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Von Simon Jacoby

Co-Geschäftsleitung & Chefredaktor

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6. Januar 2020 um 08:45

Interview mit HAZ-Präsident: «Der Aufruf zu Hass und Gewalt ist keine Meinung!»

Was tun, damit sich LGBTIQ+-Menschen in Zürich sicher bewegen können? Wie können wir die Angriffe auf die Community stoppen? Und was hat die Ausweitung der Anti-Rassismusstrafnorm um die sexuelle Orientierung damit zu tun, über die wir am 9. Februar abstimmen? Das Gespräch mit Patrick Hadi Huber, Präsident der Homosexuelle Arbeitsgruppen Zürich (HAZ).

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Photo by Chris Briggs on Unsplash

In der Silvesternacht wurde im Zürcher Niederdorf ein schwules Paar angegriffen und spitalreif geprügelt. Es war nicht der einzige Angriff auf LGBTIQ+ im vergangenen Jahr. Was geht dir durch den Kopf, wenn du von solchen Taten hörst?

Patrick Huber, Präsident HAZ

Gemäss Bevölkerungsbefragung der Stadt Zürich (2019) fühlen sich knapp neun von zehn Menschen in unserer Stadt sicher. Fühlst du dich in den nächtlichen Strassen von Zürich sicher?

Ich gehöre zu den neun und habe mich immer schon sicher gefühlt. Das tue ich auch weiterhin. Das liegt aber vielleicht auch an meinen über 1.90 Meter.

Was können die Stadt Zürich und alle anderen Mitmenschen tun, damit sich alle sicher fühlen?

Das Sicherheitsempfinden ist sehr hoch und darf jetzt durch solche Vorfälle sicher nicht sinken. Das Thema wird sehr bald an einem runden Tisch diskutiert. Schliesslich geniesst Zürich den Ruf einer äusserst LGBTIQ+-freundlichen Stadt. Das muss so bleiben. Die Stadtpolizei sollte solche Taten künftig statistisch erfassen und im Rahmen ihrer Patrouillen einen stärkeren Fokus auf die Gebiete legen, an denen solche Angriffe passiert sind. Beim Thema der Zivilcourage wäre ich zurückhaltender. Wer Zeuge eines Vorfalls wird, sollte in jedem Fall sofort die Polizei informieren, statt wegzuschauen. Wer vor hat, einzugreifen, sollte ruhig bleiben und sich selber nicht in Gefahr bringen. Das Ziel muss sein, die angegriffene Person aus der Gefahr zu bringen und nicht sich selber hinein. Auch dürfen wir in der Community nicht vergessen: Gemeinsam sind wir stark. Wenn jemand frische Luft tankt, sollte man sich also besser in einer Gruppe aufhalten statt in trauter Zweisamkeit oder ganz alleine. Es hilft sicher auch in Hör- und Sichtweite des Türstehers zu bleiben.

Die Meinungsäusserungsfreiheit wird nicht tangiert.

Am 9. Februar stimmen wir über die Erweiterung der Anti-Rassismusstrafnorm um die sexuelle Orientierung ab («Ja zum Schutz vor Hass»). Reichen die heutigen Gesetze nicht aus?

Das Schweizer Volk kann jetzt Ja dazu sagen, ob in unserem Land schon der Aufruf zu Hass oder Diskriminierung gegen Lesben, Schwule oder Bisexuelle strafbar ist. Das kommt vor allem in den Sozialen Medien häufiger vor, als man dies in der eigenen Bubble wahrnimmt. Mit einem «Ja zum Schutz vor Hass» zieht unsere Gesellschaft eine Grenze, die für unser Zusammenleben wichtig ist.

Was würde sich konkret bei der Annahme der Vorlage ändern?

Es kann schon der Aufruf zu Hass gegen Lesben, Schwule und Bisexuelle zur Anzeige gebracht werden und nicht erst der tatsächliche Schlag ins Gesicht. Letzterer ist und bleibt strafrechtlich relevant, daran ändert sich nichts. Die Vorlage hat folglich auch starken präventiven Charakter. Es gilt in diesem Zusammenhang auch zu betonen, dass der Aufruf zu Hass und Gewalt keine Meinung ist. Die Meinungsäusserungsfreiheit wird also nicht tangiert.

Könnten Angriffe auf LGBTIQ+ wie in der Silvesternacht nach der Abstimmung verhindert werden?

Das muss unser Ziel sein. Wir müssen als Community gemeinsam mit den Clubs und den Behörden nach Lösungen für das Problem suchen. Das Gesetz hilft zwar aufgrund der präventiven Wirkung, ist aber nur ein Puzzelstück, um Aggressionen gegen LGBTIQ+ effektiv zu verhindern.

Wer sich in den Tiefen von Twitter verirrt, liest, es gehe bei der Abstimmung um Sonderrechte für nicht heterosexuelle Menschen. Was entgegnest du?

Dieser Begriff wird gezielt zur Irreführung verwendet. Es geht hier um die Ausweitung der bestehenden Strafnorm auf eine weitere verletzliche Gruppe, die offenbar immernoch sehr regelmässig Gewalt ausgesetzt ist. Die jüngste Tat belegt das abermals: Es geht bei dieser Frage also nicht um Besserstellung, sondern um Gleichstellung.

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