#NotOurScene: Zürcher Clubszene distanziert sich mit Hashtag von Partys auf Sansibar

Bis vor Kurzem bot der Zürcher DJ Gogo Partytrips nach Sansibar an, wo der Präsident John Magufuli Corona leugnete. Mit dem Hashtag #NotOurScene reagiert nun die Zürcher Clubszene und distanziert sich deutlich von dem Verhalten.

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«Ohne Masken, ohne Restriktionen, ohne Stress», so beschrieb der Veranstalter Peter Sacco vergangenen Herbst auf Facebook seine «Musiqtrips» auf der zu Tansania gehörende Inselgruppe Sansibar vor der Küste Ostafrikas. Die Corona-Situation? «Völlig unproblematisch», sagt Sacco im Interview mit 20 Minuten.

Öffentlichkeit erlangte der Fall durch einen offenen Brief des Berliner Kollektivs Business Teshno. Vor rund vier Wochen reagierte auch izzy Projects auf den Brief, indem sie den Veranstalter der «Musiqtrips» in einem Video an den Pranger stellten. Auch der Tagi berichtete, wie Sacco, der unter dem Namen DJ Gogo in der Zürcher Clubszene unterwegs ist, bis kürzlich mehrwöchige Reisen und Partytrips nach Tansania auf seiner Website anbot. Wie verschiedene Veranstaltungshinweise und ein Youtube-Video zeigen, waren letztes Jahr offenbar auch DJs der «Frieda's Büxe» vor Ort. «Organisatorisch war der Club aber nicht involviert, ich war als Privatperson vor Ort», bestätigt ein DJ auf Anfrage.

Dass unbeschwertes Feiern im «letzten freien Land der Welt» noch möglich ist, kommt der tansanischen Politik zu Schulden. Denn der Präsident John Magufuli leugnete bis zu seinem Tod im vergangenen Monat das Virus, sodass offiziell keine Coronafälle im Land veröffentlicht wurden. So fügte das BAG Tansania erst kürzlich zu der Liste der Risikoländer hinzu.

Auch international hat der Fall bereits Kritik ausgelöst: Die Sorglosigkeit, mit der in Sansibar die Corona-Krise gehandhabt werde, ziehe Tourist*innen en masse an, die allenfalls mit einer stark mutierten Corona-Variante heimkehren könnten.

Mehr Kritik am Verhalten, statt Blossstellen der Person

Nun reagiert auch die Zürcher Clubszene auf die Partyangebote von Sacco. Mit dem Hashtag #NotOurScene distanzieren sich zahlreiche DJs und Veranstalter*innen aktiv von den Partys in Sansibar. Sie rufen dazu auf, solche «Plague-Raves» während Coronazeiten zu boykottieren. Den Hashtag ins Leben gerufen hat der Zürcher Dominik André. Der DJ ist Gründer des Kulturmagazins 45rpm.ch, war zwei Jahre für die Kommunikation des Zürcher Clubs Zukunft zuständig und hat selbst ein Musiklabel. «Es störte mich schon seit längerer Zeit, dass Personen wegfahren, um in einem Land mit weniger Restriktionen Party zu machen. Als öffentlich wurde, dass vor allem Zürcher DJs und Veranstalter*innen in einem der ärmsten Länder der Welt Partys feiern, spürte ich auch in meinem Umfeld viel Empörung», erzählt Dominik.

Öffentlich dagegen ausgesprochen habe sich aber niemand. Also habe er den Hashtag gestartet. «Zum Einen war es aus persönlichen Gründen, weil ich und viele andere Zürcher DJs und Veranstalter*innen uns dieser Szene nicht zugehörig fühlen. Wir zeigen, dass wir ein solches Verhalten nicht ok finden, ohne Outcalling zu betreiben.»

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Der Zürcher DJ Dominik André. (Foto: Camille Spiller)

Denn die Leute, die er damit adressiere, seien schon vorher in der Öffentlichkeit gestanden. Zudem solle vielmehr das Verhalten kritisiert werden, als dass eine Person blossgestellt werde. «Ein anderer Grund war, dass Personen, die nicht Teil der Szene sind, uns mit solchen Events in Verbindung bringen. Wenn du vor Corona Partys organisiert und für einen Club gearbeitet hast, gehörst du immer irgendwie in diese Ecke.» Durch den Hashtag würde nun eine klare Distanzierung solcher Aktionen signalisiert.

«Eine Mischung aus Egoismus und strukturellem Rassismus»

Der gleichen Meinung ist auch Jenny Cara, Zürcher Veranstalterin, DJ und Bookerin. «Die Zürcher Clubszene zeigt, dass sie solche Aktionen nicht cool findet und nicht alle in den gleichen Topf geworfen werden sollen», sagt sie. Viele Leute würden ihre Füsse stillhalten und die Situation abwarten, während DJ Gogo und auch andere Leute Partys machen.

Das Problem betreffe aber nicht nur Tansania. «Auch diejenigen, die für Partys nach Mexiko reisen, verstehen nicht, was gerade läuft», so Jenny weiter. Nur weil man einen Club aufmachen könne, heisse das noch lange nicht, dass man das auch soll. Es sei solchen Veranstalter*innen nicht bewusst, wie viele Menschen sie damit gefährden würden. «Am meisten nervt es mich, dass diese vorwiegend weissen Männer unter dem Vorwand, den Tourismus zu fördern, da die Einheimischen sonst nicht überleben können, ihre Partys durchführen. Für mich sind das postkoloniale Kontinuitäten; Eine Mischung aus Egoismus und strukturellem Rassismus.»

Sie locken mit einem unsolidarischen und die Pandemie fördernden Moment und stecken dafür Geld ein. Das geht gar nicht.

Isi von Walterskirchen, Leiterin Clubbüro IG Rote Fabrik

Sie ist sich sicher: «Ja, wir müssen lernen, mit der Pandemie zu leben. Aber dazu gehört auch, dass wir alle am gleichen Strang ziehen und nicht die Egoscheisse durchgeben.»

Diskurs und Selbstreflektion ist gefordert

Vor einer Spaltung der Szene durch Exklusion von Menschen, warnt auch Isi von Walterskirchen. Die Leiterin des Clubbüros der IG Rote Fabrik verstehe den Hintergedanken des Hashtags, habe diesen über das Clubbüro auch geteilt, obwohl sie kein grosser Fan von solchen Trends sei. Sie findet: «Die ausgeübte Kritik ist absolut berechtigt und ich habe das mit dem Post auch gezeigt. Aber es führt zu einer verstärkten Polarisierung der Gesellschaft. Um etwas zu bewegen, muss auf eine konstruktive Art die Situation analysiert und darüber diskutiert werden können.» Ihre Meinung zu solchen Plague-Raves und Menschen, die der Sehnsucht nach Party und Feiern nicht widerstehen können, sei aber klar. «Die sich selbst bereichernden Veranstalter*innen, Promotor*innen und Gage einsackenden Musiker*innen tadle ich aufs Äusserste», so Isi und fährt fort: «Sie locken mit einem unsolidarischen und die Pandemie fördernden Moment und stecken dafür Geld ein. Das geht gar nicht.»

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Moralisch überlegen fühle sie sich diesen Menschen durch den Hashtag aber nicht, meint sie. «Dadurch ist man noch kein*e Aktivist*in, der*die die Welt zu einem Besseren verändert. Es braucht mehr Selbstreflektion und wir müssen uns stärker hinterfragen: Wieso tut man etwas und wie werden die Interessen abgewägt. Verhalte ich mich wirklich solidarisch, wenn ich momentan an Partys gehe oder Reisen unternehme? Leiste ich damit einen Beitrag, dass das Virus verschwindet?» Auch Dominik möchte die Stimmung mit dem Hashtag nicht weiter anheizen. Für ihn sei das Ziel, mehr Awareness zu schaffen, im Moment erreicht.

Die Organisator*innen des «Musiqtrip» waren für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

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