Stadt Zürich setzt Zeichen: Rassistische Häusernamen im Niederdorf sollen verschwinden

Die rassistischen Häusernamen im Zürcher Niederdorf sollen entfernt werden. Die Stadt macht damit einen Schritt hin zu einer rassismuskritischen Gesellschaft. Eine wichtige Rolle für den Entscheid spielte auch das Kollektiv «Vo da.».

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Schluss mit rassistischen Häusernamen: Nicht nur das «Dörfli», sondern auch andere Stadtteile kommen im 21. Jahrhundert an. (Foto: Seraina Manser)

Es sei ein Meilenstein. Ein kleiner, aber wichtiger Schritt für eine Gesellschaft frei von Rassismus: Die Stadt Zürich will kolonialistische und rassistische Zeitzeichen im öffentlichen Raum entfernen – oder sie zumindest kontextualisieren. Die Regierung geht damit einer Forderung des Kollektivs «Vo da.» nach, das sich für die Benennung von Rassismus einsetzt. Konkret sollen drei rassistische Häusernamen und ein entsprechendes Wandbild im Niederdorf entfernt werden. Dass die Bestrebungen des Kollektivs nun endlich Früchte tragen, stimmt Dembah Fofanah, Co-Initiant von «Vo da.», zuversichtlich: «Dass sich die Stadt damit beschäftigt und gegen das Konstrukt Rassismus in Zürich aktiv vorgeht, zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind.»

«Offensichtlich rassistisch» – aber nur wenig Handlungsbedarf

Ein Weg, der mühsam zu sein scheint; vor gut einem Jahr wandte sich Fofanah zuerst privat, einen Monat später mit anderen Betroffenen als Kollektiv «Vo da.» an die Zürcher Stadtverwaltung. Ihr Anliegen war es, die Häusernamen «Zum kleinen M», «Zum kleinen M-Kopf» und «Zum M-Tanz» an der Niederdorfstrasse 31, am Neumarkt 22 und an der Predigerstrasse 15 sowie ein rassistisches Wandbild entfernen zu lassen. Die Rückmeldung des Amts für Städtebau erfolgte im Juni 2020: «Der problematische, rassistische Hintergrund der Namen und der Darstellung ist offensichtlich», steht in der schriftlichen Antwort. Trotzdem würde man davon absehen, die Namen zu ändern, da sie «ein Hinweis, eine Erinnerung an eine früher selbstverständliche Haltung» seien. Ein Argument, das vom Kollektiv nicht einfach hingenommen wurde, «zumal die Stadt sich in den Medien und auf der eigenen Website stets als antirassistisch positioniert», so Fofanah.

Auch wenn es ‹nur› Häusernamen sind: Sprache beeinflusst unser Denken ungemein, es ist wichtig, dass wir uns das bewusst werden und die Auseinandersetzung damit nicht scheuen.

Dembah Fofanah, Mitgründer des Kollektivs «Vo da.»

Die Veröffentlichung des Briefes habe einen Stein ins Rollen gebracht, erinnert sich der Zürcher: Über hundert Menschen – Betroffene, aber auch Personen, die Rassismus indirekt wahrnehmen – meldeten sich via Bevölkerungsanliegen bei der Stadtpräsidentin Corine Mauch. Mit Erfolg: Seit Juli 2020 beschäftigt sich die neu geschaffene, zwölfköpfige Projektgruppe «RiöR» der Stadt mit dem Thema Rassismus im öffentlichen Raum – und arbeitete unter anderem den historischen Kontext der besagten Liegenschaften auf. Über diesen Fortschritt hätte er sich zwar gefreut, sagt Fofanah, trotzdem blieb eine gewisse Skepsis bestehen: «Zum einen war keine Person der Projektgruppe persönlich von Anti-Schwarzem-Rassismus betroffen, zum anderen verstand ich nicht, weshalb das Thema bei der Abteilung ‹Integrationsförderung› angesiedelt wurde.» Rassismus sei eben gerade nicht nur ein Migrations- und Integrationsthema, sondern ein Problem in der Gesamtgesellschaft. Zudem sind die Initiant*innen und Menschen in der Community des Kollektivs alle mehrheitlich hier geboren oder seit früher Kindheit in der Schweiz zu Hause.

«Rassismus kennt keine Kompromisse»

Fofanahs Sorgen kamen nicht von ungefähr: «In anderen Städten brauchte es Jahrzehnte, bis rassistische Zeichen wie z.B. Strassennamen oder öffentliche Darstellungen entfernt wurden.» Ausserdem befürchtete das Kollektiv, mit einem Kompromiss vorlieb nehmen zu müssen; beispielsweise mit einer Informationstafel, die das Wandbild erklärt. Für die Mitglieder von «Vo da.» eine unbefriedigende Lösung, die in diesem Falle auch nicht funktionieren würde, denn: «Rassismus kennt keine Kompromisse – entweder etwas ist rassistisch oder nicht», stellt Fofanah klar. Solange das dann bestehen bleibe, sei es problematisch. Aus diesem Grund nahm das Kollektiv einmal mehr die Zügel selber in die Hand. Mit einem Brief boten sie allen zwölf Projektmitgliedern an, ihnen die Perspektive von Betroffenen näher zu bringen. Mit einem Grossteil von ihnen führten Vertreter*innen des Kollektivs daraufhin virtuell Gespräche.

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Richtig zuversichtlich seien sie jedoch erst geworden, als Corine Mauch in einem Interview zu ihrer Wiederkandidatur mit dem Tagesanzeiger ihre politischen Ziele verkündet habe. Neben Fragen zum Klimawandel würde sie bei der Aufarbeitung der kolonialistischen Stadtgeschichte in die Offensive gehen. So oder so scheint sie dieses Versprechen bereits jetzt einzuhalten. «Der Stadtrat will, dass der Umgang mit rassistischen oder anderen problematischen Zeitzeichen im öffentlichen Raum im Einzelfall sorgfältig geprüft wird», steht es in der entsprechenden Medienmitteilung. Würde die Prüfung zeigen, «dass die rassistische oder diskriminierende Wirkung auch durch eine allfällige Kontextualisierung nicht verhindert werden kann, sollen die entsprechenden Zeitzeichen entfernt werden». Heisst: Die Häusernamen im Niederdorf werden – wie vom Kollektiv gefordert – verschwinden. Bei der rassistischen Wandmalerei hingegen müsse man mit der Hauseigentümerin zuerst Rücksprache halten.

Aber nicht nur bei privaten Liegenschaften begegnet die Stadt einigen Hürden, gemäss Mitteilung gibt es auch Darstellungen, die aufgrund ihrer Grösse oder ihres historischen Kontexts nicht ohne Weiteres entfernt werden können. Als Beispiel wird die Malerei in der Aula des städtischen Schulhauses Hirschengraben genannt, welche die «exotisierende Zurschaustellung fremder Völker» zeigt. Für Fofanah mehr als nur kontrovers; gerade, weil sich die Darstellung in einem Schulhaus befindet. Nichtsdestotrotz ist er glücklich über den Entscheid des Stadtrats: «Auch wenn es ‹nur› Häusernamen sind: Sprache beeinflusst unser Denken ungemein, es ist wichtig, dass wir uns das bewusst werden und die Auseinandersetzung damit nicht scheuen.» Die Stadt Zürich gehe mit ihren Bestrebungen als Vorbild voran, denn auch in anderen Städten seien kolonialistische und rassistische Häusernamen keine Seltenheit.

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