Folge 2: Der Tsüri-Krimi: Rot ist eine langsame Farbe - Tsüri.ch #MirSindTsüri
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9. Januar 2017 um 15:15

Folge 2: Der Tsüri-Krimi: Rot ist eine langsame Farbe

Folge 2

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Was bisher geschah:
Dave, seine Freundin Fabbä und Sandkasten-Kollegin Schmerolinchen verirren sich in der Neujahrsnacht an eine private Silvesterparty in Wollishofen. Als sie die verwüstete Wohnung in den frühen Morgenstunden verlassen wollen, werden sie von der Mieterin gestellt. Nach einem Gerangel stürzt die Frau mit dem Gesicht in die Steakmesser im Geschirrspüler und ist sofort tot. Ein Mädchen wird Zeuge des Unfalls ...

Eisig drängte die Nacht in die Küche. Weit entfernt heulten Sirenen, vermengten sich mit geisterhaftem Geschrei. Es klang wie eine Schiesserei. Kälte kroch in Schmerolinchens Mantel. Verärgert wandte sie sich von der Leiche ab, griff nach den Balkontüren und donnerte sie auf den Rahmen.
Der Krach liess Fabbä zusammenzucken, während Dave und das Mädchen weiter wie festgefroren vor sich hin starrten.
»Stellt euch gefälligst nicht so an.« polterte Schmerolinchen.
»Da liegt eine Tote.« gab Fabbä zurück und wandte sich an Dave, doch der presste lediglich die Fingerspitzen an den Brillenrand.
»Jetzt sag doch mal was.« schimpfte Fabbä.
Doch er antwortete nicht, sondern trat aus der Küche, hin zur Wohnungstür. Er packte den Schlüsselbund und verriegelte den Eingang. Dann kehrte er zurück, stopfte den Bund in seine Windjacke und nahm wieder dieselbe Position ein. Schliesslich fixierte er das Mädchen.
Unter seinem strengen Blick traute es sich kaum zu rühren.
»Wie heisst du überhaupt?«
»Jill?«
Er streckte die Hand aus. »Dein Handy.«
»Wozu?« fragte sie trotzig.
»Jetzt!«
Auch Schmerolinchen setzte einen strengen Blick auf.
Mit Schmollmund händigte Jill ihr Telefon aus. Dave steckte es sofort weg.
»Und von den anderen willst du es nicht?« beschwerte sich Jill.
Erst hatte Dave nur Augen für die Leiche, dann verwarf er die Arme. »Ich kann das nicht mehr sehen.« Schon stand er vor den Balkonflügeln und riss einen der Vorhänge runter, um ihn über die Leiche zu werfen. Er blieb stehen und rieb sich den Bart.
»Was nun, Dave?« fragte Schmerolinchen.
»Wir rufen die Polizei.« schlug Fabbä vor. »Wie Jill es vorgeschlagen hat.«
»Nein.« bellte Dave, ohne sich umzudrehen.
Jills Blick wechselte zwischen ihren Gesichtern. »Seid ihr etwa auf Koks?«
Fabbä schniefte verlegen. »Nicht mehr als sonst ... an Silvester.«
»Die werden uns das niemals glauben.« enervierte sich Dave. »Wir kassieren mindestens Totschlag.«
»Eine Tote mehr oder weniger in der Stadt.« murmelte Schmerolinchen.
»Irgendwie befürchte ich, dass das nicht irgendwer war.« Fabbä zeigte auf die Schuhe, die unter dem Vorhang hervorschauten. »Die haben bestimmt ein Vermögen gekostet.«
»Würde erklären, warum sie so wohnt.« meinte Dave.
Schmerolinchen wurde auf die Tasche aufmerksam, welche die Tote auf dem Korpus deponiert hatte. Sie war aus Leder und mit Glitzersteinen versehen. Ein ausgesprochen teures Stück, das konnte sie sagen. Sie begann darin zu kramen.
»Was tust du da?« fragte Jill.
»Wonach sieht es aus?« Sie zog ein feistes Portemonnaie hervor, klappte es auf und entnahm den Fächern eine Identitätskarte. Im schummrigen Licht konnte sie den Aufdruck kaum ablesen. »Tine Krolatowawowa-wieviel?«
»Krolatovkovitz.« ergänzte Jill spitz.
Fabbä fasste sich an den Kopf. »Wusste ich doch, dass ich sie kenne.«
Schmerolinchen zog eine verständnislose Grimasse.
»Der Doppelmord in Wipkingen Anfang Jahr? « rief Fabbä.
»War der Täter nicht ein Russischer Diplomat?« sagte Schmerolinchen.
»Genau. Und das da war seine Tochter. Der neue Star der Zürcher Kunstszene.«
»Was macht die in so einer Bruchbude?« fragte Dave.
»Sie studiert an der ZHdK.« sagte Jill düster. »Wir besuchen denselben Studiengang. Soweit ich weiss, wollte sie nicht mit ihrem Vater in Verbindung gebracht werden.«
»Und wir wollen das erst recht nicht.« ereiferte sich Dave. »Russenmafia. Doppelmorde. Selbst wenn uns die Polizei glaubt, lässt uns ihr Vater vom Prime Tower werfen.«
»Gott, wir sind so tief im Arsch!« ächzte Schmerolinchen.
»Moment. Wo ist die Kleine hin?« rief Dave. Alle drehten sich nach Jill. Er eilte aus der Küche und fand Jill etwas aus einem Holzkästchen an der Haustür klauben und hastig ins Schloss drücken. Bereits nestelte sie an dem Schlüssel, doch Dave schlang seine Arme um ihre Hüften. Er hob sie von der Tür weg und zerrte sie zum Klo. Gar nicht so einfach, da er nur unmerklich grösser war. Jill wehrte sich heftig, aber er stiess sie hinein, zog den Schlüssel aus der Tür und verriegelte sie von aussen.
Jill hämmerte mit der Faust gegen das Holz und verlangte ihre Freilassung.
»Das können wir doch nicht machen.« blaffte Fabbä. »Wenn jemand sie hört?«
»Die kann schreien, so viel sie will.« erklärte Schmerolinchen unbeeindruckt. »Das WC hat keine Fenster und das Haus keine Nachbarn. Die Wohnungen hier sind alle leer.«
»Da bist du ganz sicher?«
»Mein Arbeitgeber verwaltet auch diese Edelbaracke. Darum wusste ich gleich, dass es eine tolle Party werden würde, als ich sie von aussen sah.«
»Ja, selten geile Party.« rüffelte Fabbä.
Drinnen zeterte Jill nach Leibeskräften.
Dave rief aus. »Ich kann mich bei dem Krach nicht konzentrieren.« Schon stapfte er zurück in die Küche, wo er Champagnerflaschen anhob und auf Inhalt prüfte.
»Krieg ich auch was?« fragte Schmerolinchen und nahm ihm die Flasche ab, um sie an seiner Stelle auszutrinken.
»Leute!« rief Fabbä. »Da liegt noch immer eine Leiche. Wie weiter?«
Dave fuhr sich so umständlich durch die Haare, als befände sich darin die Lösung. Dann verschränkte er die Arme und bekam wieder diesen lauernden Blick. »Nun haben wir eine Tote und eine Zeugin. Selbst wenn uns die Richter glauben und die Familie verzeiht: Das gibt einen Riesenskandal. Wir werden alle unsere Jobs verlieren.«
»Schatz, lass uns einfach verschwinden.« flehte Fabbä.
Dave blickte zum Kücheneingang. »Zu spät. Sie hat alles gesehen. Wir können sie nicht einfach gehen lassen.«
Fabbä legte ihre Hand auf seinen Arm. »Vielleicht ... können wir sie dazu überreden, nichts zu sagen.«
»Möchtest du deine Zukunft wirklich auf ein ’Vielleicht’ setzen?« fragte Schmerolinchen.
»Möchtest du etwa jemanden auf dem Gewissen haben?«
Schmerolinchen grinste düster. »Was macht dich glauben, ich hätte ein Gewissen?« Sie trat vors WC, aus dem kein Mucks mehr drang. Sachte klopfte sie ans Holz. »Hey, Jill.« miaute sie.
»Was willst du?« klang es trotzig von der anderen Seite.
»Ich wollte mich entschuldigen wegen ... na, du weißt schon ... vorhin. Dave kann sehr impulsiv sein. Aber er meint es nicht so. Meistens ...«
»Aha.«
»Können wir ... nicht darüber reden?«
»Können wir. Sobald die Polizei hier ist.«
»Bist du ganz sicher?«
»Gib mir mein Telefon zurück oder lass mich gehen.«
Schmerolinchen schielte düster zu Fabbä. »Soviel dazu.« flüsterte sie schnippisch und ging zurück zu Dave. Er nickte, als hätte er nichts anderes erwartet.
Sie lehnte sich neben ihn ans Küchenbord, entzündete ein weiteres Streichholz und schaute gebannt dabei zu, wie die kleine Flamme dem schmalen Hals entlang bis zu ihren Fingerspitzen tanzte. »Ich sag euch, was wir machen. Wir zünden das Haus an.«
Fabbä stürmte über den Küchenboden. »Was? Die werden sofort herausfinden, dass es Brandstiftung war.«
»Das wollen wir auch gar nicht verheimlichen. Nur unsere Mittäterschaft.«
Dave nickte langsam.
»Aber ... da ist noch jemand. Was ist mir ihr?«
»Die Frage ist doch eher, was mit uns ist.« bemerkte Dave nüchtern. »Solange man uns nichts nachweisen kann, sind wir im Trockenen.«
Schmerolinchen war im Bann der Flamme. »Jetzt nur mal so theoretisch, um unsere Optionen auszuloten. Wie bringt man eigentlich jemanden um, ohne geschnappt zu werden?«
Dave fixierte Fabbä. »Google das mal.«
»Aber doch nicht mit meinem Handy. Die können das zurückverfolgen.«
Schmerolinchen warf das brennende Streichholz in den Schüttstein und trat zur Leiche. Deren Handy war zu Boden gefallen und von der Blutlache gestreift worden. Sie wischte es am Vorhang ab und begann zu tippen. »Wie ... bringt ... man jemanden ... um ... ohne Pistole.« Dann ging sie die Ergebnisse durch. »Also ... Wie bringe ich mich um ... Wie bringt man jemanden human um ... Wie bringt man jemanden um den Verstand ...« Sie lachte laut auf. »Wie bringe ich meine Schwiegermutter um.« Fabbäs böser Blick liess sie ihr Lachen hinunterschlucken. »Aber hier: Der perfekte Mord.« Hastig überflog sie den Artikel. »Leiche in schöne kleine Häppchen schneiden und in der Badewanne in Kochsalz auflösen.«
»Nicht noch mehr Blut.« stöhnte Dave.
»An scharfen Messern mangelt’s uns jedenfalls nicht.«
Fabbä liess mit ihrem Starren keinen Zweifel daran, wie wenig sie schwarzen Humor goutierte.
Schmerolinchen liess das Handy sinken. »Ach, quatsch. Wir brauchen sie gar nicht töten. Wir müssen sie nur bewusstlos machen. Den Rest erledigt das Feuer.«
Dave trat gegen den Korpus. »Einen Gasherd hätten wir schon mal.«
Die Küchenuhr schlug halb vier.
»Die Zeit läuft.« sagte Schmerolinchen und zog eine tropfende Bratpfanne aus dem Geschirrberg. »Bringen wir’s hinter uns.«

Nächsten Montag folgt der eskalierende dritte Teil ...

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