Simon Jacoby: Res Publica – Die öffentliche Sache - Tsüri.ch #MirSindTsüri
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Von Christoph Schneider

Redaktor Wahlen

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3. November 2019 um 05:00

Aktualisiert 27.01.2022

Simon Jacoby: Res Publica – Die öffentliche Sache

In dieser Serie treffen jeweils zwei Menschen aufeinander: Christoph Schneider, der selbst auf dem Weg in die Selbständigkeit ist, spricht mit einer Person, die bereits ein paar Schritte weiter ist. In der siebten Folge: Simon Jacoby.

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Inspiriert vom Liebeslied «You Are The First, The Last, My Everything» von Barry White gehen die Gespräche der Frage nach, wie und weshalb jemand den Weg in die berufliche Selbständigkeit eingeschlagen hat. Unternehmer*innen und Macher*innen aus den unterschiedlichsten Branchen geben Einblicke in ihren Berufsalltag und erzählen von ihren Werten und Haltungen. Die Idee ist von BBC Radio abgekupfert, wo Zuhörer*innen im Rahmen von «You Are The First, The Last, My Everything» die Songs offenbaren, die ihr Leben prägten und ihnen besonders viel bedeuten. BBC möge uns verzeihen, wir lernen gerne von den Besten.

  1. The First blickt zurück in die Anfänge: Wann habe ich das erste Mal daran gedacht, Unternehmer*in zu werden? Was stand zuerst: Der Wille zur grösstmöglichen Unabhängigkeit, eine fixfertiges Produkt, ein grossmäuliges Versprechen?
  2. The Last spielt in der Gegenwart: Worüber habe ich mich zuletzt aufgeregt, wer hat mich inspiriert, was beschäftigt mich zurzeit am stärksten? Sind es externe Rahmenbedingungen oder innere Kämpfe?
  3. My Everything: Nichts weniger als die Frage «Worum geht es eigentlich»?

Simon Jacoby: Res Publica – Die öffentliche Sache

25. Oktober, 11.00 Uhr, Redaktion Tsüri.ch, 2 Espressi

Euch Leser*innen muss ich Simon, den Gründer und Verleger von Tsüri.ch kaum mehr vorstellen, und falls doch, ist es höchste Eisenbahn. Simon ist die Person, die aus dem Nichts publizistische Projekte anreisst, ohne finanzielle oder organisatorische Absicherung. Einfach weil er neugierig und optimistisch ist und zusammen mit anderen «öppis machen will». Ich habe jedes Mal eine grosse Freude, wenn wir uns zufällig irgendwo treffen, was leider viel zu wenig geschieht. Und eine noch grössere Freude habe ich, dass ich mit ihm dieses Gespräch führen durfte, auch wenn die «journalistische Distanz» zwischen Verleger und mir als Autor auf ein Minimum beschränkt ist.

  1. Name: Simon Jacoby
  2. Alter: 30
  3. Erstausbildung: Bachelor Politikwissenschaften und abgebrochenes Kulturjournalismusstudium
  4. Tätig als: Chefredaktor usw. seit 2015

Oder ich scheiterte spektakulär mit meiner Kantonsratskandidatur...

The First: Res Publica - Die öffentliche Sache

Die ganze Sache mit dem Schreiben und Publizieren hat in Adliswil angefangen, als ich 19 Jahre alt war. Als Mitglied des 36-köpfigen Gemeinderates von Adliswil hat es mich enorm gestört, dass in diesem Parlament keine Zuschauer*innen erschienen, weil wir als Legislative keine »Action» boten. Die Sitzungen waren langweilig, die Voten vorhersehbar und die Geschäfte niemals mutig. Das war für mich unverständlich, noch immer finde ich, Politik gehört an die Öffentlichkeit, hier entscheidet sich, wie wir leben wollen.

Damit der Gemeinderat etwas sichtbarer wurde, habe ich auf einer simplen Wordpress-Site begonnen, die Sitzungen zu kommentieren und ein wenig Hintergründe zu vermitteln. Darüber hinaus konnte ich den Blog als Vehikel nutzen, um politischen Vorstössen eine Öffentlichkeit zu geben. Zum Beispiel strebte ich eine Gemeindefusion Adliswils mit Zürich an. Oder ich scheiterte spektakulär mit meiner Kantonsratskandidatur, als ich den Seegemeinden naiv meinen Slogan «Weil SelbstverwirklichungSelbstverwirklichlung geiler ist als Geiz» zumutete.

The Last: Überleben als Sensation

Dieses Jahr haben wir bei Tsüri.ch zum ersten Mal den Break Even in Sichtweite. Das heisst für uns, Ende 2019 haben wir gleich viel Geld auf dem Konto wie vor einem Jahr. Im aktuellen Geschäftsjahr haben wir keine Investitionen getätigt und finanzieren uns ausschliesslich aus dem Tagesgeschäft und überleben, was in der Medienwelt eine Sensation ist. Natürlich zahlen wir uns tiefe Löhne, natürlich haben wir Planungssicherheit auf wenige Monate hinaus, natürlich sind wir schon mehrere Male am Konkurs vorbeigeschlittert. Aber hey, wir leben noch und wir sind gewachsen und wir können Ferien machen.

Wir sind nicht die Journalist*innen, die der Welt sagen, wie wir sie uns vorstellen.

Was ich nicht will: Konkurs zu gehen und dann zu sagen: Hätten wir doch Dies oder Jenes versucht oder gemacht. Wir machen es jetzt, weil wir es können. Deshalb ist Angst auch fast kein Thema für mich: Noch vor einem Jahr hat mich die Verantwortung für die Mitarbeitenden und die grosse Bilanzsumme enorm unter Druck gesetzt. Mittlerweile habe ich gelernt, dass ich keine Energie mit Dingen verwenden will, die ich nicht ändern kann. Und auch wenn es abgedroschen daher kommt: Optimismus hilft.

My Everything: Die Menschen

Ich glaube, es ist wichtig, was wir machen: Ein Lokaljournalismus, der auch ein Debattenort ist und Personen ein Gesicht gibt, die nicht auf der alltäglichen Oberfläche unterwegs sind. Deswegen ist mir auch die Idee der Community so wichtig. Wir sind nicht die Journalist*innen, die der Welt sagen, wie wir sie uns vorstellen. Vielmehr sind wir ein Gefäss, in dem Haltungen und Werte aus den verschiedensten Lebenswelten zusammenkommen. An unseren Events sehe ich das exemplarisch: Wir schaffen ein gutes Gefühl, es macht Spass, die Stimmung ist konstruktiv und lebensfreudig.

Es gibt Tage, da versuche ich es mit Homeoffice, damit ich in Ruhe arbeiten kann, aber auch dann komme ich oft spätestens am Nachmittag ins Büro, einfach weil wir so ein geiles Team haben und es mir zu Hause schlicht zu langweilig ist. Auch wenn Geld und Sicherheit fehlen, ich darf mit den besten Menschen zusammenarbeiten, und wir machen, was wir wollen.

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