Pride trotzt Backlash: So geht der Verein mit der Budgetkürzung um
Am 21. Juni findet die Zürcher Pride statt. Doch im Vergleich zu früheren Jahren gibt es einige Schwierigkeiten in der Finanzierung. Das hat nicht zuletzt mit Donald Trump zu tun.
US-Präsident Donald Trump hat die Zürcher Pride Sponsorengelder gekostet. Denn Trump hat in den USA nicht nur die eigenen Diversitäts-Programme gestrichen, sondern verlangt auch von Unternehmen, die US-Aufträge erhalten wollen, dass sie ihre Diversitäts-Zielsetzungen aufgeben. Ein entsprechendes Dokument hat Trump schon am ersten Tag seiner Amtszeit unterzeichnet, ein weiteres Dokument am Tag danach.
Bedingungen haben sich «spürbar verändert»
Zahlreiche internationale Unternehmen sind eingeknickt und haben ihre Diversity-Programme eingestellt, darunter die UBS und Roche.
Auf Anfrage schreibt Canan Uguroglu aus dem Co-Präsidium der Zurich Pride, dass sich die Rahmenbedingungen für öffentliches Engagement «spürbar verändert» haben. «Insbesondere das veränderte Klima in den USA beeinflusst das Verhalten international tätiger Unternehmen», so Uguroglu.
Zudem habe wirtschaftlicher Druck dazu geführt, dass Engagements reduziert oder pausiert wurden. So zahlt der Hauptsponsor – das Pharmaunternehmen Gilead – gemäss Angaben der NZZ weniger als noch im Vorjahr, die Swisscom ist komplett ausgestiegen. Uguroglu betont jedoch, dass die Unterstützung vieler Partner:innen stabil bleibe. Unter anderem die Swiss, die ZKB, Google, Visa und Coca-Cola sind dieses Jahr Sponsor.
Zu einzelnen Partnerschaften und der Höhe der jeweiligen Unterstützung macht die Pride keine Angaben. Mit der ehemaligen Hauptsponsorin UBS verbinde die Pride eine langjährige Partnerschaft, der Austausch sei «regelmässig und konstruktiv».
Auf Anfrage antwortet die abgesprungene Swisscom – in den letzten beiden Jahren noch Co-Hauptsponsorin der Pride – man stehe weiterhin für die Werte der Pride ein und begleite den Pride Month 2025 kommunikativ. Das Unternehmen nennt keinen Grund für das Ende der Partnerschaft aber betont: «Unser Entscheid steht in keinem Zusammenhang mit politischen Aussagen oder Debatten» und fügt an, es seien «keine Anpassungen beim Thema Diversity geplant.» So halte man am bestehenden Engagement um DE&I (Diversität, Gerechtigkeit und Inklusion) fest und habe sich ambitionierte Ziele gesetzt. Ob Swisscom im nächsten Jahr wieder an der Zurich Pride dabei sei, könne man jedoch noch nicht sagen.
Pride verzichtet auf grosse internationale Musik-Acts
Wie die Geschäftsleiterin der Zurich Pride Julia A. Müller im Mai gegenüber gay.ch sagte, seien alle Sponsoring-Verträge für die Pride 2025 schon im Herbst 2024 und damit vor den US-Wahlen abgeschlossen worden. Somit dürfte sich an der Pride 2026 noch stärker abzeichnen, wie internationale Unternehmen wie UBS und Google mit dem Druck aus den USA umgehen.
Die Vorzeichen stehen schlecht: Noch vor zwei Jahren hatte man bei der UBS Blog-Beiträge zur «Bedeutung von Corporate Pride» geschrieben, doch im Jahresbericht 2024 kam das Wort «Diversity» gar nicht mehr vor. Etliche Diversitäts-Zielsetzungen wie etwa zur Förderung von Frauen und Minderheiten in Führungspositionen wurden gestrichen, ebenso wie Ziele zum Klimaschutz.
In einem Interview mit dem SRF Ende Mai hielt es der Co-Präsident der Zurich Pride Ronny Tschanz gar für möglich, dass sich Sponsoren wie UBS und Google in Zukunft komplett von der Pride zurückziehen könnten. Im gleichen Interview sagte Tschanz, dass zwei langjährige Sponsoren der Pride abgesprungen seien und im diesjährigen Budget 150'000 Franken fehlten. Deshalb setze man auf günstigere Zelte und weniger Technik und man verzichte auf «grosse internationale Musik-Acts, die Mehrkosten verursachen würden».
«Viele Organisationen werden das nicht überleben»
Die Co-Geschäftsleiterin der Lesbenorganisation Schweiz (LOS), Alessandra Widmer, kommentiert die Budget-Schwierigkeiten der Pride: «Die nächsten Jahre werden entlarvend für die Unternehmen in der Schweiz und ihr Commitment für Diversität und Inklusion.»
Dabei seien nicht nur Unternehmen von dem Druck aus den USA betroffen, sondern auch Verwaltungen, Stiftungen und private Spender:innen. Weltweit würden deshalb in LGBTIQ-Organisationen Stellen gestrichen und Angebote reduziert. Widmer warnt: «Viele Organisationen werden das nicht überleben.»
Während die Pride bei privaten Sponsorengeldern Einbussen machen muss, bekommt sie dieses Jahr erstmals Gelder vom Bundesamt für Polizei (Fedpol). Aus dem insgesamt fünf Millionen Franken umfassenden Budget für die Unterstützung bedrohter Minderheiten gehen jedoch nur 10’550 Franken an die Pride. Insgesamt belaufen sich die Sicherheitskosten der Zurich Pride auf 100’000 Franken, so Uguroglu.
Demo-Route stösst auf Unmut
Auch die Verkündung der Demo-Route am Montagabend hat einigen Unmut hervorgerufen. Der Demo-Umzug wird am Samstag um 13 Uhr auf dem Helvetiaplatz beginnen und über den Stauffacher, den Paradeplatz und den General-Guisan-Quai zur Landiwiese ziehen.
In den Kommentaren unter dem entsprechenden Instagram-Post reagierten viele User:innen enttäuscht, da die Route nicht die gewünschte Sichtbarkeit bringen werde. So ziehe man wieder am Zentrum und der Bahnhofstrasse vorbei. «Die Demo wird jedes Jahr unsichtbarer», kommentiert ein User, ein anderer schreibt: «Jede 08/15-Demo geht via Bahnhofstrasse. Da hatte ich wohl zu viele Hoffnungen.»
Auch Alessandra Widmer von der LOS findet es «schade, dass die Stadt Zürich keine sichtbarere Demo-Route ermöglicht.» Denn gerade jetzt sei es wichtig, dass die LGBTIQ-Community sichtbar demonstrieren und feiern könne.
Das Pride-Wochenende startet bereits am Freitag auf der Landiwiese mit Comedy, Drag und musikalischen Acts. Im Anschluss an die Demo vom Samstag werden SP-Nationalrätin Anna Rosenwasser, der queere Künstler Lucas Fischer und Stadtpräsidentin Corine Mauch (SP) auf der Landiwiese Reden halten.
Nach der Demo ist bekanntlich vor der Demo, und so geht es am 28. Juni schon mit dem antikapitalistischen Christopher Street Day (CSD) weiter. Auch hier werden queere Anliegen und die Sichtbarkeit der LGBTQ+-Community im Mittelpunkt stehen.
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Bachelorstudium in Germanistik und Philosophie an der Universität Zürich, Master in Kulturanalyse und Deutscher Literatur. Während des Masters Einstieg als Redaktionsmitglied in der Zürcher Studierendenzeitung mit Schwerpunkt auf kulturellen und kulturkritischen Themen. Nebenbei literaturkritische Schreiberfahrungen beim Schweizer Buchjahr. Nach dem Master Redaktor am Newsdesk von 20Minuten. Nach zweijährigem Ausflug nun als Redaktor zurück bei Tsüri.ch