Sarah Verny: Theaterpädagogin, Barkeeperin und Tsüri-Member - Tsüri.ch #MirSindTsüri
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Von Seraina Manser

Community-Verantwortliche

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12. November 2019 um 16:00

Sarah Verny: Theaterpädagogin, Barkeeperin und Tsüri-Member

Sarah Verny arbeitet als freischaffende Theaterpädagogin und steht einmal im Monat am Tresen in der Kernbar. Wir haben die Tsüri-Memberin der ersten Stunde in ihrem Atelier in Altstetten getroffen.

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Foto: Adhihetty

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Sich selbstständig machen braucht Mut. Besonders in einer Branche, wo nicht per se viel Geld vorhanden ist. Sarah Verny hat es dennoch gewagt: Seit ihrem Masterabschluss vor einem Jahr arbeitet sie als freischaffende Theaterpädagogin. Und das mit Erfolg.

Im Konzert Theater Bern war sie während eines Jahres festangestellte Theaterpädagogin. Nach einem Jahr hat sie gekündigt: «Weil mich das Stadttheater nicht glücklich macht. Ich will freischaffend sein», sagt die Theaterpädagogin überzeugt. Am Stadttheater habe sie zwar weniger gearbeitet als jetzt. Dafür kann sie jetzt das tun, was sie wirklich interessiert. Und arbeitet dafür auch mal sonntagabends.

Jetzt sitzt Sarah in ihrem Atelier in Zürich-Altstetten: Violetter Spannteppich, grünes Sofa und brauner Schreibtisch. Das Atelier befindet sich in einem grossen, grauen Bürogebäude, das gerade zur Zwischennutzung dient. Die 31-Jährige trägt einen Hoodie mit dem Logo der Gessnerallee und realisiert gerade sehr viele Projekte gleichzeitig: «Weil ich vielseitig interessiert bin und es mir schnell langweilig wird», erklärt sie. Aber auch weil die einzelnen Projekte nicht gut bezahlt seien und sie deshalb viel machen müsse, um über die Runden zu kommen.

Von Seebach bis nach Bern

Um alle aktuellen Projekte aufzuzählen, muss sie kurz von ihrem Wochenplan spicken, der über dem Schreibtisch hängt: Seit diesem Sommer unterrichtet sie an zwei Oberstufenschulen. In jener in Zürich leitet sie das Pflichtfach Auftrittskompetenz und Storytelling. «Die Teenager nehmen oft nicht wahr, was sie mit ihren Händen machen, während sie reden», erklärt sie. Es gehe darum, dass sie lernen ihre Wirkung bestmöglich einzusetzen und ein Bewusstsein dafür zu erarbeiten, was sie machen. In der Oberstufenschule in Wettingen unterrichtet sie das Freifach Theater.

Jeweils am Montagabend leitet sie einen Theaterkurs beim Maxim Theater in Seebach. «Huere geil» – sei das. Am Theaterkurs nehmen 14 Erwachsene aus acht verschiedenen Ländern teil. Einmal in der Woche fährt sie nach Bern, wo sie am Stadttheater einen Jugendclub leitet.

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«Wir nutzen Theater als Mittel, um utopisch zu werden» – Sarah Verny über ihre Förderresidenz in Aarau. (Foto: Adhihetty)

Ein Monsterprojekt in Aarau

Zusammen mit zwei Freunden hat sie eine dreijährige Förderresidenz in Aarau bekommen. Das Projekt heisst «Proberaum Zukunft» und ist ein «Monsterprojekt».

Drei Jahre lang stellen sie jedes Jahr eine Produktion auf die Beine, die immer weniger Theater sein wird. Zurzeit befragen sie gerade Aarauer*innen zu ihren Zukunftswünschen.

Grob gesagt geht es im Projekt um folgendes: «Wir werden zurzeit mit Dystopien konfrontiert, alles sieht scheisse aus. Wir brauchen positive Zukunftsentwürfe und einen Raum, wo wir utopisch denken können», erklärt sie. «Wir nutzen Theater als Mittel, um utopisch zu werden» Die Besucher*innen sollen sich danach angeregt fühlen und merken, dass sie handlungsfähig sind. Zurzeit proben sie gerade mit drei Senior*innen zwischen 69 und 85 Jahren.

Für den Ausgleich in der Bar

«Alles was ich im Theater mache ist politisch, weil ich mit Menschen arbeite und dann wird es automatisch politisch», erklärt sie. Die Premiere des ersten Stücks ist im April 2020. Sie können nicht – wie sonst üblich – sechs Wochen am Stück proben. Da die Laienschauspieler*innen nicht mehr fit dazu seien und Sarahs Mit-Residenzler an der Gessnerallee und am Theater Neumarkt arbeiten.

Als Ausgleich zu all den kopflastigen Arbeiten, steht sie jeweils einmal im Monat hinter dem Tresen in der Kernbar. Es tut gut, es ist etwas Konkretes: «Zwei Bier, drei Tequilas, fertig». Alles was sie sonst mache, sei ein Ausprobieren. Bei welchen Projekten sie denn Geld verdiene? «Bei allen. Das ist neu. Yes! Ich verdiene mit Theaterpädagogik Geld!», sagt sie, als ob sie es selbst fast nicht glauben kann.

«In Berlin habe ich vor allem gelebt»

Jugendliche, Geflüchtete oder Senior*innen: Sarah interessiert sich für Menschen und wusste schon immer, dass sie etwas «mit Menschen» arbeiten möchte. Während des Bachelor-Studiums an der ZHdK jedoch legte sie eine Pause ein. «Ich bin ins Loch gefallen, weil ich im Vergleich zu den Mitstudierenden keine Theatererfahrung hatte. Ich wollte sogar abbrechen», erzählt sie. Die Studiengangsleiterin hat ihr empfohlen, herauszufinden, was eine Theaterpädagogin genau macht und ob sie so arbeiten will. Per Zufall ist sie so an der Schaubühne in Berlin gelandet und hat dort ein halbes Jahr in der Theaterpädagogik assistiert. «Ich bin an all meine Grenzen gestossen», sagt die Zürcherin.

«Es war aber grossartig und ich wäre am liebsten dort geblieben». Den Bachelor musste sie aber in Zürich beenden. Danach zog sie wieder nach Berlin. Was sie denn in Berlin gemacht habe? «In Berlin habe ich vor allem gelebt!». Sie hat in zwei verschiedenen Bars gearbeitet, gekäffelet und viel Gin Tonic getrunken. Zudem hat sie bei einer Produktion mitgearbeitet, eine eigene Produktion gemacht und einen Verein für Theaterpädagoginnen gegründet. «Ich würde gerne Berlin und Zürich zu einer Stadt zusammenfügen», sagt Sarah Verny. «Ich weiss es klingt so abgedroschen, aber ein Teil von mir ist noch in Berlin, meine Herzensmenschen und mein Göttibueb».

Ich wurde Member, weil ich es wichtig finde, dass es Leute gibt, die sagen, wir wollen es anders denken, lokal, regional und in neuen Formen

Nach vier Jahren kam sie wegen des Jobs am Stadttheater zurück in die Schweiz. Seither ist sie auch Tsüri-Member. «Ich wurde Member, weil ich es wichtig finde, dass es Leute gibt, die sagen, wir wollen es anders denken, lokal, regional und in neuen Formen», erklärt sie. «Von meinem wenigen Geld kann ich auch etwas abgeben, ich will mithelfen». Sie zahle den Mindestbeitrag: «Es ist eigentlich Nüt, aber es ist mehr als Nüt».

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