Brutale Polizeigewalt gegen Anwohner am Rande der Binz-Party
Polizei dementiert
<!--more--><br><br> <em>Am Rande des Polizei-Einsatzes in der Binz ist es am Freitagabend zu einem Fall von Polizei-Gewalt gegen unbeteiligte Anwohnerinnen gekommen. Dies ist die Geschichte von Yannyna und ihrem Freund, die mit Verletzungen und einer Verurteilung endet.</em><br><br> Ganz ruhig sitzt sie am Tisch und trinkt ein Mineralwasser. Ungeschickt klaubt Yannyna mit der linken Hand eine Zigarette aus der Packung, denn der rechte Arm steckt in einer Bandage. «Jetzt kann ich schon darüber lachen», sagt sie. Doch der Schock der Geschehnisse vom letzten Freitag ist ihr immer noch deutlich anzusehen, auch abgesehen vom einbandagierten Arm. Yannyna war zur falschen Zeit am falschen Ort und wurde Opfer von willkürlicher Polizeigewalt.<br><br> Sie wohnt an der Uetlibergstrasse unterhalb der Gleise, ungefähr 300 Meter vom Binz-Areal entfernt. <a href="http://tsri.ch/zh/das-musst-du-ueber-das-binz-wochenende-wissen/" target="_blank">Auf ebendiesem Areal organisierten am vergangenen Wochenende ein rauschendes Fest. Mit einem Grossaufgebot versuchte die Stadtpolizei am Freitagabend das illegale Fest zu verhindern und riegelte die Uetlibergstrasse während rund drei Stunden ab.</a><br><br> <strong>Von Polizisten beobachtet</strong> Währenddessen sass die 42-jährige Yannyna, eine Frau mit Dreadlocks und Tattoos, vor ihrer Haustüre natürlich habe auch sie dem Treiben zugesehen. Eigentlich wartete sie aber auf zwei Freundinnen, die sie besuchen wollten. Mit der Party und den Besetzern habe sie nichts zu tun. Und so sass Yannynada auf dem Mäuerchen, plauderte mit den beiden Freundinnen und ihrem Freund und bemerkt, wie sie von der anderen Strassenseite von mehreren Polizisten beobachtet wurden.<br><br> Plötzlich ging alles ganz schnell. Gegen 20:30 Uhr fuhr ein Kastenwagen die Stasse runter, direkt auf die vier zu. Drei Polizisten in Vollmontur steigen aus und verlangen nach ihren Ausweise. Yannyna befindet sich zu diesem Zeitpunkt in der Wohnung. Sie füllt ihre Flasche mit Wasser auf. Ihr Freund, ein grossgewachsener Velokurier in Arbeitskleidung, gibt sich den Polizisten als Anwohner zu erkennen. Was der Grund für die Kontrolle sei, will er von der Polizei wissen «Personenkontrolle zur Verhinderung einer Szenenbildung» ist die Antwort.<br><br> <strong>Einsatzleiter versucht vergeblich seine Polizisten zu beruhigen</strong> Yannyna stiess wieder zur Gruppe zurück. Sie betonte, dass sie hier wohne. Auch die beiden Freundinnen nennen den Grund für ihren Aufenthalt. Die Situation drohte zu eskalieren, als die vier nicht unmittelbar ihre Ausweise zückten. Offenbar völlig überfordert, nervös, zitternd, begannen die Polizisten zu schubsen und zu zerren. Die eine Freundin filmte mit dem Handy, bis sie Yannyna schreien hörte: Ihr Freund wurde in Handschellen gelegt. Jemand anderes begann die Szene zu filmen, kurzerhand wurde ihm das Handy abgenommen. Yannyna wollte wissen, was mit ihrem Freund sei, was er verbrochen habe sie wollte ihren Liebsten beruhigen. Die Stimmung wurde hitziger, auf beiden Seiten. Als der Polizist sein Schild als Waffe benutzte, versuchte der Einsatzleiter der Polizei seine beiden Mannen und die eine Frau in Uniform zu beruhigen.Seine Worte blieben ungehört. Natürlich habe sie sich verbal gewehrt. Erst anständig, dann heftiger: «Niemand bleibt ruhig, wenn die Liebsten so traktiert werden.» Yannyna wurde zur Haustüre gedrängt, wehrte sich, wurde brutal zu Boden geworfen und zog sich eine schwere Schulterprellung und eine Rippenquetschung zu.<br><br> <strong>«Er ist Polizist, wir müssen ihm glauben.»</strong> Die Situation eskalierte weiter: Pfefferspray wurde aus nächster Nähe in die Gesichter der Gruppe gesprüht und Umstehende, die lauthals gegen die Polizeiaktion protestierten, wurden mit Gummischrot eingedeckt. Yannyna und ihr Freund wurden abgeführt. Yannyna sass bis morgens um 01:30 Uhr auf dem Polizeiposten, wurde verhört, die Fingerabdrücke registriert. Der Grund: «Nichtbefolgen polizeilicher Anweisungen». Ihr Freund traf es noch härter: Am Samstagnachmittag um 17 Uhr trat er als verurteilter Straftäter an die frische Luft. Ein Schnellgericht verurteilte ihn wegen Gewalt und Drohung gegen Beamte zu einer Geldstrafe und zwei Jahre Probezeit aufgrund einer völlig absurden und erfundenen Aussage des Polizisten, wie er sagt: Er habe versucht einen Polizisten zu attackieren zu einem Zeitpunkt, als seine Hände bereits gefesselt auf seinem Rücken lagen. Der nun verurteilte Straftäter wird das Urteil anfechten.<br><br> <hr /><br><br> <strong>Tsüri-Mail: Einmal abonnieren bitte. Kein Scheiss. Kein Spam.</strong>
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<br><br> <hr /><br><br> Yannyna will sich wehren gegen den Polizisten, der ihre Schulter und Rippe verletzt hat. Es gehe ihr nicht um Rache, auch nicht um Schadenersatz, wiederholt sie immer wieder. «Mir geht es darum, dass es in Ordnung kommt.» Die Mutter von zwei Kindern sucht nach einem Grund für diese Brutalität. Warum traf es sie? Ist es, weil sie Dreadlocks und Tattoos hat? Ist es, weil ihr Freund keine so helle Haut wie die Polizisten hat?<br><br> <strong>Polizei dementiert</strong> Gegenüber Tsüri.ch verneint die Stadtpolizei diesen Verdacht: «Die Stadtpolizei Zürich nimmt keine Personenkontrollen aufgrund von Aussehen, Hautfarbe oder ähnlichem vor.» Im Zusammenhang mit der illegalen Demonstration und der Binz-Besetzung seien zwei Polizisten angegriffen und zwei Tatverdächtige festgenommen worden, «dabei dürfte es sich um den von Ihnen angesprochenen Vorfall handeln», wie die Polizei auf Anfrage schreibt. Wegen dem angekündigten Rekurs und der Strafanzeige könne sich die Polizei nicht näher zu den beiden Fällen äussern.<br><br> Dass auf dem Binz-Areal ein Fest stattgefunden hat, findet Yannyna im Übrigen toll. «Wer keinen Platz hat, nimmt ihn sich halt», sagt sie. «Viele Anwohner solidarisierten sich während dem Polizeikessel mit den Besetzern und warfen ihnen Schokolade und andere Verpflegung runter, damit sie etwas zu essen haben.»
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An der Universität Zürich hat Simon Politikwissenschaften und Publizistik studiert. Nach einem Praktikum bei Watson machte er sich selbstständig und hat zusammen mit einer Gruppe von motivierten Journalist:innen 2015 Tsüri.ch gegründet und vorangetrieben. Seit 2023 teilt er die Geschäftsleitung mit Elio und Nina. Sein Engagement für die Branche geht über die Stadtgrenze hinaus: Er ist Gründungsmitglied und Co-Präsident des Verbands Medien mit Zukunft und macht sich dort für die Zukunft dieser Branche stark. Zudem ist er Vize-Präsident des Gönnervereins für den Presserat und Jury-Mitglied des Zürcher Journalistenpreises. 2024 wurde er zum Lokaljournalist des Jahres gewählt.