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11. November 2018 um 09:24

Alors Festival: So schön klingt die Welt

Mitte November setzt das Zürcher Alors Festival zum dritten Mal neue musikalische Standards. Was unterscheidet dieses Festival von anderen Veranstaltungen? Redaktor Philipp Mikhail hat mit Organisator*innen und den diesjährigen Acts über Liebe zur Musik, Kompromisse und künstlerische Freiheit gesprochen.

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Am Wochenende des 16./17. Novembers findet in der Photobastei und im Kauz das Alors Festival statt. Wenn die unberechenbaren Stimmungskanonen, die am Alors auftreten, etwas gemeinsam haben, dann dass sie es alle verstehen, den Dancefloor zum Kochen zu bringen. Eine bunte Mischung aus Akteur*innen des Zürcher Nachtlebens verwandelte sich hierfür im Vorfeld in die Power Rangers des Musik-Bookings. «Gemeinsam gestalten wir jedes Jahr basisdemokratisch ein einzigartiges Line-Up», sagt Organisator Rolf Saxer. «Mit diesem Line-Up laden wir das Publikum ein, auf der Tanzfläche neue Klangwelten zu erforschen. Sowohl komplexe Rhythmen als auch traditionelle Klänge aus der ganzen Welt treffen am Alors Festival auf House und Elektronisches.»

Es spielt keine Rolle, ob man Headliner wie DJ Marcelle, Arp Frique, Lakuti oder Dollkraut kennt. Denn wenn man an einem Festival, das sich explizit weniger bekannten und neuen Acts widmet, die lokale Avantgarde, angeführt von Tropical Continent, Kalabrese, oder Manuel Fischer, teilweise besser kennt als die Headliner, hat die Organisation alles richtig gemacht. Wem all diese illustren Gestalten der Partyszene also nichts sagen, der*die kann beruhigt sein: «Am Alors muss man sich lediglich auf die vielseitige Musik einlassen», so Saxer.

Das Publikum müsse Vertrauen in die Organisation und die Acts haben, sagt Ms. Hyde, die am Alors eines ihrer Sets zum Besten geben wird. «Am Alors Festival schätze ich besonders, dass die Künstler*innen es verstehen, die Zuhörenden auch ohne altbekannte Hits zum Tanzen zu bringen», erklärt sie.

Kompromisslose Liebe zur Musik

Für DJ Marcelle, eine der Hauptacts, sind Kompromisse als Künstlerin kein Thema: «Ich stehe mehr auf Konfrontation und Ehrlichkeit als auf Eskapismus und Hedonismus. Meine Kunst ist mir zu wichtig, um Kompromisse zu machen.» Ihre Sets sind meist eine Mischung aus afrikanischen und elektronischen Klängen. Wenn sich das Vinyl auf DJ Marcelles drei Plattenspielern gleichzeitig vor- und rückwärts dreht, entsteht eine Art anarchistische Kunstperformance, bei der sie selbstbewusst die Menge liest und verschiedene Stimmungen im Raum schafft, nur um diese dann wieder zu brechen.

«Ich behalte die Kontrolle», erörtert sie. «Ich bin dem Publikum stets einen Schritt voraus. So wird es nie langweilig». Das Leben sei unvorhersehbar. Dies soll ihre Kunst reflektieren. «Alles ist improvisiert. Ich höre sehr viel verschiedene Musik, übe meine Sets jedoch nie. Eine Platte, die ich am Nachmittag gekauft habe, am selben Abend mit meiner bestehenden Sammlung zu mixen, ist etwas Grossartiges.»

Die gebürtige Südafrikanerin Lerato Khathi alias Lakuti gilt als Ikone der elektronischen Musik. Als DJ und Bookerin zugleich kennt sie die Gratwanderung zwischen Erfolg und künstlerischer Integrität. «Musiker*innen sollten stets genügend Freiraum für ihre Kunst erhalten und dabei unterstützt werden, neue Wege zu erkunden. Deshalb würde ich aber auch nie einen Weg verurteilen, den eine Musik schaffende Person als richtig erachtet», erläutert sie.

Lakuti veranstaltete bereits zu Beginn des neuen Jahrtausends die Partyreihe «Süd Electronic» in London. Mit ihren eklektischen «house and beyond»-DJ Sets bespielte sie schon die Panorama Bar in Berlin oder das Fabric in London. Auch für Lakuti muss eine gute Nacht im Ausgang vor allem Überraschungen bereithalten. Es gäbe so viele gute Musik dort draussen und sie schätze es zum Beispiel besonders, wenn ein*e DJ während eines Sets etwas tiefer in der Plattenkiste wühle und Musik spiele, die nicht unbedingt erwartet wird. Funk, Soul und Jazz sind für Lakuti stark mit der heutigen elektronischen Musik verbunden.

Alles ist verflochten, eine Fusion ohne Grenzen

Einst verflocht Miles Davis mit «Bitches Brew» die typischen Elemente des Jazz mit elektrischen Gitarren, unregelmässigen Rhythmen oder Synthesizern und prägte mit dem Album den Begriff «Fusion». Der Geist dieser Fusion klingt durch das Alors Festival bis nach Zürich weiter. Denn ein weiteres Highlight des Festivals und zeitgemässes Paradebeispiel für eine solche Verflechtung ist wohl «Arp Frique & Family». Mit seinem Debütalbum «Welcome To The Colorful World of Arp Frique» definiert der promovierte Mediziner, DJ und Gitarrist Niels Nieuborg Tanzmusik neu. «In den letzten Dekaden hatten unglaublich viele verschiedene Musikstile, neue wie auch alte, einen Einfluss auf mein Verständnis von Musik», erklärt Nieuborg. «Dennoch ist für mich alles verbunden.»

Arp Frique vereint berauschende New Yorker Disco-Nächte der 70er, karibische Lebensfreude und ostafrikanischer Tanzmusik der 80er Jahre: «Wie ein Schmetterling, der sich nach Jahren aus seinem Kokon löst, war die Zeit gekommen, los zu fliegen», fährt er fort. «Eine Band zu finden, die meine Kompositionen live zu präsentieren vermag, war mir weit wichtiger, als meine Musik einem typischen Genre zuzuordnen.» Erstmals tritt Nieuborg nun zusammen mit seiner siebenköpfigen «Family» auf. Die Band verspricht ein funky tropisches Feuerwerk mit Einflüssen von Kap Verde über Senegal bis Brasilien.

Mit dem Live-Act Die wilde Jagd, deren kraftvolle Sets aus Krautrock, Wave und Neogoth die Menschen weit über die Grenzen Deutschlands hinaus zum Tanzen zwingen, setzt das Alors Festival zusätzlich düstere Akzente, die ebenfalls eine solche musikalische Verflochtenheit verkörpern. Der Analogue-Sound-Wizard mit dem goldenen Händchen für poppige Momente «Dollkraut» schliesst die vermeintliche Lücke zwischen farbenfroh und düster.

Letztendlich malen jedoch alle hochkarätigen Künstler*innen am Alors Festival gemeinsam ein in Zürich seltenes Bild, das gleichermassen sowohl mit hellen als auch dunklen Tönen besticht, aber die Geister nicht scheidet, sondern vereint.

Ein Festival als Sinnbild für Solidarität und Respekt

Auf die Frage, ob die Zürcher Klubszene jeweils mutiger beim Booking sein könnte, antwortet Rolf Saxer diplomatisch: «Es gibt in Zürich fast jedes Wochenende für jeden Geschmack ein spannendes Programm. Einmal im Jahr lassen wir uns zusammen mit den Besucher*innen des Festivals auf ein Experiment ein, das, wenn es jedes Wochenende stattfinden würde, viel seines unvergleichlichen Charakters einbüssen müsste.»

Das Team hinter dem Alors Festival organisiert Mitte November in Zürich nicht nur einfach eine Party, bei der man ins Schwärmen kommen kann. Sie schaffen fürderhin einen Ort der Grenzüberschreitung und Vielfalt. Live Bands wie auch DJs gestalten diesen Ort, an dem die Leidenschaft für innovative Musik und Kultur unabhängig von Herkunft oder Status im Mittelpunkt steht, massgebend mit. Und so transformiert sich der musikalische Diskurs am Ende in ein Sinnbild für eine fortschrittliche, moderne, vorurteilsfreie Gesellschaft.

Es überrascht daher kaum, dass der erwirtschaftete Gewinn der Autonomen Schule Zürich, die ebenfalls zum Rahmenprogramm beiträgt, zugute kommt. Der lokale DJ Cris Trópica serviert am Alors ein Set aus «tribalistischen Dance-Sounds bis hin zu pulsierenden afrikanischen Trommeln des Stadtjungels» und bekommt hier das Schlusswort: «Musik ist Reisen ohne Grenzen, kennt keine Fremdsprache, eröffnet Horizonte, bringt Kulturen einander näher und zerstört Vorurteile».

Titelbild: Pressekit Alors Festival

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