Gesang am Werdmühleplatz

Singing Christmas Tree lockt Weihnachtsfans aus aller Welt an

Seit über 25 Jahren zieht der Singing Christmas Tree ein internationales Publikum an. Für die Chöre ist laut Mitgründer André Kofmehl der Auftritt am Werdmühleplatz das Highlight des Jahres.

Singing Christmas Tree
Am 15. Dezember trat das Zentralschulhaus Volketswil auf dem Singing Christmas Tree auf. (Bild: Minea Pejakovic)

Zwischen Ende November und bis kurz vor Weihnachten versammelt sich jeden Abend eine Traube von Menschen auf dem sonst so ruhigen Werdmühleplatz unweit der Bahnhofstrasse. Sie trinken Glühwein, sind warm angezogen, reden und lachen miteinander.

Punkt 17.30 Uhr durchschneiden laute Kirchenglocken das Stimmengewirr. Die Gespräche verstummen und alle Blicke richten sich auf ein hohes, mit Tannenzweigen geschmücktes Gerüst, das einem überdimensionalen Weihnachtsbaum gleichkommt.

Nacheinander erklimmen Kinder mit roten Zipfelmützen die Tanne. Es ist der Schulchor des Zentralschulhaus Volketswil. Während die einen mutig bis zur Spitze klettern, suchen andere einen sicheren Platz an der Seite.

Mit der Gitarre in der Hand begrüsst der Chorleiter das Publikum. Die ersten Akkorde von «Feliz Navidad» erklingen, die Kinder beginnen zu singen. Gleichzeitig schnellen die Handys stolzer Eltern in die Höhe.

Der Auftritt am Werdmühleplatz sei für jeden teilnehmenden Chor «der Höhepunkt des Jahres», sagt André Kofmehl, Mitgründer des Singing Christmas Tree. Manchmal seien die Plätze bereits im März ausgebucht.

New York als Vorbild

Den ersten Auftritt hatte der singende Weihnachtsbaum 1998. Damals stand er noch einige Meter weiter weg, auf der anderen Seite der Bahnhofstrasse, bei der Pestalozziwiese. Rundherum gab es auch nur wenige Marktstände. Die Zuschauerzahl war zudem meist bescheiden, vor allem Passant:innen blieben stehen und hörten den singenden Kindern zu.

Die Idee stammt laut Kofmehl von seinem guten Freund und Mitgründer Beat Seeberger. «Er hat einen Singing Christmas Tree in New York im Financial District gesehen und wollte ihn nach Zürich bringen», erzählt er. Ziel sei gewesen, das gemeinsame Singen in der Weihnachtszeit im öffentlichen Raum wieder aufleben zu lassen.

André Kofmehl
André Kofmehl ist Mitgründer des Spektakels auf dem Werdmühleplatz. (Bild: Minea Pejakovic)

Mit den Jahren wurde es vor dem Globus immer enger, da zunehmend mehr Menschen den Singing Christmas Tree besuchten. Gleichzeitig störte sich der Detailhändler zunehmend am Anlass. «Die Menschen hörten lieber uns zu, als zu shoppen», erklärt Kofmehl. Aus diesen Gründen musste 2006 ein neuer Standort gefunden werden. «Der Werdmühleplatz bot die ideale Lösung», sagt er.

Chorgesang als Magnet für Tourist:innen

Heute ist der Singing Christmas Tree von seinem jetzigen Standort nicht mehr wegzudenken. «Es gibt mittlerweile Leute, die fast jeden Abend vorbeikommen – das freut mich extrem», sagt Kofmehl. Nebst Stadtzürcher:innen besuchen auch Tourist:innen den Weihnachtsbaum regelmässig.

Das zeigen Videos aus den sozialen Medien, die von Menschen aus Australien, Deutschland oder Portugal gepostet werden. In den Beschreibungen heisst es oft, es sei «süss» oder «bezaubernd», die Kinder singen zu hören. Auch Kofmehl fällt der Andrang aus dem Ausland auf. «Von Jahr zu Jahr kommen immer mehr Tourist:innen», sagt er. Manchmal sogar direkt vom Flughafen. 

Mit der steigenden Popularität stiegen auch die Ansprüche an die Logistik sowie Technik. Damit alle Auftritte reibungslos ablaufen können, braucht es bis zu 70 Angestellte, sagt Kofmehl. Schliesslich singen täglich Schul-, Gospel- oder Erwachsenenchöre auf dem Singing Christmas Tree. Unter der Woche singt pro Tag ein Chor, am Wochenende treten in der Regel zwei Chöre auf. Dabei dauern die Auftritte jeweils 30 Minuten.

Insgesamt treten in der laufenden Saison über 40 Chöre auf, die alle betreut werden müssen. Die Organisation des Personals wie auch die Kosten seien daher jedes Jahr eine Herausforderung. Der Anlass wird primär durch den dazugehörenden Weihnachtsmarkt  finanziert. «Da es uns schon so lange gibt, sind wir aber ein sehr eingespieltes Team», so Kofmehl.

Um 18.00 Uhr endet der Auftritt des Zentralschulhauses Volketswil. In gut einer halben Stunde folgt der zweite und damit letzte Auftritt des Abends. Bis dahin können sich die kleinen Sänger:innen mit einem Imbiss stärken.

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Minea Pejakovic

Nach der Ausbildung zur Kauffrau EFZ beim Sozialdepartement der Stadt Zürich folgte die Berufsmaturität an der KV Zürich mit Schwerpunkt Wirtschaft. Anschliessend Bachelorabschluss in Kommunikation und Medien mit Vertiefung Journalismus an der ZHAW. Erste journalistische Erfahrungen als Praktikantin in der Redaktion von Tsüri.

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