Geschäft mit Inseraten

Wohnkrise in Zürich: So schlagen Homegate, Flatfox und Co. Profit

Zahlreiche Plattformen machen Geld aus der Wohnungsknappheit in Zürich. Dabei kassieren sie nicht nur von den Suchenden, auch das Inserieren kann teuer werden. Eine zunehmende Monopolisierung gewährt Homegate oder Flatfox freie Hand.

Screenshot Wohnplattformen
Schon vor der ersten Miete können Suchende viel Geld ausgeben. Die Preise für die Online-Plattformen ziehen immer weiter an. (Bild: Screenshot)

Wer in Zürich eine Wohnung finden möchte, muss tief ins Portemonnaie greifen, und das nicht erst bei der Miete: Schon die Suche kann einem teuer zu stehen kommen. Immer mehr Plattformen bieten Abos und Premium-Versionen an. Diese sollen die Chancen steigern, eine Wohnung zu finden, doch vor allem schlagen sie Kapital aus der Wohnungsknappheit.

So kostet ein Premium-Abo bei «Erstbezug.ch» stolze 49 Franken im Monat – oder 200 Franken für ein ganzes Jahr. Dafür verspricht die Website etwa eine frühzeitige Kontaktaufnahme und «exklusiv recherchierte Inserate». Die Plattform Zueriwohnung verlangt fünf Franken pro Monat, Flatfox 30 Franken und auf Homegate gibt es ein Dreimonatsabo für 120 Franken.

Walter Angst vom Mieter:innenverband Zürich bezeichnet diese Praxis als «Katastrophe». Eingeführt worden sei diese von Flatfox, andere hätten nachgezogen. «Ein ganz übler Verein», findet er und erinnert daran, dass der Anbieter auch schon Besichtigungstermine an Meistbietende vergeben hat. Zudem habe die Plattform in der Vergangenheit Klauseln in Verträge eingebaut, damit Mieter:innen den Anfangsmietzins nicht anfechten dürfen.

Sogar für die Suche nach Genossenschaftswohnungen lässt sich Geld ausgeben: Plattformen wie «genossenschaffen.ch» und «gnossizh.ch» verlangen 5 Franken beziehungsweise 4.50 Franken im Monat und stellen dafür alle Inserate der Zürcher Genossenschaften zusammen.

Inserieren für 300 Franken in der Woche

Doch nicht nur für Suchende wird es auf dem Wohnungsmarkt schnell teuer: Auch, wer eine Liegenschaft inseriert, muss zahlen, um dem Inserat zur nötigen Sichtbarkeit zu verhelfen. Damit setzen die Plattformen auf ein ganz ähnliches Modell wie Tinder oder andere Datingapps: Wer zahlt, wird mehr gesehen. 

Nach zwei Gratisinseraten kostet auf Flatfox jedes weitere 100 Franken. Bei Immoscout24 kostet das Inserieren gemäss Website zwischen 50 und 340 Franken – in der Woche. Für die Preise, für die man heute eine Wohnung inserieren kann, konnte man vor nicht allzu langer Zeit noch eine Wohnung mieten: Im Jahr 2006 kostete eine durchschnittliche 3-Zimmer-Wohnung in der Stadt Zürich noch 1236 Franken im Monat.

Das knappe Wohnungsangebot in Zürich hat offenbar dazu geführt, dass Online-Plattformen das grosse Geld wittern. Gemäss Zahlen der Stadt stand am Stichtag im Juni 2025 nur eine von tausend Wohnungen frei. Der Druck auf die Suchenden ist enorm: Inserate sind im Schnitt nur 18 Tage online, wie Zahlen des Schweizerischen Verband der Immobilienwirtschaft Zürich (SVIT) zeigen.

Es gibt aber noch ein weiterer Faktor, der das System befeuert. Denn Homegate, Flatfox, Immoscout24 gehören alle demselben Unternehmen: der Swiss Marketplace Group (SMG). Neben den Immobilienplattformen gehören ihr auch Ricardo, Tutti, Anibis und Autoscout24 – die Liste ist lang.

Die SMG ist im Jahr 2021 aus einer Kooperation zwischen der TX Group und Scout24 Schweiz entstanden. Während die Verlagshäuser TX Group – vormals Tamedia AG – und Ringier im Journalismus konkurrieren, spannen sie bei Verkaufsplattformen zusammen. So hält die TX Group 31,5 Prozent an dem Unternehmen, die Mobiliar Versicherung und Ringier je 29,5 Prozent. Die restlichen zehn Prozent liegen beim US-amerikanischen «Wachstumsinvestor» General Atlantic. Die Zeitungen von Ringier und TX Group wie etwa der Blick oder der Tages-Anzeiger berichten zwar über die Wohnkrise, doch ihre Verlage schlagen Profit daraus. 

Grösster europäische Börsengang des Jahres

Die NZZ machte bereits Anfang 2024 auf die Monopolisierung durch die SMG aufmerksam, sprach von einem Wettbewerbsproblem und titelte: «Schröpfen die Portale ihre Kunden?» Gemäss dem Artikel wünscht sich der SMG-Chef Christoph Tonini ein Umsatzwachstum von 15 Prozent – jährlich. Um das zu erreichen, hat er die Preise auf den Plattformen weiter angezogen. 

Mit ihrer Monopol-ähnlichen Stellung dürfte die SMG auch das Interesse der Wettbewerbskommission (Weko) wecken. Doch dafür ist das Unternehmen noch zu klein. Für das Jahr 2024 betrug ihr Umsatz 291 Millionen Franken, eine Meldepflicht bei der Weko besteht ab 500 Millionen Franken. Doch steigt der Umsatz weiter wie bisher, würde die SMG diese Marke schon in wenigen Jahren knacken. Als das Unternehmen im September an die Börse ging, handelte es sich um den grössten europäischen Börsengang dieses Jahres. Seither ist die Aktie jedoch um mehr als ein Drittel eingebrochen. 

Börsenkurs SMG
Seit September ist die Swiss Marketplace Group an der Börse. Nach einem guten Start ist die Aktie um ein Drittel eingebrochen. (Bild: Screenshot Google)

Was für die SMG ein grosser Erfolg bedeutet, kann Wohnungssuchende in die Verzweiflung treiben. Doch nicht alle Plattformen haben der Profitmaximierung hingegeben. Der tägliche Newsletter von Immomailing beispielsweise kostet einmalig 49 Franken. Und auf «newhome.ch» können Vermieter:innen für 20 Franken im Monat und eine kleine tägliche Pauschale inserieren. Für private Mietende, die eine:n Nachmieter:in suchen, ist das Inserieren sieben Tage kostenlos.

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Kommentare

Sandro Bernet
25. November 2025 um 07:07

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