Zürich – wo sich Fuchs und Reh gute Nacht wünschen

Wildtiere in Zürich

<!--more--><br><br> Der robuste Motor des Land Rovers Defender brummt; Stefan Dräyer ist unterwegs zum nächsten Einsatz. Ein Reh hat sich in ein Schrebergartenareal nähe Balgrist verirrt. Seit 20 Jahren ist Dräyer einer von drei Wildhütern der Stadt Zürich – eine Stadt, die nebst unzähligen Banken vergleichbar ist mit einem National Park.<br><br> <strong>Lebensraum Zürich </strong>Mit mehr als 400'000 Einwohnern ist Zürich die grösste und kulturell vielfältigste Stadt der Schweiz. Aber nicht nur Menschen nutzen Zürich als ihr heimeliges Zuhause. Von Hirschen am Üetliberg bis zu Wildschweinen am Hönggerberg – knapp 900 bekannte Tierarten beanspruchen ihr Habitat im Stadtgebiet; allein mehr Säugetiere als im Tierpark Goldau und doppelt so viele Arten wie im Zoo Zürich.<br><br> Zürich ist eine nachhaltig ausgerichtete Stadt, ein Viertel des Siedlungsgebiets besteht aus Wald. Doch auch Gärten, offene Bachläufe und Parkanlagen bilden geschützte Biotope und damit ideale Nist- und Nahrungsangebote für etliche Tierarten.<br><br> Für die Mitarbeitenden von <a href="https://www.stadt-zuerich.ch/gsz" target="_blank">Grün Stadt Zürich</a> gehören Natur und Stadt zusammen. Sie pflegen, gestalten und bewirtschaften den öffentlichen Grünraum; damit fördern sie ebenfalls die Lebensgrundlagen sowie Rückzugsgebiete für Wildtiere. Um die natürliche Vielfalt zu garantieren, werden beispielsweise Ausstiegshilfen für Amphibien bei Strassenschächten und Leitsysteme zum Schutz vor Fahrzeugen errichtet.<br><br> <strong>Wildhüter – Vermittler zwischen Mensch und Tier </strong>Dräyer lebt für seinen Beruf. Der gelernte Büchsenmacher arbeitet jeweils vier Tage mit 24 Stunden Einsatzbereitschaft, darauf folgen zwei Ruhetage. «Von Frühling bis Herbst sind 18-Stunden-Tage keine Seltenheit» erklärt Dräyer sec. Allein an diesem Morgen kamen bereits 18 Anrufe: meist Fragen, Beobachtungen oder Wildunfälle. Hinzu kommen Schiesstraining, Reviergänge und das Bergen von Tieren als Folge von Verkehrsunfällen.<br><br> <hr /><br><br> <strong>Tsüri-Mail: Einmal abonnieren bitte. Kein Scheiss. Kein Spam.</strong>

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<br><br> <hr /><br><br> «Wir sind dafür da, Wildtiere zu schützen und ein Zusammenleben zu ermöglichen.» Dräyer steht als Vermittler zwischen Mensch und Tier – für ihn ist der respektvolle Umgang unerlässlich. «Viele denken, Wildtiere gehören nicht in die Stadt. Doch das stimmt so nicht. Tiere brauchen Wohnung und Nahrung; wenn diese vorhanden sind, fühlen sie sich in der Stadt auch wohl.»<br><br> Füttern sollte man die Tiere dennoch nicht, denn die Bestände werden durch das Nahrungsangebot natürlich reguliert. Am besten lässt man die Tiere in Ruhe und meldet die Sichtungen – so können die Bestände der Säugetiere und Vögel erfasst werden.<br><br> <strong>Containern und besetzen </strong>Allein 1200 Rotfüchse «besetzen» Häuser und stibitzen regelmässig ihr Futter aus Containern, durchwühlen Komposthaufen und zerreissen Müllsäcke; sie fressen, was sie finden und wohnen, wo sie sich wohlfühlen. Tiere machen keinen Unterschied zwischen Häusern und Höhlen. So nisten sich Füchse, Marder und Dachse sogar in Banken und Hotels ein.<br><br> Dräyer kommt bei einem Schrebergartenareal an. Ayco – Dräyers treuer Begleiter – erhebt rasch sein Haupt, doch seine Hilfe wird nicht benötigt. Für den Moment bleibt der Bayrische Gebirgsschweisshund im Wagen. Dräyer verschafft sich einen Überblick über die Situation – seinen geschulten Augen entgeht nichts. Sofort erkennt er die angeknabberten Rosensträucher, die Kotspuren und die Trittsiegel im feuchten Boden. Das Tier ist im umzäunten Areal gefangen und bedient sich fleissig am Nahrungsangebot. Für den erfahrenen Wildhüter stellt klar, dass ihm nichts anderes übrigbleibt, als das Tier zu erlegen, weil es nicht mehr in seinen angestammten Lebensraum zurückfindet. «Schrebergärten sind voller Stellen, in denen sich das Reh verfangen und verletzen kann. Das Tier ist hier nicht sicher.»<br><br> [caption id="attachment_2781" align="alignnone" width="864"]<img class="wp-image-2781 size-full" src="https://tsri.ch/media/uploads/2015/07/drayer.jpg" alt="drayer" width="864" height="575" /> Wildhüter Stefan Dräyer mit seinem Rüden Ayco[/caption]<br><br> <strong>Ein Schuss pro Tag </strong>Dräyer entdeckt noch mehr Spuren; sein Blick haftet an einem grösseren Gestrüpp nahe Waldrand – abgetrennt durch einen Zaun. «Mein Bauchgefühl sagt mir, dass sich das Reh dort befindet.» Keine zwei Schritte auf das Gestrüpp gemacht, springt plötzlich ein alter Rehbock davon und zieht rasch in ein dicht bewachsenes Gebüsch.<br><br> Dräyer geht zum Auto, um die Flinte zu holen.<br><br> Fast täglich muss Dräyer seine Waffe benutzen. «Wenn die Tiere in Gefahr sind oder bereits schwer verletzt, kommen wir nicht darum herum, sie zu erlegen.» Handelt es sich um ein Weibchen, muss zuerst sichergestellt sein, dass es keine Jungen führt. Tiere zu betäuben, sei leider keine Alternative, da bei jedem Einsatz ein Tierarzt die Dosierung bestimmen müsste. Auch das Tier einzukesseln und zu fangen sei keine Möglichkeit, da man mehrere Leute bräuchte und das Tier trotzdem in Gefahr brächte. «Mit einem sauber abgegebenen Schuss leidet das Tier nicht.»<br><br> Fallwild aus Verkehrsunfällen wird nach Möglichkeit zur Verfütterung in den Zoo gebracht. Erlegtes Wild darf verkauft werden.<br><br> Schleichend verschwindet Dräyer mit dem Gewehr im Anschlag im Gebüsch.<br><br> <strong>Neozoen – Tiere mit Migrationshintergrund </strong>Auch bei Tieren gilt Zürich als begehrter Ort zum Einwandern. Neozoen – nicht einheimische Tiere – finden in der Stadt Wärme, Nahrung und Schutz. Im Zürichsee schwimmen chinesische Süsswasserquallen, Rostgänse belegen bereits feste Brutplätze und auch ein Waschbär (ursprünglich Amerikaner) soll angeblich schon in Zürich gesichtet worden sein.<br><br> Auch wenn gewisse Tiere zur Nutzung bewusst angesiedelt wurden, wie die Regenbogenforelle, so hat die Zuwanderung auch ihre Tücken. Zwar vergrössert sich die Vielfalt, doch einige Neozoen stehen in Konkurrenz zu einheimischen Tieren. Beispielsweise hat die spanische Wegschnecke die rote Wegschnecke schon fast verdrängt.<br><br> Laut Experten vergrössert sich die Vielfalt und auch der verdrängte Wolf ist dabei, sich wieder anzusiedeln. Im Juni 2014 wurde ein Exemplar in Altstetten von einem Zug erfasst und getötet.<br><br> Dräyer erscheint wieder aus dem Gebüsch. Eine Lücke im Zaun bot dem Bock die Möglichkeit wieder im Wald zu verschwinden. Wahrscheinlich werde er zurückkommen, meint Dräyer, das Angebot hier sei zu verlockend.<br><br> Der Wildhüter verstaut sein Gewehr im Jeep. Der nächste Einsatz wartet bereits: Zwei Jungfüchse tummeln sich in einem Garten in der Innenstadt. <ul> <ul> <li><em>Wer Beobachtungen melden will, kann dies auch online erledigen: www.stadtwildtiere.ch</em></li> <li><em> Wer noch mehr Spannendes über Wildtiere erfahren will: Stefan Ineichen und Max Ruckstuhl haben das Buch <a style="background-color: #ffffff;" href="http://www.haupt.ch/Verlag/Buecher/Natur/Tiere/Stadtfauna.html" target="_blank">Stadtfauna 600 Tierarten der Stadt Zürich</a> herausgegeben.</em></li> </ul> </ul>

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