Wo früher ein Quartierfest war, ist heute meine Hipster-Bar
Nahe am Kollaps
<!--more--><br><br> Die Quartierfeste in Züri platzen aus allen Nähten. Wo vor einigen Jahren noch die Bewohner des Quartiers ihre Nachbarschaft pflegten und dafür ein Fest organisierten, feiert inzwischen die ganze Stadt mit.<br><br> Es ist schön an diesen Festen: Musik, Essen aus aller Welt, Bier aus Zürich, Holzbänke und Tische, und vor allem das komplette soziale Umfeld. Kaum ein junger Mensch, der nicht an mindestens zwei der Quartierfeste geht. Und Jahr für Jahr werden es mehr.<br><br> Nicht alle freuen sich, dass die einst kleinen Veranstaltungen inzwischen von Besuchern überrannt werden. Das OK vom Röschibachplatz überlegte sogar, die Medien zu beten, ihr Fest explizit nicht in der Berichterstattung zu erwähnen sie konnten mit der Menschenmasse schlicht nicht umgehen.<br><br> <strong>Mehr Menschen = mehr Konsum</strong> Auch ans Idaplatzfest pilgern immer mehr Leute. Das Organisationskomitee sieht verschiedene Gründe, die zu einem starken Zuwachs an Besuchern geführt hat. Durch die sanfte Erneuerung des Idaplatzes und der verkehrsberuhigten Weststrasse wurde der Aufwertung des Kreis 3 Tür und Tor geöffnet. Rund um den Platz finden sich inzwischen unzählige Aufwertungskafis und Aufwertungslädelis. So wandelte sich das Arbeiterquartier zu einem hippen Mittelstandsgebiet. Es überrascht kaum, dass plötzlich viel mehr Menschen ans Idaplatzfest.<br><br> Die Veranstalter freut der Zuwachs an trink- und feierfreudigen Personen. Mehr Menschen ergeben mehr Konsum und das wirkt sich positiv auf die Negativbilanz aus. Einfacher: Wenn mehr gesoffen wird, verlieren die Organisationen kein Geld. In den letzten Jahren konnte ein kleiner Gewinn verzeichnet werden. Dieser war gerademal so gross, dass der Umsatz von 35 000 Franken ohne Zuschuss der Stadt erreicht werden konnte. Auf der anderen Seite steht es um die Bewegungsfreiheit auf dem Platz nicht gerade rosig. Bis der Abend einbricht, findet auf dem Idaplatz nach wie vor ein Quartierfest statt: Mit Flohmi und Kinderprogramm. Später ist alles rappelvoll. Das OK sagt, der Ansturm habe eine Grenze erreicht, die dem Anlass nicht mehr zuträglich sei.<br><br> <iframe src="https://www.flickr.com/photos/49504892@N00/3848437047/player/" width="640" height="480" frameborder="0" allowfullscreen="allowfullscreen"></iframe><br><br> <strong>Hype bald vorbei?</strong> Beim Röntgenplatzfest sieht es etwas anders aus. Weil der Anlass seit über 30 Jahren besteht, habe er sich schon längst etabliert. Trotz grosser Konkurrenz kommen die Besucher recht zuverlässig bei schönem Wetter, versteht sich. Die stabilen und grossen Menschenmassen, die den Röntgenplatz jährlich während zwei Tagen besetzen, kommen auch dadurch zustande, dass das Fest zwar ein Quartierfest ist, aber klar eine politische Note hat.<br><br> Immer wieder stehen Leute rum, die ihr mitgebrachtes Dosenbier trinken. Oder die sich an der nahen Bar bedienen lassen wie das am Idaplatz der Fall ist. Während der Coop am Röntgenplatz die zusätzlichen Einnahmen kaum teilen will, dürfen die Bars am Idaplatz freiwillig 500 Franken an das Kulturforum Idaplatz abgeben. Die meisten machen das auch.<br><br> Der Sturm auf die Quartierfeste wird wohl noch einige Jahre dauern. Laue Sommerabende, kühles Bier, jede Menge junge Menschen mehr braucht es nicht. Wenn aber auf den Plätzen kein Platz mehr ist, könnte plötzlich das Quartier wieder im Vordergrund stehen.<br><br> <em>Titelbild: <a href="https://www.flickr.com/photos/viernullvier/9590395331/in/photolist-ctnseE-6S5ffT-mR44z-6S5eXF-mR44u-fAGS4L-fAGMXh-fBthpD-fAGRWf-fAGRJU-fAGRyG-fAsyrP-fAGNLh-fAsvE8-fAGNno-fAsvfB-fAGMHL-fAGMwb-fAstYg-fAstzX-fAGLgS-fAstaB-fAssY8-fAGKwm-8wzHCP-8wCHs1-8wCH4W-8wCGBW-8wCG33-8wzF8r-8wCF4s-8wzEev-8wzDYc-8wCDTb-8wzCRV-8wzCmp-8wzBXR-8wCBR5-31ePoi-oQ3Faw-fDEMQw-m3ZjX" target="_blank">Flickr</a></em>
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An der Universität Zürich hat Simon Politikwissenschaften und Publizistik studiert. Nach einem Praktikum bei Watson machte er sich selbstständig und hat zusammen mit einer Gruppe von motivierten Journalist:innen 2015 Tsüri.ch gegründet und vorangetrieben. Seit 2023 teilt er die Geschäftsleitung mit Elio und Lara. Sein Engagement für die Branche geht über die Stadtgrenze hinaus: Er ist Gründungsmitglied und Co-Präsident des Verbands Medien mit Zukunft und macht sich dort für die Zukunft dieser Branche stark. Zudem ist er Vize-Präsident des Gönnervereins für den Presserat und Jury-Mitglied des Zürcher Journalistenpreises. 2024 wurde er zum Lokaljournalist des Jahres gewählt.