Das musst du über das Binz-Wochenende wissen

Danke Binz, das war ein schönes Fest

<!--more--><br><br> <em>• Seit dem Abriss der Binz liegt das ehemals besetzte Areal seit zwei Jahren leer</em> <em> • Übers Wochenende organisierten die Besetzer ein grosses Fest, an dem vom Freitagabend bis Sonntagnachmittag über 5000 Personen teilgenommen haben</em> <em> • Die Polizei versuchte das Areal am Freitag zu schliessen, zog sich dann aber zurück und kontrollierte am Sonntagabend alle verbliebenen Personen einzeln</em><br><br> «Binz bleibt Binz», «Zwei Jahre Brache, jetzt kommt die Rache» – diese Transparente haben am Wochenende über 5000 Personen zu einem farbigen Fest auf dem Binz-Areal begrüsst, das seit der Räumung vor zwei Jahren brach liegt. Was ist passiert? Vor angeblich gut zwei Wochen fassten Besetzer, Aktivistinnen und Sympathisanten den Entschluss, auf der Binz ein dreitägiges Fest zu veranstalten. Während dem Aufbau am Freitagabend kurz vor 18 Uhr fuhr die Stadtpolizei mit einem Grossaufgebot auf, ballerte ohne Not mit Gummischrott (siehe Video unten) auf die Besetzer, filmten und fotografierten alle und sperrten das Areal grossräumig ab.<br><br> https://www.youtube.com/watch?v=vYHUt493nwQ https://twitter.com/Laetho_HoJ/status/622107550583025665 Die Menschen vor der Absperrung wurden immer zahlreicher, die Stimmung immer lockerer und gegen 21:30 Uhr zog die Staatsgewalt plötzlich ab. Offenbar gab es einen Deal: Ohne Demozug durch die Stadt, keine Räumung. Klingt fair. Denn eine Demo war nie das Ziel. https://twitter.com/moraphoto/status/622127876507242496<br><br> <strong>Kritik an Abriss auf Vorrat</strong> Das dreitägige Fest konnte beginnen. In kürzester Zeit verwandelte sich die Binz in eine kleine selbstverwaltete Stadt: Wunderbar eingerichtet mit hunderten Ballonen in der Luft, ein riesiges «Dänkmal» aus Holz, meterhohe, leuchtende Körper am Boden. Mehrere Bars, Essenstände, Toi Tois, Trinkbrunnen und Abfallkübel regelten die Abläufe. Auf mehreren Bühnen sorgte Musik für ausgelassene Stimmung. https://twitter.com/petarmarj/status/622531453985943552<br><br> Natürlich ging es den Organisatorinnen nicht nur um eine grosse Party: Das Wochenende war auch eine deutliche Kritik an der Abbruch auf Vorrat, an der Stadtaufwertung und der Kommerzialisierung der Kultur. In einer Mitteilung rufen sie zu mehr Gemeinschaft auf: «Für eine Welt, in der Solidarität mehr zählt als Selbstbereicherung.»<br><br> <strong> Polizei behindert Journalisten</strong> Am Sonntagabend während den Aufräumarbeiten stand die Polizei mit einem Monsteraufgebot auf der Uetlibergstrasse, um die verbliebenen 100 Besetzer einzeln zu filzen und registrieren. Viele Polizisten standen in Kampfmontur am Rand, schauten dem Treiben zu, grinsten und tranken Mineralwasser.<br><br> https://twitter.com/Tsueri_ch/status/622836128262045696<br><br> Einer der Polizisten hinderte Journalisten beim Fotografieren: «Wenn Sie noch ein Foto machen, muss ich Ihnen das Handy wegnehmen.» Sonst verlief die Räumung friedlich – wie auch der Rest vom Wochenende. Wie die Stadtpolizei mitteilt, seien mehrere duzend Lärmklagen eingegangen. Kein Wunder, während den beiden Nächten wurden die Anwohner ohne Ende beschallt. Doch was sind einige duzend Lärmklagen gegen 5000 junge Menschen, die ein unglaublich schönes Fest feiern können? Und wie viele Lärmklagen gehen wohl an einem bewilligten Event wie der Streetparade ein?<br><br> https://twitter.com/Magyrma/status/622488471714836480<br><br> Was lernen wir aus dem Binz-Wochenende? Tausende Personen erlebten das wohl farbigste Wochenende dieses Sommers. Es sind jene Personen, die sich nach einer Spur mehr Freiraum sehnen, nach einem Fest mit Stimmung – es sind jene Personen ohne Lobby in der Stadt, weil sie keinen wirtschafltichen Sektor hinter sich haben und die kapitalistischen Werte zu hinterfragen wagen.<br><br> Das Wochenende zeigt, dass tausende junge Bürgerinnen und Bürger keinen Platz in ihrer Stadt haben. Es sei denn, sie nehmen ihn. Die Reaktionen von Medien, Politik und Verwaltung zeigt, dass diese Menschen offenbar nicht zu Zürich gehören sollen. Das Wochenende zeigt jedoch auch, dass unsere Stadt – wenn auch nur hin und wieder – lebt. Schön, dass sich die Polizei zurückhielt. Schade, dass die Organisatorinnen am Sonntagabend, müde von den Aufräumarbeiten, auf demütigende Weise wie Schwerkriminelle vorgeführt wurden.<br><br> Es war zu schön, um legal zu sein.

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Simon Jacoby

An der Universität Zürich hat Simon Politikwissenschaften und Publizistik studiert. Nach einem Praktikum bei Watson machte er sich selbstständig und hat zusammen mit einer Gruppe von motivierten Journalist:innen 2015 Tsüri.ch gegründet und vorangetrieben. Seit 2023 teilt er die Geschäftsleitung mit Elio und Lara. Sein Engagement für die Branche geht über die Stadtgrenze hinaus: Er ist Gründungsmitglied und Co-Präsident des Verbands Medien mit Zukunft und macht sich dort für die Zukunft dieser Branche stark. Zudem ist er Vize-Präsident des Gönnervereins für den Presserat und Jury-Mitglied des Zürcher Journalistenpreises. 2024 wurde er zum Lokaljournalist des Jahres gewählt.

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