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Von Simon Jacoby

Co-Geschäftsleitung & Chefredaktor

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13. Januar 2019 um 08:58

Übersicht: Das machen die Zürcher Quartiervereine

Sie setzen sich ein für die Bevölkerung, organisieren Veranstaltungen und stehen neu unter politischem Druck: Was machen eigentlich unsere Quartiervereine?

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Fünfundzwanzig Quartiervereine (QV) gibt es in der Stadt Zürich. Viele leisten wertvolle Arbeit für den gesellschaftlichen und politischen Zusammenhalt in den Quartieren, finanziell unterstützt werden sie von der Stadt. Seit die Politik die Überprüfung der 330'000 Franken Subventionsgelder angekündigt hat, sind die Vereine unter Druck.

Gemäss der NZZ fassen die Quartiervereine diese Überprüfung als einen «Frontalangriff» und «Vertrauensverlust» auf. Nun liegen exklusiv Ergebnisse einer Befragung vor, die Tsüri.ch in den Quartiervereinen durchgeführt hat. Von den 25 haben 11 Vereine die Umfrage teilweise oder komplett ausgefüllt.

Die Antworten zu Anzahl Mitglieder, Verwurzelung im Quartier, Budget, Vermögen und Subventionsbeiträgen zeigen auf, wie gross die Unterschiede zwischen den Zürcher Quartiervereinen ist.

1. Was machen die Quartiervereine?

Die städtischen Quartiere werden sehr unterschiedlich intensiv von ihren Vereinen belebt. Obenaus schwingt Wipkingen, wo der Quartierverein jede Woche einen Markt organisiert.

In der Umfrage konnten die QV angeben, welches ihrer Meinung nach der innovativste Event ist, den sie selber organisieren. Hier die Antworten:

  • Seebach: Dorfchilbi
  • Enge: Quartiertisch (spontane Ideen aus dem Quartier werden aufgenommen und umgesetzt)
  • Aussersihl-Hard: Herbstfest
  • Witikon: Neuzuzüger*innen-Brunch, Neujahrsapéro
  • Wipkingen: Singen im Rudel
  • Industriequartier: Kinderfasnacht & Street-Soccer-Turnier
  • Affoltern: Unterdorf-Fäscht
  • Wiedikon: Vorstellung junger Sportler*innen bei Eröffnung Sport-Anlage Heuried

2. Wie können sich die Menschen beteiligen?

Ein Quartierverein hat die Aufgabe, das Zusammenleben in den Quartieren zu fördern. Dazu gehört es auch, die Anliegen und Inputs der Mitglieder und der Bevölkerung aufzunehmen und allenfalls in den politischen Prozess zu bringen. Wir wollten von den Vereinen wissen, wie sich die Menschen in ihrem Quartier beteiligen können.

Gemäss der Umfrage finden viele Anliegen aus der Bevölkerung via Events und E-Mail ihren Weg in den Vorstand des Quartiervereins. Einige führen auch gezielt Umfragen zu bestimmten Themen durch und holen so die Interessen der Menschen ab.

Welches ist das wichtigste Anliegen aus der Bevölkerung, das aufgenommen wurde?

  • Seebach: Keines.
  • Enge: Anliegen in Bezug auf Lärmbelästigung, Verkehr- und Natelantennenklagen
  • Oerlikon: Nachtlärm, Littering, Fluglärm, Verkehrsführung, ÖV-Linien
  • Aussersihl-Hard: Verkehr, Nachtfahrverbot, Lärm + Littering, Bau
  • Riesbach: bezahlbares Wohnen
  • Witikon: Verlängerung der Witiker Buslinie ins Stadtzentrum
  • Wipkingen: Zentraler Dorfplatz
  • Industriequartier: Lösung für die Zustände rund um die Drogenszene auf dem Platzspitz und später beim Letten in den 80er- und 90er-Jahren mit den Auswirkungen auf das Quartier, aber auch der Kampf gegen das Ypsilon-Autobahnprojekt, welches mit vereinten Kräften in den 70er-Jahren verhindert wurde.
  • Wollishofen: 30er-Zone
  • Affoltern: Tram Affoltern und Zentrumsentwicklung
  • Wiedikon: Schliessung der Ticketeria am Goldbrunnenplatz zu verhindern

3. Anzahl Mitglieder

Die Differenzen sind riesig: Auf 950 Mitglieder kommt der grösste Quartierverein, der an der Umfrage teilgenommen hat – Wipkingen. Auf dem letzten Platz liegt die Vertretung des Industriequartieres im Kreis 5 mit 175 Mitglieder.

Auf die Frage, welche Vorteile ihre Mitglieder haben, antworten alle Vereine fast deckungsgleich. Es gehe 1. um die Vernetzung im Quartier, 2. um die Teilnahme an Events und 3. um die Möglichkeit der Mitbestimmung innerhalb des Vereins und bis zum Einfluss auf die städtische Politik.

4. Wie gut repräsentiert der QV sein Quartier?

Natürlich, die Anzahl Mitglieder alleine sagt noch nicht viel darüber aus, wie stark verankert ein Quartierverein tatsächlich ist. Die folgende Grafik zeigt, wie viele Prozent der Bewohner*innen eines Quartiers Mitglied im entsprechenden QV sind.

Die repräsentativsten Vereine sind jene in Witikon (10%), Enge (7%) und Wipkingen (6%).

Die Quartiervereine denken mehrheitlich, dass sie das Quartier und dessen Bevölkerung gut repräsentieren. Eine Ausnahme ist die Vertretung aus dem Industriequartier, welche auf die entsprechende Frage antwortet: «Nein, aktuell sicher absolut nicht. Die Öffnung für alle Bevölkerungsschichten und Vernetzung mit allen anderen im Quartier tätigen Organisationen ist aber seit der letzten GV Ende Juni 2018 im Gange.»

5. Wer führt den Verein?

Alle Quartiervereine, welche die Frage nach der geschlechtermässigen Zusammensetzung ihres Vorstandes beantwortet haben, verzeichnen einen Männerüberschuss im Führungsgremium. Allerdings sind, mit Ausnahme des QV Witikons, jeweils mindestens 40 Prozent der Vorstandsmitglieder weiblich.

Zum Vergleich: In der Schweizer Wirtschaft sind lediglich 7 Prozent der Führungspositionen mit Frauen besetzt.

Die parteipolitische Zusammensetzung der Vorstände ist, soweit bekannt, ausgewogen.

6. Wer ist im Verein?

Bisher haben wir über die Grösse, die Repräsentation und die Zusammensetzung des Vorstandes gesprochen. Nun schauen wir uns an, wer tatsächlich in den Quartiervereinen Mitglied ist. Die QV wurden gebeten, ihre Mitglieder nach Alter, Geschlecht und Schweizer*in/Nicht-Schweizer*in aufzuteilen.

Einige der teilnehmenden QV konnten diese Fragen nicht beantworten, weil sie diese Daten nicht erheben.

7. Wie sieht die finanzielle Situation aus?

Wie oben erwähnt, verteilt die Stadt jedes Jahr 330'000 CHF an die Vereine in den Quartieren. Diese Subventionen sind zwar für die meisten QV eine zentrale Einnahmequelle, sie nehmen jedoch auch durch ihre Mitglieder einen wesentlichen Anteil des Geldes ein.

Über die Jahre konnten gleich drei der QV ein Vermögen von 100'000 CHF oder mehr anhäufen: Wiedikon (118k), Oerlikon (110k) und Enge (100k).

Obwohl die Quartiervereine in Sachen Events, Beteiligungsformaten, Anzahl Mitglieder, Vermögen und so weiter sehr unterschiedlich sind, liegen die Subventionen von der Stadt relativ nahe beieinander. Die Spannweite reicht von 8'000 CHF (Enge) bis zu 17'000 CHF (Wiedikon). Total gibt die Stadt Zürich so jährlich 330'000 Franken aus. Denn die Quartiervereine seien «ein wichtiges Sprachrohr und eine Verbindung zu den Quartieren und der Bevölkerung».

Ob die Vereine auch in Zukunft in den Genuss dieser Subventionen kommen, ist derzeit in Abklärung. Im Parlament sprach der Stadtrat von «Herausforderungen», «offenen Fragen» und «Optimierungen». Es sei unklar, ob die heutigen Quartiervereine die Bevölkerung noch angemessen vertreten. Im Moment läuft ein Mitwirkungsverfahren, organisiert und durchgeführt vom Präsidialdepartement. Auf Anfrage heisst es: «Je nach Ergebnissen des Prozesses wird die Stadt die heutige Praxis ihrer Beitragszahlungen gegebenenfalls optimieren. Grundsätzlich geht es im Prozess nicht um eine Ausweitung der zur Verfügung stehenden städtischen Mittel und auch nicht um eine Reduktion, sondern allenfalls um eine Neuorganisation der Mittelverteilung.»

Dies alles mit dem Ziel, dass Zürich «eine offene, solidarische und vielfältige Stadt» mit einer «hohen Lebensqualität und einem guten Zusammenleben in allen Quartieren» bleiben kann. Der aktuellen Stand des Mitwirkungsprozesses kann auf dieser Webseite aufgerufen werden.

Übrigens

Die partizipative Stadtentwicklungsorganisation Nextzürich lancierte vor kurzem die Idee einer «Participatory Budgeting Plattform». Ziel dieses Vorhaben ist es, dass die Menschen in Zürich ihre Ideen für die Stadt und ihre Quartiere via Webseite eingeben und diskutieren können. Über ein Voting wird so darüber abgestimmt, welche Inputs tatsächlich von der Stadt/den Quartieren umgesetzt werden. Dafür müsste ein jährliches Budget bereitgestellt werden. In anderen Städten, wie zum Beispiel Reykjavik, werden solche Plattformen seit Jahren mit Erfolg betrieben und führen zu einem höheren Engagement und einer höheren Zufriedenheit der Stadtbevölkerung.

  1. Hier geht es zum Konzept von Nextzürich
  2. Warum wir smarte Quartiervereine brauchen (von Gastautor und Tsüri-Verwaltungsrat Maximilian Stern)
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