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Von Isabel Brun

Redaktorin

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5. Dezember 2020 um 08:00

Das sagt die Politik zum Zürcher Grundbuch

Am Zürcher Grundbuch scheiden sich die Geister – die einen fordern mehr Transparenz, die anderen fürchten einen Eingriff in die Privatsphäre. Wir haben bei den Fraktionspräsident*innen des Kantonsrats nachgefragt, was sie von der Debatte halten.

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Im Kanton Zürich übernehmen Notariate die Führung des Grundbuches. (Foto: Flickr, CC BY 2.0)

Wer sich über die Eigentümerschaft von Immobilien erkundigen will, kommt um das Grundbuchamt nicht herum. Anders als in anderen Kantonen, ist das Grundbuch in Zürich noch immer nicht digitalisiert – die Gründe kennen wir mittlerweile. Obwohl sich Zürich ansonsten mit öffentlich zugänglichen Daten nicht zurückhält, wird das Prinzip «Open Data» beim Grundbuch bis zum jetzigen Zeitpunkt nicht besonders grossgeschrieben: Zwar ist es möglich, an die Daten der Eigentümerschaft heranzukommen, aber es ist sehr kosten- und zeitintensiv. Warum so kompliziert, lieber Kanton Zürich? Wir haben bei den fünf grössten Parteien im Kanton nachgehakt.

SP

Der SP-Kantonsrat Ruedi Lais antwortete im Namen des Fraktionspräsidenten Markus Späth-Walter und seinen weiteren Parteikolleg*innen: «Für die SP Kanton Zürich sollten Eigentumsverhältnisse nicht nur öffentlich, sondern einfach und preisgünstig einsehbar sein», dass eine Abfrage der Grundbuchdaten so aufwendig und kostenintensiv sei, widerspreche dieser Position. Eine Digitalisierung des Grundbuches wäre laut seinen Aussagen deshalb begrüssenswert: «Technisch sei auch schon alles so eingerichtet», schreibt Lais.

Zu der Forderung des Finanzdepartements, die eine bessere Zugänglichkeit zu den Grundbuchdaten verlangt, äussert er sich folgendermassen: «Immobiliengeschäfte sind eine perfekte Geldwaschmaschine, sie müssten dem Geldwäschereigesetz unterstellt werden. Heute kann man das Geld für einen Hauskauf im Koffer übergeben, was am Bankschalter schon lange unmöglich ist.»

Die Frage, ob es sinnvoll sei, dass das Grundbuchamt beim Obergericht und nicht bei der Verwaltung angesiedelt ist, bejaht Lais. Dies würde eine korrekte Gewaltentrennung gewährleisten: «Die Unabhängigkeit von der Politik ist eine wichtige Voraussetzung für das korrekte Führen des Grundbuches – und ein über Jahrhunderte verlässliches, öffentlich einsehbares Grundbuch eine sehr wichtige Grundlage eines stabilen Staates.»

FDP

Die FDP-Fraktionspräsidentin Beatrix Frey-Eigenmann ist der Meinung, dass das öffentliche Interesse bereits genügend gewahrt werde, da «bei Interesse an einem bestimmten Landstück telefonisch oder schriftlich unbürokratisch Auskunft verlangt werden kann». Dass Auskünfte über mehrere Grundstücke in Zürich nur unter einem gewissen Aufwand eingeholt werden können, stelle aus der Sicht der FDP kein Problem dar. Schliesslich sei dies nach ihrem Kenntnisstand auch in anderen Kantonen der Fall, so Frey-Eigenmann.

Die FDP-Politikerin wisse von der geplanten Einführung eines elektronischen Grundbuchs im Kanton Zürich und ihre Partei würde es begrüssen, wenn Eigentümer*innen einzelner Grundstücke im GIS-Browser ersichtlich wären. Dass das Grundbuchamt beim Obergericht und somit nicht bei der Verwaltung angesiedelt ist, befürwortet Frey-Eigenmann.

GLP

Michael Zeugin von der GLP antwortet etwas ausführlicher auf die Anfrage. Er setze sich schon länger mit der Thematik auseinander: «Transparenz ist für mich ein zentrales Ziel meiner politischen Arbeit.» Er sehe einen grossen Reformstau im Notariats-, Betreibungs- und Grundbuchwesen, weshalb er schon mehrere Vorstösse dazu eingereicht habe, so Zeugin.

Die GLP würde digitale Karten mit Informationen zum Besitztum als sinnvoll erachten – die Privatsphäre müsse jedoch zwingend gewährleistet werden: Ein kumuliertes Register, bei welchem Grundstück-Eigentum einer Person einsehbar ist, ginge sehr weit. «Hier ist eine genau Abwägung zwischen Öffentlichkeitsprinzip und Schutz der Privatsphäre nötig», so Zeugin. Die Lösung des Kantons Bern, welcher das System Grundis Public verwendet, sei ein gelungener Mittelweg, findet der GLP-Fraktionschef.

Ob Synergien entstehen würden, wenn das Grundbuchamt anstelle beim Obergericht bei der Direktion der Justiz und des Innern angesiedelt wäre, gebe es zu prüfen.

Grüne

Der Fraktionspräsident der Grünen, Thomas Forrer, schreibt auf Anfrage, dass ein digitaler Zugang auf jeden Fall zeitgemäss sei. Da durchaus «ein öffentliches Interesse an den Besitzverhältnissen unseres Bodens» bestehe, sollten die Daten vereinfacht zugänglich sein, so Forrer. Deshalb würde er es begrüssen, dass auch das Grundbuchamt des Kantons Zürichs elektronisch abrufbar sei. Allerdings so, dass die Datensätze nicht auf eine kommerzielle Weise weiterverwendet oder einfach für private Schnüffeleien abgerufen werden könnten.

Von der Grünen Fraktion hätte man bis jetzt keinen Anlass gesehen, um die Aufsicht über die Grundbuchämter vom Obergericht abzuziehen, schreibt Forrer.

SVP

Der SVP-Politiker Martin Hübscher beurteilt die aktuelle Zugänglichkeit des Grundbuchs im Kanton Zürich «gut»: Jede Person würde Auskunft über die Daten eines bestimmten Grundstücks erhalten. Weiter zitiert er das Zivilgesetzbuch, welches eine Einsicht in das Grundbuch oder Auszüge mit detaillierten Angaben unter gewissen Umständen ermöglicht.

Zur Frage, ob ein elektronisches Grundbuch auch für den Kanton Zürich eine geeignete Lösung sei, antwortet Hübscher im Namen seiner Parteikolleg*innen: «Die SVP verschliesst sich sicher nicht der Digitalisierung, sofern der Datenschutz gewährleistet ist.» Dass das Finanzdepartement eine bessere Zugänglichkeit des Grundbuchs fordert, erstaune seine Partei, so Fraktionspräsident Hübscher. Diese sei heute bereits vorhanden.

Dass das Grundbuchamt dem Obergericht unterstellt ist, erachtet die SVP aus «Neutralitätsgründen» richtig: Beurteilungen, Aufsicht etc. sollen durch die richterliche Unabhängigkeit kontrolliert werden – und nicht durch die Politik.

Dieser Beitrag ist im Rahmen des Rechercheprojekts «Wem gehört Zürich» erschienen. In den nächsten Tagen und Wochen werden weitere Artikel folgen. Willst du diese Recherche ermöglichen? Dann darfst du gerne hier das Crowdfunding unterstützen oder Tsüri-Member werden.

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