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Von Isabel Brun

Redaktorin

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24. Februar 2023 um 11:00

Klima-Briefing im Februar: Bitte anschnallen!

Das Klima-Briefing ist der monatliche Newsletter über Klima-Themen aus Zürich und der Welt. Was uns im Februar 2023 beschäftigt hat: In Basel eskalierte eine Klimademo, in Zürich wird die Solarwende verschoben und in den Alpen gab es so wenig Schnee wie noch nie seit Messbeginn.

Illustration: Zana Selimi

Das Klima-Briefing feiert Geburtstag – Happy Birthday! Schon seit über einem Jahr fasse ich für dich einmal pro Monat (mit Ausnahme von der Sommerpause im August) Neuigkeiten rund um Klima-Themen aus Zürich und der Welt zusammen, die mir während meinen Recherchen über den Weg laufen. 

Wir starten in die Jubiläumsausgabe. Vergangenen Monat schrieb ich über Lüzerath. Ein kleines Kaff im deutschen Bundesland Nordrhein-Westfalen, das von Klimaaktivist:innen besetzt wurde, um den Weiler vor dem Kohleabbau zu bewahren. Der Widerstand seitens der Aktivist:innen sorgte für einen riesigen Polizeieinsatz; einige unschöne Szenen und mindestens blaue Flecken. Entsprechende Kritik liess nicht lange auf sich warten. Nun haben sich auch Schweizer Klimaaktivist:innen zusammengetan und planen ein Lüzerath 2.0 in Basel. Wie das Onlinemagazin Bajour berichtet, will eine Gruppe im Rahmen des globalen Klimastreiks vom 3. März den Ort Muttenz im Kanton Baselland aufmischen. Dort soll nämlich das erste Flüssiggasterminal der Schweiz entstehen. Der Klimaaktivistin Helma Pöppel ist das ein Dorn im Auge: «Der Ausbau von fossilen Energien befeuert proaktiv die Klimakatastrophe.» Doch anders als in Lüzerath soll der Widerstand auf legalem Weg passieren. Wie genau, könne Pöppel aber noch nicht sagen. 

Eine eskalierte Demo und besetzte Schulen

Auch nicht legal war die «revolutionäre Klimademo» von Anfang Februar in der  Basler Innenstadt – und dementsprechend wild ging es dabei zu und her. Gemäss Watson trafen rund 300 Demonstrierende auf die Polizei. Das Resultat: fliegende Steine, Gummischrot und Reizgas. Auf eine Eskalation schien man auf beiden Seiten jedoch vorbereitet: Ein Grossteil der Demo-Teilnehmenden sei vermummt und mit Schutzbrillen ausgerüstet gewesen; Versuche seitens der Polizei, in einen Dialog zu treten, mit Pfiffen quittiert worden. Auf die Ausschreitungen reagierten nicht nur Medien, auch viele Politiker:innen von rechts und links äusserten sich kritisch zu dem Vorgehen des Revolutionären Klimakollektivs (RKK), das im Vorfeld für den Protest aufgerufen hatte. Er lehne solche Demos komplett ab, twitterte der SP-Politiker Pascal Pfister. Die Aktionsform, der Ort und Zeitpunkt seien komplett sinnlos und die Absichten dahinter verstehe er nicht. Im Gegenteil: «Die dahinterstehenden Organisationen schaden damit der Klimabewegung», so Pfister. 

Auch Helma Pöppel distanzierte sich im Namen des Klimastreiks Basel von der verantwortlichen Gruppierung: «Unsere Demos sind immer angemeldet. Für uns ist das ein Grundsatz, weil wir wollen, dass alle Menschen kommen können, ohne dass sie mit rechtlichen Konsequenzen rechnen müssen», sagte sie nach den Vorfällen gegenüber Bajour. Der Klimastreik und die Klimabewegung seien im Allgemeinen friedlich und gewaltbereite Demos nur ein Randphänomen. Nichtsdestotrotz beurteilt sie den Einsatz der Polizei kritisch und der Einsatz von Gummischrot aus nächster Nähe sei nicht zu rechtfertigen. 

Und was sagt das RKK dazu? Die Medienberichterstattung wolle man zwar nicht kommentieren, empfinde sie jedoch als «Hetze», schreiben die Verantwortlichen einige Tage später auf ihrer Webseite: Der Vorwurf, dass nur auf die Strasse gegangen wurde, um Gewalt auszuüben sei falsch. «Es ist absurd zu glauben, die Leute wollen die Konfrontation.» Stattdessen sei ihr Anliegen so wichtig, «dass sie in Kauf genommen wird». Der Grund, weshalb sie den Protest nicht haben bewilligen lassen, sei, dass die Behörden selber an der Klimakrise mitverantwortlich seien. «Im Kapitalismus ist die Hauptfunktion des Staates, möglichst gute Bedingungen für die Firmen zu garantieren.» Und für sie sei klar: Solange der Kapitalismus funktioniere, könne man die Klimakrise nicht lösen. 

Das Revolutionäre Klimakollektiv Basel ist auch in den Sozialen Medien präsent. (Foto: Screenshot Instagram/jetzt.kaempfen)

Einen anderen Fokus legten die Klimaaktivist:innen der «Letzten Generation» des Kollektivs «Erde brennt», als sie in den vergangenen Wochen in Basel und Zürich zwei Schulen besetzten – unter anderem die Kantonsschule Enge. Sie forderten konkrete Änderungen im Schweizer Schulsystem: Sogenannte «Gegenwartslektionen», in denen man mehr über Krisen und Aktuelles lernen soll, einheitliche und schweizweite Klimakursmodule sowie mehr psychologische Betreuung und mehr Freiheiten im Absenzen-System. Dazu führten die Besetzer:innen Workshops und Vorträge durch. Wie Watson schreibt, seien viele der Aktivist:innen selber Schüler:innen zwischen 15 und 18 Jahren. Für die Besetzungen hätten sie also selber die «schwänzen» müssen. Anders als bei anderen Besetzungen schien die Allgemeinheit die «Übernahme» nicht mit einem Polizeieinsatz aufzulösen. «Wir haben niemanden eingeladen und möchten auch keine Schule sein, die jeden Monat besetzt wird.» Einer Debatte und Diskussion müsse man sich jedoch stellen, wird der Rektor Moritz Spillmann im Beitrag zitiert. Gleicher Meinung wie die Aktivist:innen sei er jedoch nicht – zumindest was die Vorgehensweise betrifft. Deshalb würden die Teilnahmen der Schüler:innen an den Events auch mit Absenzen quittiert. 

Trotzdem scheint die Besetzung ihre Spuren hinterlassen zu haben. Nachdem sich die Klimastreik-Aktivist:innen mit einem Brief an die Zürcher Bildungsdirektion gewandt hatten, teilte diese mit, dass dessen Direktorin Silvia Steiner zu einem persönlichen Austausch bereit sei, so der Mediensprecher der Bildungsdirektion, Daniel Wirz, gegenüber 20 Minuten: «In diesem Gespräch können auch die Forderungen der Schülerinnen und Schüler thematisiert werden.»

Das sonnige Wetter Anfang Woche liess nicht nur bei mir Vorfreude auf den Frühling aufkommen. Auch unter den Zürcher Parlamentarier:innen liess die Sonne das Solar-Thema wieder aufflammen. Es soll endlich vorwärts gehen mit dem Ausbau von erneuerbaren Energien – genauer gesagt der Solarenergie. Dazu hat die Klima-Allianz, bestehend aus SP, Grünen, GLP, EVP und AL, einen Vorstoss eingereicht. Darin fordert sie, dass bei Neubauten künftig nicht nur auf dem Dach, sondern auch an der Fassade Panels angebracht werden sollen, um möglichst viel Sonnenenergie nutzen zu können. Das berichtet die NZZ. Ausserdem sollen auch bestehende Gebäude in Industrie- und Gewerbezonen, ungedeckte Parkierungsanalgen und öffentliche Bauten bis ins Jahr 2035 nachgerüstet werden.

Diesem «Nachrüstungs-Zwang» stehe die FDP kritisch gegenüber: Auf öffentlichen Gebäuden zur Vorbildwirkung und für Parkierungsanlagen seien Solarpanels eine gute Idee, so die Kantonsrätin Sonja Rueff-Frenkel. Es sei ein zu grosser Eingriff in die Eigentumsfreiheit der Hausbesitzer:innen. Trotz den Zweifeln von Mitte-Rechts wurde die parlamentarische Initiative schliesslich angenommen. Allzu schnell wird es aber dann wohl doch nicht gehen: Die Vorlage wird nun in einer entsprechenden Kommission beraten und kommt danach nochmals zur Abstimmung. Und auch wenn sie dann angenommen würde: Der Hauseigentümerverband hat laut NZZ bereits angekündigt, dagegen vorzugehen.

Dabei wäre es eigentlich im Interesse aller, dass Photovoltaik-Anlagen schweizweit zur Pflicht werden. Dadurch könnten Private auch mehr Unterstützung vom Bund verlangen. Meiner Logik zufolge jedenfalls. Dass es mit Subventionen aber nicht getan ist, zeigte erst kürzlich eine Untersuchung der ETH Zürich und der Universität Bern, dass der aktuelle «Flickenteppich» den Solarausbau ausbremst. Ob sich ein Wechsel von fossilen Brennstoffen auf Solarenergie lohnt, sei abhängig davon, wo in der Schweiz sich das Gebäude befindet. Das Resultat erstaunt: Gemäss den Analysen von 2067 Städten und Gemeinden, lohnt es sich für eine:n Besitzer:in eines Einfamilienhauses mit Gasheizung nur in knapp der Hälfte der Fälle, Solarpanels zu installieren. Das habe damit zu tun, dass nicht alle Stromnetzbetreiber:innen gleich viel für Solarstrom bezahlen. Abhängig vom Anbieter hätten Hausbesitzer:innen im Jahr 2022 demnach zwischen 5 und 22 Rappen pro Kilowattstunde für selbst erzeugten Solarstrom erhalten und bezahlten zwischen 12 und 34 Rappen für die gleiche Menge Strom, heisst es in der Medienmitteilung.

«Je weniger der lokale Stromnetzbetreiber für den eingespeisten Solarstrom zahlt und je mehr er für den gelieferten Strom verlangt, desto eher passen Hausbesitzer:innen die Grösse ihrer Solaranlage auf den Eigenverbrauch an. In manchen Fällen heisst das, dass sie weniger grosse Anlagen bauen und weniger Strom erzeugen, als sie eigentlich könnten», erklärt der ETH-Professor Tobias Schmidt. Eine grössere Solaranlage, die mehr Solarstrom ins Netz einspeist, als der Haushalt selbst konsumiert, lohne sich aber vor allem dort, wo die Vergütung hoch ist. In der Stadt Zürich sei diese relativ tief. Zwar gebe es in der grössten Stadt in der Schweiz hohe Subventionen und Steuerabzüge, vergangenes Jahr habe es sich für Hausbesitzer:innen eines Einfamilienhauses mit Gasheizung jedoch nicht ausgezahlt, auf Solarenergie umzusatteln.

Gerade einmal 7,9 Rappen erhielten Haushalte mit Solarpanels für eine Kilowattstunde Strom. Im Vergleich zum Strompreis von 24,4 Rappen pro Kilowattstunde ein denkbar schlechter Deal. Darauf angesprochen rechtfertigt sich die verantwortliche Netzbetreiberin EWZ gegenüber SRF mit den Worten, dass die Daten noch aus dem Jahr 2022 bestünden. «2023 hat EWZ in allen drei relevanten Dimensionen – bei Rückliefertarifen, Förderung und Stromtarifen – massive Anpassungen gemacht.» Deshalb würden sich heute auch Solaranlagen auf Einfamilienhäuser lohnen.

Während der Anreiz für Besitzer:innen von Einfamilienhäuser in der Stadt Zürich also relativ klein ist, sieht es bei den Mehrfamilienhäuser etwas anders aus: «Bei Mehrfamilienhäusern mit grösseren Dächern lohnt sich eine Solaranlage fast immer», so Schmidt. Noch rentabler werde es mit einer Wärmepumpe, da dann der Eigenbedarf höher wird und dadurch mehr beim gekauften Strom gespart werden könne. 

Je heller die Gemeinde eingefärbt ist, desto mehr Geld erhalten Hausbesitzer:innen für eine Kilowattstunde Solarstrom. Dunkelgrau bedeutet, dass die Gemeinde nicht untersucht wurde. (Grafik: Tobias Schmidt / ETH Zürich)

Die Strategie der Stadt, bis ins Jahr 2030 das Vier- bis Fünffache an Solarstrom zu produzieren, macht also durchaus Sinn. 120 Gigawattstunden Strom sollen die Anlagen dann generieren. Zu wenig, fand das Stadtparlament und reichte bereits 2019 einen Vorstoss ein, der 300 Gigawattstunden – was zehn Prozent des Gesamtverbrauchs entspricht – verlangt. Zuerst willigte die Stadt ein, nun krebst sie zurück. Wie aus einem Bericht hervorgeht, wird die einst beschlossene Massnahme widerrufen. Angesichts des Fachkräftemangels sei das Ziel nicht realisierbar, so der Stadtrat. 2500 neue Solaranlagen müssten jährlich gebaut werden, um das Ziel von 300 Gigawattstunden zu erreichen – per Ende 2022 sei die installierte Kapazität jedoch nur bei 39 gelegen. Der Mangel an Fachkräften sei «ein Flaschenhals» für die Ausbaupläne, so der Zürcher Stadtrat Michael Baumer (FDP). 

Ganz weg vom Ziel kommt man jedoch nicht: Anstelle bis 2030 sollen die zehn Prozent nun bis 2040 erreicht werden. Die NZZ rechnet vor, dass dementsprechend pro Jahr rund 14,5 Gigawattstunden zugebaut werden müssten. In den Jahren 2010 bis 2019 sei das Photovoltaikpotenzial in der Stadt jährlich aber bloss um 2,5 Gigawattstunden gewachsen. Bei diesem Tempo wären die 300 also erst in über hundert Jahren erreicht. Immerhin das hat die Stadt begriffen – und entschieden, Hauseigentümer:innen, die eine Solaranlage installieren wollen, noch stärker mit Fördergeldern unter die Arme zu greifen. Seit dem 1. Februar 2023 bezahlt sie auch Mittel, die nur indirekt mit einer Photovoltaikanlage zu tun haben. 

Während es in der Stadt Zürich nur schleppend vorwärts geht, düst die Idee, Solarpanels an Autobahnen zu installieren, regelrecht an uns vorbei. Seit dem 1. Oktober 2022 dürfen Lärmschutzwände, Fassaden und Dächer in Bundesbesitz für die Produktion von Strom genutzt werden. Daraufhin sagte Thomas Rohrbach vom Bundesamt für Strassen (Astra) gegenüber dem Tages-Anzeiger: «Das Interesse ist sehr gross.» Über 300 Anfragen von 35 Unternehmen und interessierten Personen seien bis Ende Januar eingegangen. Die zweite Bewerbungsrunde läuft nun noch wenige Tage, dann entscheide man über die Zuschläge. Konkret ausgeschrieben wurden 350 Lärmschutzwände und 100 Rastplätze. Laut dem Tages-Anzeiger hatte ein Bericht aus dem Jahr 2021 gezeigt, dass das Potenzial von Photovoltaik entlang der Nationalstrassen 55 Gigawattstunden pro Jahr beträgt, was dem jährlichen Strombedarf von rund 22'000 Haushalten entspricht.

Solar statt Schnee in den Alpen

Bei all den Neuigkeiten zur Solarenergie fragte ich mich, wie es mittlerweile um die Pläne in den Alpen steht. Zur Erinnerung: Im September nahm der Ständerat den indirekten Gegenvorschlag zur Gletscher-Initiative an, weshalb der Tages-Anzeiger den 15. September 2022 zum «Tag der Solarwende» kürte (ich schrieb davon im Klima-Briefing von Ende September). Warum? Darum: Schafft es die Vorlage unverändert bis vor das Stimmvolk, sollen während zehn Jahren jährlich 200 Millionen Franken aufgewendet werden, um den Ausstieg aus Öl- und Gasheizungen voranzutreiben, die Solarpflicht auf Neubauten eingeführt und Photovoltaik-Grossanlagen auf freien Flächen in den Bergen einfacher möglich werden. Zum Beispiel solche in hochalpinen Gebieten wie Grengiols und Gondo im Wallis. Dort stehe man gleich mit mehreren Grossprojekten in den Startlöchern, so das SRF. «Der Gschnäller isch der Gschwinder», laute die Devise. Der Grund ist einmal mehr das liebe Geld: Der Bund subventioniert den Bau von Grossanlagen mit mehreren Millionen Franken. Andere Kantone ziehen nach. Gemäss SRF sind auch im Bündnerland zehn Grossprojekte in Planung. 

Ob die Bergregionen nun eine andere Strategie verfolgen und anstelle dem Schneesport auf Solarenergie setzen? Eine einigermassen steile These, aber nachdem Anfang Februar Fotos von einem einsamen Streifen Kunstschnee inmitten der Graslandschaft kursierten, vielleicht gar nicht so abwegig. Auch die Auswertungen des Bundesamt für Umwelt (Bafu) zeigen: Der Winter 2022/2023 brachte neue Negativwerte hervor.«Es gibt mehrere Messstellen, wo neue Tiefstwerte für die Jahreszeit verzeichnet werden», sagt David Volken, Hydrologe beim Bundesamt für Umwelt, Mitte Februar in einem SRF-Beitrag. Die derzeitige Schneesituation sei eher mit der Zeit zwischen Ende März bis Mitte April vergleichbar – und die Schneedecke müsste laut ihm doppelt so hoch sein. 

Wie die Klimakrise die Schneesituation in den Schweizer Bergen verändern wird, hat die NZZ zu eruieren versucht. Klar ist: Die Neuschneetage werden in allen Regionen und unabhängig der Höhenmeter in der ganzen Schweiz abnehmen. Wie viel es wo aber dann tatsächlich schneien wird, könne man nicht ganz genau sagen – zu viele Faktoren spielen eine Rolle. So würden beispielsweise die Orte Ulrichen im Wallis und Adelboden im Kanton Bern beide auf 1300 Metern über Meer liegen, haben aber ganz unterschiedliche Verhältnisse: Ulrichen im Obergoms sei ein bekannter «Kältesee», erklärt Schnee- und Lawinenforscher Christoph Marty. Dort gebe es viele Stauniederschläge, weshalb in Ulrichen selbst dann noch Schnee liegen könne, wenn die Wiesen in Adelboden bereits grün seien. Das Schneesportmekka befinde sich am Hang. Kalte Luft fliesse dort einfach weg. Ausserdem könne aus Westen relativ ungehindert milde Luft über den knapp 2000 Meter hohen Hahnenmoospass einströmen. So falle in Adelboden zwar Schnee, dieser bleibe jedoch nicht lange liegen.

Genaue Berechnungen, wie viel Schnee wie wir in den kommenden Jahren in der Schweiz haben werden, seien jedoch schwierig, schreibt die Zeitung, weil sich Niederschläge weniger gut prognostizieren liessen als zum Beispiel die Temperaturen. Das gilt schon für das Wetter – und erst recht für das Klima.

Besser Bescheid weiss man über die Veränderungen in der Vergangenheit. Laut Watson war die Schneedecke auf dem über 2000 Meter hohen Simplonpass Mitte Februar gerade einmal 26 Zentimeter dick – das sei seit Messbeginn im Jahr 1955 zu dieser Jahreszeit noch nie vorgekommen. Das Onlineportal hat die aktuelle Schneehöhen-Karte der Meteo-Plattform ventusky.com über diejenigen der Vorjahre gelegt. Hier kannst du dir die Vergleiche anschauen. 

Foto: Elio Donauer

Klimakopf des Monats: Martin Neukom

Über 160'000 Stimmen erhielt Martin Neukom am 12. Februar 2023, als der Kanton Zürich sein Parlament und seine Regierung neu wählte. Der grüne Regierungsrat kann also seine zweite Amtszeit antreten. Als er 2019 gewählt wurde, schaffte er damit eine kleine Sensation, weil er unerwartet einem Freisinnigen den Sitz (und vielleicht auch die Show) stahl. «Die Bevölkerung will eine neu Politik, die sich stärker an Ökologie orientiert», sagte der damals 32-Jährige in einem Interview mit der NZZ. Vier Jahre, Corona und einen Kriegsausbruch später sieht die Welt schon wieder etwas anders aus. Nach dem Riesenerfolg im Wahljahr 2019 konnte die Klima-Allianz aus SP, Grüne, AL, EVP und GLP bei den diesjährigen Kantonsratswahlen ihre Mehrheit im Parlament nur knapp halten. Und nun, nachdem die GLP-Politikerin Isabel Garcia ihren Wechsel zu FDP angekündigt hat, wird es in Zukunft noch knapper werden für grüne Anliegen. So oder so zeigten die Zürcher Wahlen: Die grüne Welle ist vorbei. Die Grünen verlieren drei Sitze, die GLP stagniert – wohl zum ersten Mal in ihrer jungen Geschichte. 

Doch zurück zu Martin Neukom. Dass er den Grünen den Rücken kehrt, ist wohl höchstunwahrscheinlich. Zumal er in den letzten beiden Jahren mit sehr konkreten Forderungen zum Klimaschutz erfolgreich war. Zusammen mit seinem Departement, der Baudirektion, brachte er das kantonale Energiegesetz zur Abstimmung, schaffte es, dass sich der Kanton zur Kreislaufwirtschaft bekennt und auch das Netto-Null-Ziel des Kantons stammte aus seiner Feder. Neukom scheint noch immer auf der grünen Erfolgswelle zu reiten. Ob es für den studierten Ingenieur mit Masterabschluss in Solaren Energiesystemen ähnlich weitergeht, wird sich im Frühling zeigen. Dann werden die Departemente neu verteilt. 

Kurz & knapp:

  1. Die UN fordert Anpassungen im Flüchtlings- und Völkerrecht, weil wegen des Anstiegs des Meeresspiegels künftig 900 Millionen Menschen in Küstenregionen in Gefahr sein würden. «Ganze Länder könnten für immer verschwinden», wird der UN-Generalsekretär António Guterres in der Zeit zitiert. Lücken im Völker- und Flüchtlingsrecht sollen deshalb geschlossen werden, um Menschen abzusichern, die unter den Folgen der Klimakrise ins Exil gezwungen würden. Zwischen 1900 und 2018 stieg der Meeresspiegel gemäss UN-Klimaexpert:innen um 15 bis 25 Zentimeter an. Werde unsere Welt um zwei Grad wärmer, würde er voraussichtlich um weitere 43 Zentimeter ansteigen – bei plus drei oder vier Grad sogar bis um 84.

  1. Das Zürcher Filmfestival (ZFF) soll grüner werden – und erhält dafür mehr Geld von der Stadt. Ingesamt 500'000 Franken erhalten die Veranstalter:innen ab diesem Jahr. 150'000 mehr als zuvor. Das hat das Zürcher Parlament Anfang Februar entschieden. (Mein Kollege Steffen Kolberg hat die Diskussion im Rat mitverfolgt und im Gemeinderats-Briefing zusammengefasst.) Unter einer Bedingung: Das ZFF muss klimaneutral werden. Bereits vergangenen Oktober reichten zwei Gemeinderät:innen von den Grünen einen entsprechenden Vorstoss ein, der fordert, dass die Stadt prüfen soll, wie klimafreundlich das Festival tatsächlich ist. Zwar behaupte das ZFF, klimaneutral zu sein,  aber: «Offenbar liegt noch keine Analyse der CO2-Emissionen des ZFF vor; Filmschaffende werden nach wie vor aus europäischen Städten eingeflogen und müssen sich in Luxuslimousinen zum Sechseläutenplatz fahren lassen», heisst es im Postulatstext. Mit der Erhöhung des Budgets soll sich dies ändern. 

  1. Norditalien im Fadenkreuz der Klimakrise: In den italienischen Alpen sei in den vergangenen Monaten 53 Prozent weniger Schnee gefallen als im langjährigen Durchschnitt, berichtet die dpa (hier in der Zeit). Umweltschützer:innen zeigen sich deshalb besorgt, denn weniger Schnee im Winter bedeutet auch weniger Wasser im Sommer. Sie verlangen deshalb vom Staat, dass er verschiedene Massnahmen ausarbeitet; zum Beispiel zur Reduzierung des Wasserkonsums und zur besseren Verwertung des Regenwassers. Bereits jetzt macht sich  verschiedenen Medienberichten zufolge (hier der Spiegel) in Italien die Dürre bemerkbar: Der Gardasee hat so wenig Wasser, dass eine Insel zu Fuss erreichbar ist. 

  1. Dass das Hautkrebsrisiko steigt, wenn wir mehr Sonne abbekommen, ist wohl allgemein bekannt. Dass die Zahl an Betroffenen in den letzten Jahren markant anstieg, zeigt jedoch, dass die Gefahr zu oft unterschätzt wird. Jährlich sterben in der Schweiz 130 Frauen und 190 Männer an schwarzem Hautkrebs, schreibt der Beobachter. Ausserdem habe sich die Zahl der Neuerkrankungen in den letzten 30 Jahren mehr als verdoppelt. Das habe auch mit der Klimakrise zu tun, so der NDR. Mehr warme, wolkenlose Tage gleich mehr Sonnenstunden, in denen wir der UV-Strahlung ausgesetzt sind. Besonders gefährlich sei die Strahlung im März und April. Das man sich in diesen Monaten selten ausreichend schützen würde. Deshalb: Eincremen nicht vergessen!

  1. Mehr Sonne wird es ziemlich sicher auch in der Stadt Zürich geben. Heisst auch: Der nächste Sommer wird vermutlich wieder ganz schön heiss. Bereits in den letzten Jahren war die Schweiz regelmässig von sogenannten Hitzewellen betroffen – also von mehreren Tagen in Folge mit Temperaturen von über 30 Grad. Die Gründe kennt man zwar bereits: Entweder Luft aus wärmeren Regionen gelangt in kühlere, beispielsweise aus der Sahara nach Mitteleuropa; Luft sinkt in einem Hochdruckgebiet ab und erwärmt sich dabei durch Kompression; oder die Sonne heizt den Boden ungewöhnlich stark auf, so dass die darüber liegende Luft stärker als üblich erwärmt wird. Während die Prozesse gut erforscht seien, sei die Fachwelt sich bisher unsicher gewesen, welcher der drei am wichtigsten ist. Nun haben zwei ETH-Forscher Licht ins Dunkel gebracht, indem sie 250 Millionen Luftpakete untersucht haben. Das Ergebnis sei aber nicht so eindeutig, da das Zusammenspiel der drei Faktoren regional extrem unterschiedlich sei. Jeder dominiere in gewissen Regionen der Welt, aber sehr oft würden Hitzewellen durch ein komplexes Zusammenspiel aller drei Mechanismen entstehen. Spannend: In Zentraleuropa ist nicht in erster Linie die Sahara-Luft verantwortlich für die Hitze. «Die heisse Luft am Boden kommt meistens vom Atlantik her zu uns und wird dann hier durch das Aufheizen am Boden und Kompression erhitzt», so der Atmosphärenphysiker Mathias Röthlisberger in der entsprechenden Medienmitteilung.

Bild: Screenshot Vegane Vibes

Rezept des Monats: Geschmorte Rote Beete mit Walnüssen

Zutaten für 4 Portionen 
Zubereitungszeit: 60 min

Zutaten:

  1. 4 Stück mittelgross Rote Beete (in der Schweiz auch Randen genannt)
  2. 15 ml Bratöl
  3. 35 ml Orangensaft oder Saft einer halben Orange
  4. 45 ml Ahornsirup alternativ Kokosblütenzucker oder Rohrohrzucker
  5. 30 ml Balsamico Essig
  6. 30 ml Tamari oder eine andere Sojasauce nach Wahl
  7. 100 g Walnüsse

Backofen auf 180 Grad Umluft vorheizen. (Tipp: Rote Beete kann die Hände und Oberflächen einfärben. Handschuhe tragen, Kleidung und Oberflächen schützen.) Rote Beete schälen und in Spalten schneiden. In eine mittelgrosse Auflaufform geben. Für die Marinade Öl, Orangensaft, Ahornsirup, Balsamico und Tamari in eine Schüssel geben und mit einem Löffel verrühren. Über die Rote Beete in die Auflaufform giessen und noch einmal durchrühren. In den Ofen schieben und 30 Minuten schmoren (gerne abgedeckt). Aus dem Ofen nehmen (Ofen nicht ausschalten) und die Walnüsse unterrühren. Zurück in den Ofen geben und weitere 15 bis 30 Minuten garen (oder bis die Rote Beete weich ist).

Temperatur während der Backzeit im Blick haben, falls die Walnüsse zu braun werden oder gar anfangen zu verbrennen, Temperatur zurückdrehen und dafür etwas länger backen. Sofort geniessen oder bis zu drei Tagen im Kühlschrank abgedeckt lagern.

Die Good-News zum Schluss

Eins vorneweg: Fliegen ist per se nicht gut für die Umwelt. 2 bis 2,5 Prozent der global durch Menschen verursachten CO2-Emissionen entstammt alleine aus dem Luftverkehr. Ganz ohne Flugzeuge wird unsere Welt aber vermutlich nicht mehr auskommen. Schadensminimierung, lautet (auch hier) die Devise. Aus diesem Grund wird schon seit einigen Jahren an verschiedenen Lösungen geforscht, die ökologischer sind als der bisherig verwendete. Eine davon ist synthetisches Kerosin. Ja, ich musste es auch zweimal lesen. Aber anscheinend soll es das geben. Entwickelt vom Zürcher Start-up Metafuels in Zusammenarbeit mit dem Paul-Scherrer-Institut. Wie der Tages-Anzeiger schreibt, handelt es sich dabei um ein Gemisch aus Wasserstoff, Kohlendioxid und Strom aus erneuerbaren Quellen, das zuerst zu grünem Methanol und danach weiter zur Kerosin-Alternative verarbeitet wird. Dadurch könne der Kohlenstoffausstoss im gesamten Lebenszyklus des Kraftstoffs um ganze 80 bis 90 Prozent gesenkt werden – je nachdem, wo dieser produziert werde. Nun sei man am Punkt, an dem die Errungenschaft getestet werden soll, «um sie in naher Zukunft im grossen Massstab kommerziell zu nutzen», wie es in der Medienmitteilung des Instituts heisst. 

Übrigens: Theoretisch würde es nachhaltige Treibstoffe für Flugzeuge bereits geben. Eine finnische sowie eine US-amerikanische Firma produzieren nachhaltiges Kerosin aus biologischen Rohstoffen wie zum Beispiel altem Speiseöl und landwirtschaftlichen Reststoffen. Das Problem seien die Preise, so der Tagi: Die ökologischeren Treibstoffe würden als bis zu dreimal so teuer gelten wie Kerosin aus fossilen Quellen, was seine Etablierung stark erschweren würde. Darum werde momentan weniger als ein Prozent nachhaltiger Kraftstoff auf kommerziellen Flügen verwendet. Wir hoffen also auf Besserung!

Event-Tipps

  1. 27.02. um 19 Uhr im Kraftwerk Zürich: Veranstaltung zum Klimalabor des Onlinemagazins Republik «Die Klimakrise ist hier. Die Lage ist ernst. Was tun?»
  2. 03.03. ab 17:30 Uhr auf dem Münsterhof in Zürich: Globaler Klimastreik unter dem Motto «Fossile Welle brechen» (Infos zu Demos in anderen Städten findest du hier)
  3. 13.03. um 18:30 Uhr im Klimapavillon auf dem Werdmühleplatz: «Stadtklimainitiativen konkret: Wie wir Zürichs City umbauen (Fokus Kreis 1-6)» und am29.03. um 18:30 Uhr «Stadtklimainitiativen konkret: Wie wir Zürichs City umbauen (Fokus Kreis 11 und 12)»
  4. 23.03. um 19:30 Uhr in der Roten Fabrik: Film-Screening von Films for Future mit anschliessender Diskussion «Eine neue Welt – Widerstand: Klimawandel als strukturelles Problem»

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