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15. Juni 2022 um 13:30
Feministischer Streik: 22 Statements an Mütter, Väter und Politiker
Frauen, inter, non-binäre, trans und agender – kurz FINTA – Personen feierten gestern schweizweit den Feministischen Streiktag. Am Abend des 14. Junis 2022 folgten mehrere Tausend Personen dem Aufruf zur Demonstration durch die Strassen Zürichs. Wir haben die Teilnehmenden gefragt, was sie anlässlich des 14. Junis zu ihrem Vater, Dozent, ihrer Mutter oder anderen Streikenden sagen wollen.
Bei schönstem Wetter fand am 14. Juni 2022 der Feministische Streik in Zürich statt. (Foto: Tsüri.ch)
Drei Jahre ist es her, seit Frauen, inter, non-binäre, trans und agender (kurz FINTA-)Personen das erste Mal seit Jahrzehnten wieder auf die Strasse gingen, um für ihre Rechte einzustehen. Gestern, am 14. Juni 2022, war es wieder soweit: In der ganzen Schweiz wurde der Feministische Streiktag gefeiert. Auch in Zürich folgten am Abend Tausende Personen dem Aufruf des Streikkollektivs unter dem Motto «Kämpfe verbinden». Zwischen lauter Musik und guter Stimmung mischten sich auch hässige Statements.
Vor allem präsent: Die Sorge um die Erhöhung des Rentenalters für Frauen, die Bitte, den Feminismus intersektional zu denken und die «Nur Ja ist Ja»-Debatte. Letzte Woche diskutierte der Ständerat über die Reform des Sexualstrafrechts. Im Zentrum stand die Frage, was künftig als Vergewaltigugn gelten soll. Muss Ja oder Nein zum Sex gesagt werden? Amnesty International und viele andere Organisationen und Parteien sprechen sich entgegen dem Ständerat für die «Nur Ja heisst Ja»-Lösung aus. Denn nicht der Zwang, sondern die fehlende Zustimmung sei bei einer Vergewaltigung das entscheidende Kriterium. Der «Nein ist Nein»-Ansatz hingegen beruhe auf der Ablehnung der Opfer und berücksichtige somit nicht die Realität von sexualisierter Gewalt Betroffenen, heisst es von Amnesty International.
Auf die Diskussion im Ständerat folgten frauenverachtende Statements von Politiker, die zeigen: Wir sind noch lange nicht am Ziel. «Jede grosse Liebe beginnt mit einem Nein der Frau», twitterte etwa SVP-Nationalrat Roger Köppel. Sein Partei-Kollege, der Ständerat Hannes Germann meinte: «Um ehrlich zu sein, hätte ich lieber den Titelgewinn unserer Kadetten Schaffhausen live erlebt, als im Ständerat schier endlos über das Sexualstrafrecht zu debattieren.»
Lieber Roger, lieber Hannes, solange Männer wie ihr eine solche mysogne Haltung an den Tag legt, gehen FINTAs in der Schweiz auf die Strasse. 22 der Personen, die gestern an der Demonstration durch Zürich teilgenommen haben, richteten ganz konkrete Nachrichten an ihre Mutter, ihren Dozenten, an ihren Vater oder an alle Feminist:innen.
Lovis zu allen Feminist:innen: «Denkt intersektional! Feminismus beinhaltet auch trans Frauen, non-binäre Menschen, behinderte Menschen, BIPOC, Sexarbeiter:innen, Flüchtlinge, Immigrant:innen und diverse Religionen.»
Joël studiert Art Education an der ZHdK und sagt zu einem Dozent: «Es braucht mehr Platz für feministische Themen, immerhin sind 80 Prozent Frauen bei uns im Studium.»
Johanna zu Roger Köppel: «Jede grosse Liebe beginnt mit einem Ja.»
Noelle zu Politiker:innen: «Als alleinerziehende Mutter kann ich nicht streiken – ich leiste viel Care Arbeit und lebe trotzdem nur knapp über der Armutsgrenze. Das ist doch widersprüchlich.»
Lou zu ihrem Vater: «Heb de Rand, jetzt red ich.»
Elina zu ihren männlichen Kollegen: «Feminismus geht uns alle an. Informiert auch ihr euch und überlegt was ihr morgen machen könnt, um zu einer feministischen Gesellschaft beizutragen.»
Sara zu ihrer Mutter: «Die persönlichen Bedürfnisse von Müttern kommen aufgrund von Care Arbeit zu kurz. Ich bin zusammen mit dir hässig, Mama. Wegen uns, deinen Kindern – wegen mir hast du deine eigenen Bedürfnisse zurückgestellt. Ich bin dir aber auch unendlich dankbar. Und empfehle an dieser Stelle allen das Buch ‹Die Erschöpfung der Frauen› von Franziska Schutzbach.»
(Foto: Alice Britschgi)