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Von Milad Al-Rafu

Freier Journalist

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20. November 2020 um 14:53

«Auch Banken müssten sich an die Verpflichtung halten, Menschenrechte zu respektieren»

Am 29. November stimmt die Schweiz nach langem Hin und Her über die Konzernverantwortungsinitiative (KOVI) ab. Die Initiative polarisiert, was sich auch an den Aktionen von Befürworter*innen und Gegner*innen in den letzten Monaten zeigte. Andreas Missbach von der Organisation Public Eye, die Mitinitiantin der Initiative ist, erklärt, was der Einfluss der KOVI auf Zürich wäre.

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Bild: Marizs Snyman (flickr)

Milad Al-Rafu: Anders als etwa in Genf oder Zug gibt es keine grosse Rohstoffhandelnde, die in Zürich beheimatet sind. Wäre denn auch Zürich von dieser Initiative betroffen?

Andreas Missbach: Grundsätzlich sind alle Konzerne von dieser Initiative betroffen. In Zürich wären das insbesondere auch die Grossbanken und andere Firmen, die man vielleicht gar nicht so kennt. So ist zum Beispiel der problematische Rohstoffkonzern ENRC (Eurasian Natural Resources Corporation; kasachischer Rohstoffkonzern; Anm. d. Red.) im Kanton Zürich tätig. All diese Konzerne haben die Pflicht, Menschenrechtsverletzung im Rahmen ihrer Tätigkeit zu identifizieren und etwas dagegen zu unternehmen.

Sie sprechen die Grossbanken an. Über den Finanzplatz hat man in letzter Zeit wenig gehört, wenn über die KOVI gesprochen wurde. Würden die Banken auch unter die Initiative fallen?

Auch die Banken müssten sich an die Verpflichtung halten, Menschenrechte zu respektieren. Zudem sind sie sehr stark in die Finanzierung von Rohstoffkonzernen involviert: So hat die Credit Suisse in den letzten sieben Jahren den Rohstoffgiganten Glencore mit 2,3 Milliarden Franken finanziert, die UBS sogar mit 2,8 Milliarden Franken.

Sind die Banken also direkt haftbar oder ist ihre Beteiligung zu wenig direkt, als dass sie belangt werden können?

Die Haftung gilt nur für die Tochtergesellschaften von Konzernen. Eine Klage gegen Banken wäre also nicht möglich. Die Verpflichtung der Sorgfaltsprüfung gilt aber für alle Konzerne.

Es mag also nicht erstaunen, dass die Credit Suisse letzte Woche ein Inserat gegen die KOVI in der NZZ geschalten hat?

Doch. Es ist überraschend, denn die CS und UBS bekennen sich immer wieder zu den Menschenrechten. Dieses Inserat zeigt jedoch, dass sie dies nicht ernsthaft tun. Zudem stimmen die Argumente im Inserat nicht, etwa, dass KMUs stark betroffen sind oder dass die Haftung sehr weit gehen würde. Es handelt sich um die gleichen Argumente, die auch Economie Suisse immer wieder vorbringt.

Die Initiative will nicht verhindern, dass es Schweizer Konzerne gibt oder dass Schweizer Firmen im Ausland investieren.

Andreas Missbach

Gäbe es spürbare Veränderung für die Zürcher Stadtbevölkerung, falls die Initiative angenommen werden würde?

Die Annahme der Initiative würde es erlauben, dass die Stadtbevölkerung stolz auf ihren Finanzplatz sein könnte. Der Bundesrat hat bereits den Plan geäussert, dass der hiesige Finanzplatz zu einem der Fortschrittlichsten in Sachen Menschenrechte und Umweltschutz werden soll. Leider hat er nicht die geeigneten Instrumente ausgearbeitet, um dies umzusetzen. Zurzeit gehören die Credit Suisse und UBS nicht mal zu den zehn progressivsten Banken, wenn man die internen Menschenrechtsstandards betrachtet. Dieses Beispiel zeigt, dass freiwillige Vorgaben nicht reichen.

Handelt es sich nicht um einen Widerspruch, dass der Finanzplatz hier in Zürich stark kritisiert wird, gleichzeitig aber auch zur Finanzierung von verschiedenen Projekten beiträgt? Oder ginge es auch anders?

Natürlich geht es auch anders: Die Initiative will nicht verhindern, dass es Schweizer Konzerne gibt oder dass Schweizer Firmen im Ausland investieren. Die Initiative verlangt einzig, dass dies im Einklang mit internationalen Menschenrechts- und Umweltstandards geschieht. Ich bin überzeugt davon, dass die Schweiz und auch die Zürcher*innen von einem solchen Finanzplatz profitieren werden. Denn es werden diese Finanzplätze sein, die sich in den nächsten Jahren durchsetzen werden.

Sie sehen die Initiative als Chance für die Stadt Zürich. Besteht aber nicht das Risiko eines Reputationsschadens, wenn durch die Annahme der Initiative vermehrt Menschenrechtsverletzungen in den Fokus rücken?

Schon jetzt geraten die Schweizer Grossbanken immer wieder in Kritik: So hat die Credit Suisse etwa in Mosambik durch die Vergabe von illegalen Krediten für Aufsehen gesorgt. Dabei haben sie gegen die Aufsicht des mosambikanischen Parlaments verstossen. Dadurch hat die Credit Suisse massiv zur Verschuldung von Mosambik beigetragen, worunter die Bevölkerung noch Jahre zu leiden hat. Public Eye hat deswegen eine Strafanzeige eingereicht und die Untersuchung läuft noch. Schweizer Banken tauchen immer wieder in Skandalen auf. Der Reputationsschaden besteht also bereits: Weil mit der Initiative aber Menschenrechtsverletzungen vermieden werden, wird sich die Reputation in diesem Bereich verbessern.

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Andreas Missbach

Spüren Sie das Wohlwollen der linken Stadtregierung?

Der Zürcher Ständerrat Daniel Jositsch setzt sich stark für die Initiative ein. Das tut er nicht einfach deshalb, weil er von der SP ist: Die KOVI gehört zu den acht am breitesten abgestützten Initiativen der letzten 40 Jahre. Ein Komitee von über 500 bürgerlichen Politiker*innen setzt sich in allen Kantonen für die Initiative ein. In der Stadt haben sich Corinne Mauch und Daniel Leupi für die Initiative ausgesprochen.

Wenn man das Fahnenmeer in Zürich betrachtet, müsste man davon ausgehen, dass die Initiative ein gutes Ergebnis in der Stadt Zürich erzielen wird.

Für die Stadt Zürich habe ich keine Bedenken. Es ist jedoch wichtig, dass auch abseits der Städte viele Personen für diese Initiative stimmen werden.

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