So funktionieren die Zürcher Gemeinde- und Stadtratswahlen - Tsüri.ch #MirSindTsüri
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Von Michael Schallschmidt

Praktikant Redaktion

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27. Januar 2022 um 22:00

Keine Ahnung, wie die Gemeinde- und Stadtratswahlen funktionieren? Wir erklären es dir

In knapp drei Wochen wählt die stimmberechtigte Stadtbevölkerung den Gemeinde- und Stadtrat. Wie die Wahlen funktionieren, was du berücksichtigen solltest, damit deine Stimme zählt, und wo du dich informieren kannst.

Illustration: Artemisia Astolfi/Seraina Manser

In allen Quartieren Zürichs erstrahlen die Wahlplakate in rot, blau, grün und pink und Wahlwerbung quillt aus den Briefkästen. Ehrgeizige Kandidierende und Wahlhelfer:innen stehen auf den Strassen und verteilen Broschüren an die Passant:innen. Seit Wochen ist dies ein gewohntes Bild, denn der städtische Wahlkampf hat seine heisse Phase erreicht. 

Am 13. Februar 2022 entscheidet die stimmberechtigte Stadtbevölkerung Zürichs, wer für die nächsten vier Jahre die grösste Stadt der Schweiz regieren (Stadtrat), wer sie repräsentiert (Stadtpräsidium) und welche Parteien im Parlament das Sagen haben (Gemeinderat) soll. Wenn du mehr über die politischen Mechanismen der Stadt erfahren möchtest, findest du hier eine Übersicht.

Auf dem Spiel stehen gleich zwei Instanzen mit gewichtigem Einfluss. Zum einen ist dies der Gemeinderat, der als Legislative Gesetze formuliert und diese erlässt, zum anderen der Stadtrat, der als Exekutive die Gesetze umsetzt und der Stadtverwaltung vorsteht. 

Da die Stadt kein E-Voting anbietet, verbleiben zwei Optionen zur Stimmabgabe. Dabei handelt es sich um die briefliche Wahl oder den Gang zur Urne. Wer brieflich wählen möchte, muss die Wahlunterlagen bis zum 8. Februar ausgefüllt auf die Post bringen, beziehungsweise einwerfen. Wer dieses Datum verpasst, kann bis zum Wahlsonntag um 12 Uhr an der Urne abstimmen. Wo und wann der Urnengang möglich ist, deklariert die Stadt auf ihrer Website. Wenn deine Wahlunterlagen beschädigt sind, unvollständig oder du sie nicht erhalten hast, kannst du dich an dein Kreisbüro wenden.

Jede:r Zweite darf wählen

Mitentscheiden und gewählt werden können nur diejenigen, die in Zürich stimmberechtigt sind. Das sind alle, die in der Stadt wohnen, mindestens 18 Jahre alt sind und über die Schweizer Staatsbürgerschaft verfügen. Im Jahr 2018 traf dies auf rund 228'000 Personen oder etwas mehr als die Hälfte der Stadtbevölkerung zu.

Die Wahlberechtigten wählen den 125-köpfigen Gemeinderat im «Proporzverfahren», auch Verhältniswahl genannt. Die Sitze werden folglich im Verhältnis zum Stimmenanteil der Parteien vergeben. Die Wähler:innen stimmen in erster Linie für eine Partei und erst danach für die einzelnen Personen. Beim Auszählen werden also zuerst die Parteistimmen gezählt und so die Parteistärke bestimmt. Anhand der Parteienstärke werden die Sitze auf die Parteien verteilt, die an die Kandidat:innen mit den jeweils meisten Stimmen gehen.

Jede Partei oder Interessengruppe stellt ihre Kandidierenden dafür auf einer Liste zur Wahl. Auf diesen Listen steht ganz oben, welche Partei oder Gruppierung ihn:sie eingereicht hat. Jede Partei verfügt über eine «Listenbezeichnung» in Form einer Nummer, die ebenfalls oben auf der Liste steht. Es ist wichtig, dies zu berücksichtigen, weil anhand der Liste die Parteistimmen vergeben werden.

Insgesamt treten zwölf Parteien und Gruppierungen für die diesjährigen Gemeinderatswahlen an. Die Gemeinderatssitze sind auf insgesamt neun Wahlkreise verteilt. Du erhältst alle Wahlzettel der Parteien, die in deinem Wahlkreis Kandidat:innen aufgestellt haben. Je nachdem, wie viele Einwohner:innen ein Wahlkreis hat, stehen ihm:ihr mehr oder weniger Sitze zu.

Kandidat:innen erteilen Auskunft

Wie einige Kandidierende und Parteien zu Themen wie beispielsweise Wohnen oder den Netto-Null-Zielen stehen, erfährst du auch in der Politk-Rubrik von Tsüri.ch. Auch die Wahlhelfer:innen und Kandidat:innen, die auf der Strasse Flyer und Merch verteilen, geben dir gerne Auskunft über ihre Vorhaben und Ziele. Politiker:innen reden sehr gerne und ausserdem kann es Spass machen, im direkten Gespräch Widersprüche und Schwachstellen zu entdecken.

Es bestehen verschiedene Möglichkeiten, um zu erfahren welche politische Haltung und Ziele die einzelnen Parteien und Kandidat:innen verfolgen. Auf Smartvote findest du eine Übersicht aller Kandidat:innen für den Gemeinderat inklusive eines politischen Kompasses. 

Solltest du dir nicht sicher sein, welche:r Politiker:in oder welche Partei deiner Einstellung am ehesten entspricht, kannst du einen Online-Fragebogen ausfüllen. Dieser dient als Orientierungshilfe und zeigt dir, wo du dich im politischen Spektrum befindest.

Eine Liste, viele Möglichkeiten

Du hast zwei Möglichkeiten, wie du mit den Listen den Gemeinderat wählen kannst. Du kannst eine vorgedruckte Liste derjenigen Partei nehmen, die dich am meisten überzeugt, und sie unverändert lassen. Damit wählst du alle Kandidat:innen auf dieser Liste und gibst der entsprechenden Partei deine Parteistimmen.

Die andere Möglichkeit ist, eine vorgedruckte Liste zu verändern. Wenn du eine Liste deinen Wünschen entsprechend anpasst, kannst du folgendes tun:

Willst du eine Person auf der Liste nicht wählen, streiche ihren Namen durch. Dafür kannst eine:n Kandidat:in, der:die schon auf der Liste steht, ein zweites Mal aufschreiben, damit erhöht sich die Wahlchance um eine Stimme – das nennt sich kumulieren

Weiter darfst du einzelne Kandidat:innen auf einer Parteiliste durch Kandidat:innen anderer Parteien ersetzen. Damit gibst du mehreren Parteien deine Parteistimmen, weshalb sich diese Taktik panaschieren nennt. 

Auch kannst du auf einer Liste Kandidat:innen ersatzlos streichen, dann bleiben die Parteistimmen erhalten, aber die gestrichenen Kandidat:innen erhalten keine Stimme von dir.

Du kannst auch die Parteibezeichnung und die jeweilige Listennummer ganz oben auf der Liste ändern. Falls du leere Linien auf deiner Liste hast, gehen diese Stimmen an die eingetragene Partei.

Deine Stimme ist nur dann gültig, wenn:

  1. du nur eine Liste einreichst.

  2. du die Änderungen handschriftlich und leserlich angebracht hast.

  3. der Stimmrechtsausweis unterschrieben beiliegt.

Zürichs Repräsentant:innen

Anders als beim Gemeinderat handelt es sich bei den Stadtratswahlen um ein «Majorzverfahren». Folglich gehen die neun Stadtratssitze an diejenigen, die eine Mehrheit der Stimmen erhalten, genauer gesagt ein absolutes Mehr plus eine Stimme erreichen. Die Wahlkreise und Listenzugehörigkeit spielen dabei keine Rolle. Jede:r Zürcher:in kann unabhängig vom Wohnort jede Person wählen, die in der Stadt stimmberechtigt ist. Du erhältst für die Wahl des Stadtrates einen einzelnen leeren Wahlzettel. Dieser ist in zwei Bereiche unterteilt:

Im oberen Teil wählst du die Mitglieder des Stadtrates. Offiziell zur Wahl aufgestellt haben sich insgesamt 25 Kandidat:innen, deren Parteizugehörigkeit und politischen Werdegang du hier findest. Über die politische Einstellung der Kandidat:innen kannst du dich auch auf Smartvote informieren. Auch im Hearing von Tsüri.ch in Zusammenarbeit mit Kosmos erfährst du mehr über die Haltung einiger Stadtrats-Kandidat:innen.

Der Stadtrat besteht aus neun Mitgliedern, von denen eines zugleich Stadtpräsident:in ist. Aktuell hält Corine Mauch dieses Amt inne. Du kannst dementsprechend höchstens neun Personen in den Stadtrat wählen. Wichtig ist vor allem, dass du die Personen eindeutig kennzeichnest, zum Beispiel in dem du neben dem Namen auch den Jahrgang, die Partei, sowie den Beruf oder den Wohnort angibst.

Im unteren Teil des Wahlzettels wählst du das Stadtpräsidium. Hier kannst du eine Stimme abgeben für die Person, die Stadtpräsident:in werden soll. Diese Stimme ist jedoch nur gültig, wenn du diese Person auch im oberen Teil des Wahlzettels als Stadtrat aufgeführt hast. Genau wie bei all deinen Wahlentscheidungen, überlegst du dir am besten gründlich, wen du für diese Funktion wählst. Denn wer das Amt innehält, leitet die wöchentlichen Stadtratssitzungen und repräsentiert die Stadt nach aussen.

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