

Hier geht's zum Pitch von Mirjam Stawicki

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Mirjam Stawicki

4. Umverteilung vom öffentlichen Raum

Richard Wolff – Stadtrat / Mitgründer «International Networks for Urban Research and Action» (INURA)

Die SUVs verfolgen die Pitcher*innen, aber das sei nicht der Schwerpunkt von Richard Wolff, sondern der öffentliche Raum steht im Zentrum. Vier Dimensionen prägen seine Verkehrspolitik. Der Verkehr müsse klimaverträglich sein, die Menge des Verkehrs sollte reduziert werden, Tempo und Lärm sollten auch weniger werden und die Stadt will den Raum, den die Stadt bietet, effizient nutzen.

Grund zu Optimismus gibt es: «Der Veloverkehr nahm in den letzten Jahren überproportional zu und der Autoverkehr in der Stadt nimmt ab», sagt Wolff und jongliert mit einigen Prozentzahlen. Statt Verkehr sollte Zürich von einladenden Plätzen geprägt sein. Der Bullingerplatz nimmt der Stadtrat als Beispiel: Früher ein befahrener Platz, heute mit Tempo 30, einem Brunnen, Bäume und einem Café. «Wir wollen attraktive Fusswege in Zürich, das ist nicht nur ein Ziel, sondern dahin entwickelt sich die Stadt», so Wolff.

Von Fussgänger*innen springt er sofort zur Thematik Veloverkehr. Ein Bild mit vielen roten Linien über die ganze Stadt blitzt auf seinem Bildschirm auf. Die Veloschnellrouten-Initiative. Die Stadt unterstützte diese sehr, denn Velofahren soll attraktiv, sicher und schnell für alle sein. «Es braucht Strassen, auf welchen das Velo der wichtigste Verkehrsteilnehmer ist. Das darf durchaus auch auf Kosten vom motorisierten Verkehr gehen», sagt der Vorsteher des Tiefbaudepartements.

Hier geht's zum Pitch von Richard Wolff.

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Richard Wolff

Eine Frage aus dem Livechat: «Warum hat die Stadt während Corona-Zeiten nichts für Velowege gemacht?» Die Stadt wolle längerfristige Lösungen und nicht kurzfristige Änderungen, so der Stadtrat und schliesst seinen Pitch mit: «SUVs braucht man in der Stadt nicht.»

5. Dem Lärm ist der Kampf angesagt!

Sophie Ribaut – Vorstand Lärmliga Schweiz

«In der Stadt ist es zu laut! Wir leben unter einer Lärmglocke und Verkehrslärm ist überall», so spricht Sophie Ribaut gleich das Anliegen der Lärmliga an. Lärm gefährdet die Gesundheit, über eine Millionen Menschen seien von übermässigem Lärm betroffen. Der Mensch fahre zu oft, zu laut, zu schwer und zu schnell durch die Strassen.

Lärmschutz sei auch Klimaschutz, so Ribaut und stellt die neue Vision von Mobilität vor. Weniger motorisierter Individualverkehr, leise Fahrzeuge und Pneus, mehr Tempo 30, Flüsterbeläge und mehr Langsamverkehr – so die Ziele der Lärmliga. «Ist ein SUV in der Stadt sinnvoll und wieso ist das erlaubt?» Ribaut knüpft am beliebten SUV-Thema an und stellt klar, laut Lärmliga sollten diese Geländewagen in der Stadt verboten werden.

Ebenfalls werden die Corona-Velowege Thema: Anders wie Stadtrat Richard Wolff findet die Lärmliga diese super und bedauert, dass Zürich nichts getan hat. Denn Fahrräder und Fussgänger*innen brauchen nunmal mehr Platz.

Hier geht's zum Pitch von Sophie Ribaut.

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Sophie Ribaut

6. Wie kann man das Mobilitätsverhalten ändern?

Alice Hollenstein – Urban Psychology

Was eine Stadtpsychologin macht, diese Frage wird Alice Hollenstein oft gestellt, darum startet sie ihren Pitch auch gleich mit einer Lehrbuchdefiniton: «Das menschliche Verhalten in der gebauten Umwelt will man beschreiben, erklären, vorhersagen und allenfalls verändern.»

Weiter fährt Hollenstein mit Zahlen zur Mobilität. Der Trend sei eindeutig, Mobilität wird zunehmen und so auch die negative Folgen. Schweizer*innen reisten mehr als dreimal so viel, wie der*die durschnittliche Weltbürger*in. Das Einkommen sei der wichtigste Faktor, warum sich ein Mensch viel bewegt. Je reicher, desto mehr Mobilität also. Wie kann man Verhalten nun verändern? Hollenstein präsentiert ein Modell: Easy, Attractive, Social, Timely.

Die Psychologin packt in ihre sieben Minuten viele Dinge und stellt am Schluss auch noch ihre Vorstellung von einer Zukunftsfähigen Mobilität vor: Visionen und Ziele seien wichtig als Anhaltspunkte, zudem müsse Mobilität weniger notwendig gemacht werden – ein gutes Beispiel sei das Homeoffice, in welchem sich gerade viele befinden. «Zürich soll mutiger und schneller werden», so die Psychologin und spricht den Langsamverkehr an, der in Zukunft oberste Priorität haben sollte. Wichtig sei auch, dass ein Fahrzeug geteilt werde und nicht von einer Person alleine besitzt wird. Zudem sollten neue und intelligente Mobilitätssysteme her. Der Psychologin ist bewusst, dass autonome Fahrzeuge die Mobilität erhöhen werden. Aber auch positive Faktoren sieht sie: «Die Leute wohnen wieder eher ausserhalb von Städten und so kann Wohnraum in der Stadt günstiger werden.»

Hier geht's zum Pitch von Alice Hollenstein.

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Alice Hollenstein

7. Google Maps ausgetrickst

Simon Weckert – Aktionskünstler

«Ich bezeichne mich selber als New-Media-Artist und arbeite mit Technologien und Algorithmen», so der Berliner Simon Weckert. «At first we shape our tools, and then they shape us», dies sei ein wichtiges Zitat für Weckert. Denn die Frage, wie Technologie das alltägliche Leben prägt und verändert, verfolgt ihn in seinen Arbeiten.

Der Berliner Aktionskünstler täuschte mit 99 Handys in einem Handwagen einen virtuellen Stau auf Google Maps vor. Viele Fahrzeuge nutzen Google Maps, darum wurde der reale Verkehr tatsächlich umgeleitet und so entstand auch ein echter Stau. Die Reaktion von Google? Sie seien froh, dass sie auf diesen «Fehler» aufmerksam gemacht worden seien.

«Dass solche Tools, die wir täglich nutzen, einen so krassen Impact auf den urbanen Raum und unser Leben haben, löste viele Gedanken aus», erzählt Weckert. Durch die Nutzung solcher Tools gehen für den Aktionskünstler auch Dinge verloren. Mit Google Maps wird man nicht zufällig durch ein Quartier spazieren, es leitet einen auf dem schnellsten Weg von A nach B. Zudem hätten Anbieter*innen von solchen Tools eine enorme Macht. Eine Macht, die vielen Nutzer*innen nicht ganz bewusst sei.

Der öffentliche Raum sei wichtig für viele politische Anliegen. Wenn sich Menschen zu einer Demonstration versammeln, so könne es dem Verkehr einen Stau anzeigen und ihn umleiten. Dabei geht es ja gerade bei solchen Aktionen darum, an die Öffentlichkeit zu gelangen.

Hier geht's zum Pitch von Simon Weckert.

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Simon Weckert

Hier das ganze Video zur Pitch-Night:

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