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Von Michael Schallschmidt

Praktikant Redaktion

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9. November 2021 um 08:00

ZWZ: Ein Verein schafft 1000 Quadratmeter Kultur

Am 17. November eröffnet im ehemaligen ZWZ-Gebäude ein neues Zwischennutzungsprojekt. Damit entsteht im Kreis 5 ein Raum für Kultur- und Konzertveranstaltungen. Nachdem wir bereits letztes Jahr zu Besuch auf dem Areal waren, erhalten wir kurz vor der Eröffnung erneut Einblick in die grosse Halle.

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Einige Mitglieder des Vereins Zentralwäscherei in der Kantine des Zwischennutzungsprojekts (Alle Bilder: Michael Schallschmidt).

In der mit warmem Licht durchfluteten Kantinenhalle der ehemaligen Zentralwäscherei im Zürcher Kreis 5 sitzt eine Gruppe junger Menschen an einem der vielen Holztische. Es ist früher Nachmittag, gut eine Woche vor der offiziellen Eröffnungspressekonferenz, und auf dem Tisch stehen noch ein grosser Kochtopf und ein paar Packungen Reibkäse vom gemeinsamen Mittagessen.

Während sich einige auf ihren knarrenden Holzstühlen zurücklehnen und den blauen Dunst ihrer Zigarette in die kühle Luft des Raumes pusten, sind andere bereits wieder mit Aufbauarbeiten beschäftigt. Sie alle sind Mitglieder des Vereins «Zentralwäscherei». Den Namen trägt der Verein in Anlehnung auf die Zentralwäscherei Zürich, die sich in dem Industriegebäude im Kreis 5 befand. In den Hallen im Erdgeschoss, in denen die Stadt bis 2019 rund 50 Tonnen Wäsche pro Tag für Spitäler und Heime gewaschen hat, erinnert heute kaum noch etwas an die ehemalige Funktion des Gebäudes.

Alle haben mich mit einer warmen Umarmung empfangen und ich konnte gleich mit anpacken.

Mitglied des Vereins Zentralwäscherei

«Die meisten Leute arbeiten heute an der Technik», erklärt eines der Mitglieder, das noch am Mittagstisch sitzt. Er deutet mit dem Finger auf drei Männer, die gerade Kabel durch die metallenen Hängevorrichtungen an der hohen Decke der Kantine ziehen und Geräte in einen anderen Raum tragen. Es handle sich dabei um das Betriebsteam Technik, das zusammen mit anderen Vereinsmitgliedern die Lichter im zukünftigen Clubraum anbringt, fährt der junge Mann fort.

Seinen Namen nennt er – wie alle Mitglieder – nicht, da sich niemand der rund 200 Vereinsmitglieder in den Vordergrund stellen möchte. «Das Zwischennutzungsprojekt soll im Zentrum stehen und nicht einzelne Individuen», erklären andere Anwesende in der Kantine daraufhin. Wichtig ist dem Verein vor allem ein niederschwelliger Anbieter für Kulturveranstaltungen zu sein, der basisdemokratisch organisiert ist.

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Im Kantinenraum eröffnet der Verein ein Restaurant mit Bühne.

Eine Oase für die Stadt

Die ZWZ soll für die nächsten fünf Jahre Raum bieten für verschiedene Veranstaltungsformate (Wir waren bereits im vergangenen Jahr dort). Mitarbeiten kann am künftigen Kulturraum grundsätzlich jede:r, unabhängig von Arbeitserfahrung und Wissen, erklärt das Kollektiv. Wer neu dazu kommt, kann frei wählen wie er:sie sich in das Projekt einbringen möchte.

Die Stadt finanzierte den Umbau der Hallen mit insgesamt 550'000 Franken, was jedoch nicht für alle Arbeiten reichte, erklärt der Verein. So arbeiteten neben bezahlten Arbeitskräften viele Verinsmitglieder freiwillig am Umbau. Insgesamt leisteten die Vereinsmitglieder über 15’000 ehrenamtliche Arbeitsstunden für den Umbau der etwa 1000 Quadratmeter grossen Halle. Kompetenzen bringen sich die Mithelfer:innen gegenseitig bei, wer schon länger dabei ist, führt neu Hinzukommende in die Arbeitsabläufe ein. die Hierarchie bleibe dabei bewusst so flach wie möglich und alle Mitglieder bestimmen Entscheidungen in Vereinssitzungen gemeinsam.

«Mein Können bei diesem Projekt einzubringen, ist eine sehr sinnstiftende Erfahrung für mich», sagt ein gelernter Zimmermann über seine Arbeit am Zwischennutzungsprojekt. Er engagiert sich seit Ende Mai im Zwischennutzungsprojekt. «Alle haben mich mit einer warmen Umarmung empfangen und ich konnte gleich mit anpacken», erklärt er. «Zu Beginn habe ich gar nicht begriffen, wie gross dieses Projekt ist und dass es eine neue Oase für Zürich bildet», sagt ein Student, der neben dem Zimmermann am Tisch sitzt.

Für drei Monate ausgebucht

Neben der Kantine samt Grossküche, die dereinst durch ein dreiköpfiges Küchenteam als Restaurant geleitet wird, bilden zwei weitere grosse Räume einen Teil des Zwischennutzungsprojekts. Der grösste Raum ist eine bisher noch weitgehend leerstehende Fabrikhalle, in der nur einige mit Zimmerpflanzen und Geräten gefüllte Europaletten stehen. «Hier sollen in Zukunft Theatervorstellungen, Lesungen oder auch Boxkämpfe stattfinden», erklärt ein Mitglied des Betriebsteams, während er durch die hell erleuchtete Halle führt.

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In der grossen Halle können mehrere Veranstaltungen gleichzeitig stattfinden.

Dabei unterscheidet er zwischen externen und internen Veranstaltungen: «Während interne Veranstaltungen von Vereinsmitgliedern selbst organisiert werden, arbeiten bei externen Veranstaltungen mit Leuten die Kooperationen mit uns eingehen.» Wer eine Veranstaltung durchführen kann, entscheidet eine Kommission – die sogenannte AG Programm – aufgrund der Kurationsrichtlinien des Vereins. Die Einnahmen, die der Verein mit Eintritten macht, muss dabei in den Kulturbetrieb zurück investiert werden.

Wir sammeln laufend Erfahrungen und werden bestimmt auch Fehler machen. Das gehört zu solch einem Projekt dazu.

Mitglied des Betriebsteams

Die Nachfrage sei sehr gross erklärt das Betriebsteam-Mitglied: «Wir konnten bereits im ersten Quartal nicht allen Bewerber:innen eine Zusage geben. Für die ersten drei Monate sind wir komplett ausgebucht.» Da in der Halle an manchen Tagen mehrere Veranstaltungen gleichzeitig stattfinden, bestehe jedoch eine grosse Herausforderung in der Koordination: Wenn zum Beispiel in einem Teil der Halle eine Theatervorstellung stattfindet, dürfe eine Veranstaltung im anderen Teil der Halle nicht zu laut sein, erklärt der Verein.

Dabei sei die Art und Weise, wie sich das Konzept entwickelt noch offen: «Wir sammeln laufend Erfahrungen und werden bestimmt auch Fehler machen. Aber das gehört zu solch einem Projekt dazu.» Im Verlauf der kommenden fünf Jahre, in denen das Projekt besteht, soll es auch dynamisch sein: «Wir wünschen uns, dass bis in ein paar Jahren auch neue und andere Leute an unserem Platz sind.»

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Vereinsmitglieder während der Arbeit im Beschallungsraum.

Aus einem anderen Raum dringen Geräusche von Bauarbeiten und elektronischer Musik in die Halle. Dort bauen drei Vereinsmitglieder gerade die technische Ausstattung des künftigen Konzert- und Clubraumes aus. In dem sogenannten Beschallungsraum, wie der Verein ihn nennt, fanden die meisten Umbauarbeiten statt.

So wurden unter anderem zusätzliche Wände gebaut, um den Raum möglichst schalldicht von der grossen Halle abzuschirmen. Auf Leitern und Baugerüsten stehend, montieren sie Scheinwerfer und Führungsschienen für Kabel an der Decke. Noch liegen Werkzeuge, Kabel und Boxen quer verteilt im fensterlosen Raum. Doch sowohl die Bar als auch die Wände stehen bereits. Bis zum 17. November soll alles bereit sein für die erste Veranstaltung in der Zwischennutzung. Denn von diesem Datum an bis zum 20. November findet das Eröffnungsfestival statt, bevor der reguläre Kulturbetrieb beginnt.

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