Das Reclaim The Streets war der geilste Event seit 1992. Nicht. - Tsüri.ch #MirSindTsüri
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18. Januar 2015 um 14:28

Das Reclaim The Streets war der geilste Event seit 1992. Nicht.

Die RTS-Demo war das eine. Was dann folgte war eine bizarre Debatte mit heftigen Reaktionen.

Bei einem Post auf die Facebook-Page von watson schrieb ich einen solchen Satz. Nicht. Doch, ich schrieb ihn. Ich kann mich einfach nicht mehr an das Thema erinnern. Ich weiss nur noch, dass ich am Schluss ein solches «Nicht.» anhängte. Ein User fand dann, dass das im Deutschen genau so gut funktioniere wie im Englischen. Nicht. Da hat er natürlich recht. In Deutsch könnte es mit einem Fragezeichen sogar als fragende Bestätigung gelesen werden. Nicht?

Dieser Titel ist ein Steilpass für Journalisten. Journalisten reissen etwas aus dem Zusammenhang und basteln daraus ihre Geschichte. Oft ist diese Geschichte eine These. Bei meinem Titel ginge die These so: «Philipp Meier, Social Media Redaktor bei watson, schrieb im neuen lokalen Onlineportal tsüri.ch ‹Das Reclaim The Streets war der geilste Event seit 1992›» und schmeissen dann ein «Skandal!» hinterher. Nicht. Sie stellen es davor.

So passiert nach dem Reclaim The Streets. Ich schrieb einen langen Kommentar. Dabei versuchte ich die Zeichen dieser Nacht zu deuten. Die Gedanken gliederte ich in drei Erklärungsversuche, die ich zum Teil schon länger mit mir rum trug. Jeden schloss ich mit einer Frage.
 

Einzeln und vereinzelt brachte ich die ersten Gedanken zu meinem Kommentar in die auf Social Media sehr emotional geführten Diskussionen ein. Der eigentliche Text entstand parallel zu diesen Diskursen. Dabei erkannte ich die Brisanz meines Kommentars. So dumpf, wie die Chaoten das Kürzel «ACAB» benutzten (All Cops Are Bastard), genauso einfältig schrien nun alle «APAI» (All Protesters Are Idiots). Differenzieren? Ein Fremdwort! Nach Gründen suchen? Verboten!

Deshalb machte ich meinen Kommentar nur sehr zögerlich für alle zugänglich. Zuerst konnten ihn nur ausgewählte Facebook-Freunde lesen. Danach alle Facebook-Freunde von mir. Dann öffnete ich den Text auch für deren Freunde. Und irgendwann schaltete ich ihn auf öffentlich. Ich dachte, dass sich die Emotionen langsam legten. Denkste!

Während der gesamten Zeit, in der der Kommentar gelesen wurde, entstand unterhalb desselben eine sehr konstruktive Diskussion. Dabei bezog ich Stellung zum Text. Ich ging auf jede Kritik ein. Wenn mich jemand überzeugen konnte, dann schwächte ich gewisse Aussagen ab oder setzte Vorbehalte davor. In der Diskussion. Den Text korrigierte ich nicht.

So funktioniert Social Media. Das ist vielen Journalisten immer noch fremd. Nicht, wie Social Media funktioniert. Sondern, dass Diskussionen unterhalb eines Textes relevant sein könnten.

Das ist das, was ein Journalist aus meinem Kommentar und dem anschliessend Diskurs gemacht hat. Er nennt es «Analyse». Ein Scherz. Nicht.

Fast hätte ich es vergessen: 1992 fand die erste Streetparade statt. Ich war dabei. Nicht. Leider.

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Transparenzbox Der besagte Journalist und ich kennen uns flüchtig. Wir sind auf Facebook miteinander befreundet. Es ist nicht das erste mal, dass ein Journalist was zu mir oder über mich veröffentlichte, ohne mit mir geredet zu haben. Das tun sie bewusst. Sie wissen, dass der Text anders ausfallen würde, wenn sie mit mir reden würden. In diesem Fall hätte ich ihm gesagt, dass ich es spannend finde, dass Google seinen Sitz in Zürich ausbaut und dass es mich viel mehr ärgert, dass die (Kultur-)Politik das nicht zum Anlass nimmt, die Digitalisierung Zürichs voranzutreiben. Dieser lange und wirre Artikel ist die Geburtsstunde der Transparenzbox.

Titelbild: Pius Walker

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