Spektakel statt Klimakleber: Trauermarsch durch Zürich gegen fossile Mobilität

Am Samstag zogen rund 250 Klimaaktivist:innen von «act now!» in einem Trauermarsch vom Rathausplatz zum Landesmuseum, um so den Verbrennungsmotor zu beerdigen. Die politische Kundgebung fand im Hinblick auf die Abstimmung zum Ausbau der Autobahn statt.

Rund 250 Menschen machten mit einem Trauermarsch auf die Abstimmung am 24. November aufmerksam.
Trauermarsch statt Strassenblockade: Die Kundgebung von act now! am Samstag in der Innenstadt. (Bild: Nina Schneider)

Um 14.00 Uhr zogen diesen Samstag rund 250 schwarz gekleidete Aktivist:innen vom Rathausplatz durch die Innenstadt. Hüte, Schleier und schwarze Blumen schmückten ihre Köpfe und auf ihren Schultern trugen sie eine Sänfte mit Sarg. Darin befanden sich aber nicht etwa menschliche Überreste, sondern ein Verbrennungsmotor.

Der ungewöhnliche Umzug war eine Aktion der klimaaktivistischen Gruppierung «act now!». Mediensprecher David Appel klärt auf: «Wir möchten darauf aufmerksam machen, dass die Zeit vom Verbrennungsmotor abgelaufen ist.» Auch wenn – oder gerade weil – dieser weiterhin die Strassen dominiert, wollten die Teilnehmer:innen mit Rätschen, Taschentüchern und Blütenblättern symbolisch das Ende des fossilen Antriebs zelebrieren.

«act now!» fällt regelmässig mit Klimaaktionen auf. Die Kundgebung am Samstag fand im Zusammenhang mit der Abstimmung zum Autobahnausbau am 24. November statt. Passant:innen erhielten Flyer mit der Botschaft: «Nein zum Autobahnausbau».

Irritierte Gesichter und Schmunzeln bei der Polizei

In Begleitung des JugendJazzOrchesters führte der Trauerzug vom Rathausplatz zum Platzspitz. Zuvorderst lief der Zeremonienmeister. Er streckte eine Felge mit der Gravur R.I.P. in die Luft und trug einen Mercedes-Stern als Halsschmuck.

Das skurrile Bild der Trauergemeinschaft, begleitet von Polizei und Leuchtwesten, zog die Aufmerksamkeit der Passant:innen auf sich. Manche waren sie sich uneinig, ob die Trauergemeinschaft nun für oder gegen die Autobahn ist. «Sie trauern ja um den Verbrennungsmotor, also wollen sie nicht, dass er stirbt?» konnte man aus der Menge hören.

Der Umzug hinterliess einige irritierte Gesichter, visuell war es aber ein Spektakel: «Ich habe lange in der Autoindustrie gearbeitet und bereits für den Ausbau abgestimmt, aber diesen Umzug finde ich eine gelungene Sache», sagt ein Fotograf, der zufällig Zeuge der Trauerdemonstration wurde.

2024.11.16 Beerdigung Verbrennungsmotor
Die Trauergäste wurden aufgefordert, dem Umzug in andächtigem Schritt still zu folgen. (Bild: Nina Schneider)

Selbst die Polizei konnte sich das Schmunzeln nicht verkneifen. Der Zeremonienmeister rief theatralisch traurig «Adieu!» und die Aktivist:innen schwenkten daraufhin ihre weissen Taschentücher über ihren Köpfen.

Humor statt Klimakleber

Die Organisation habe mal etwas anderes ausprobieren wollen, um auf ihr Anliegen aufmerksam zu machen. «Das Ziel ist es, Leute mit einem gewissen Humor anzusprechen. So kam es zur Idee, eine Beerdigung zu veranstalten.», sagt der Mediensprecher.

Bei den Planungsarbeiten für den Tag hätten sie vor allem darauf geachtet, dass sie die Leute nicht verärgern. In der Vergangenheit machte «act now!» mehrmals mit Strassenblockaden und Klimakleber:innen auf sich aufmerksam. Die Rückmeldungen auf solche Aktionen seien immer gewesen, dass sie die Leute nicht wütend machen sollen, erzählt Appel.

Als die Trauergemeinschaft beim Platzspitz angekommen war, hielt Aktivist Dominique Müller als Zeremonienmeister eine abschliessende Grabrede, worauf anschliessend das Testament an das Nationalmuseum übergeben wurde. Der Sarg mit dem Verbrennungsmotor bleibt noch eine Woche auf dem Platzspitz.

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