Stadtratskandidierende im Klima-Check - Tsüri.ch #MirSindTsüri
account iconsearch
Von Isabel Brun

Redaktorin

emailwebsite

1. Februar 2022 um 12:50

Wie grün soll die Zukunft Zürichs werden? Stadtratskandidierende im Klima-Check

Am 13. Februar 2022 wählt Zürich ihren Stadtrat neu. Insgesamt stellen sich 25 Kandidierende zur Wahl. Wer davon was fürs Klima machen will und welche Zukunft sie sich für Zürich wünschen: Wir haben nachgeforscht – und 17 davon einem Klima-Check unterzogen.

Velo, Tempo 30, klimaschonendes Bauen: Klimapolitik ist vielschichtig. (Foto: Michael Schallschmidt)

In knapp einem Monat wählen die Stadtzürcher Stimmberechtigten ihre Regierung neu. Zeit also, um sich über deren Steckenpferde zu informieren. Wie sehen die Kandidierenden die Zukunft von Zürich? Welche Massnahmen planen sie, um das Klima zu schützen? Und was tun sie bereits jetzt für eine lebenswerte Stadt?

Ausserdem haben wir alle Kandidierenden nach einem Lied gefragt, das ihre Politik am besten beschreibt.

Die Bisherigen

Andreas Hauri (GLP)


Als die Schweiz im vergangenen Juni Nein zum CO2-Gesetz sagte, gab sich der Klimaminister der Limmatstadt bestürzt: «Das Gesetz hätte uns bei unseren Klima-Zielen geholfen», sagte er gegenüber SRF. Auch auf der Kosmosbühne bezeichnete er Netto-Null bis 2040 als «ambitioniert», sei aber davon überzeugt, dass es umsetzbar ist. Mithilfe von restriktiven Massnahmen? «Wann immer möglich, sollte man ohne Verbote auskommen», sagt Hauri. Da ist es also doch noch: Das Liberale nach dem «Grün».

«Es hat zu viele Autos in der Stadt», so der Vorsteher des Gesundheits- und Umweltamtes auf die Frage, was Zürich besonders ungesund macht. Vor allem der Lärm, wie auch die Abgase würden uns und unsere Umwelt stark belasten. Die flächendeckende Einführung von Tempo 30 in der Stadt könnte dem entgegenwirken. Er selber, wohnhaft im Kreis 5, habe kein eigenes Auto, bevorzuge das Velo oder den öffentlichen Verkehr. Im ersten Moment könnte man meinen, seine Partei sei die Grüne, doch der 55-Jährige fand in der GLP sein politisches Zuhause. Die Kombination aus Klimaschutz und nachhaltiger Wirtschaft beschäftige ihn besonders, heisst es auf seiner Webseite.

Sein Song:

André Odermatt (SP)

Der Gebäudesektor verursacht immense CO2-Emissionen. Aus diesem Grund will auch Zürich beim Thema Wohnen möglichst klimaneutral werden. Einer, welcher der Stadt zu diesem Ziel verhelfen will, ist der Stadtrat und Hochbauvorsteher André Odermatt. «Verdichten und Kreislaufwirtschaft schliessen sich nicht aus», ist Odermatt sich sicher, während er sich bei der Streitfrage, ob eine Sanierung oder ein Abriss besser ist, kompromissbereit zeigt: «Es gibt Gebäude, bei welchen eine Sanierung wenig Sinn ergibt. In so einem Fall muss man sorgfältig abwägen.» Als Grund nennt er den schmalen Grat zwischen energieeffizienten Neubauten und bezahlbaren Wohnungen. Netto-Null soll nicht auf dem Rücken der Mieter:innen erreicht werden, sagte Odermatt gegenüber der Nachrichtenagentur SDA. 

Die kommunalen Richtpläne seien ein Werkzeug, um die Stadt Zürich zukunftsfähig zu gestalten. Doch statt die einzelnen Themen separat zu denken, müsse man den Richtplan in seiner Gesamtheit sehen: «Wenn man über einen Veloweg spricht, spricht man auch über die Nutzung des öffentlichen Raums oder über die Begrünung. Über Ökologie und Mobilität.» Wie bereits sein Stadtrats-Kollege Hauri ist auch André Odermatt bekennender Velo-Fan, weshalb der heute 61-Jährige in der Vergangenheit immer wieder Vorstösse dazu ins Parlament brachte.

Sein Song:

Corine Mauch (SP)

«Im Klimaschutz sind Pionier:innen gefragt», sagte die Stadtpräsidentin Corine Mauch, als wir vergangenen Sommer für unsere Klima-Redaktionsstelle Member suchten. Auf ihrer Webseite zur kommenden Wahl spricht sie von einer rosigen Zukunft für Zürich und davon, dass die Stadt «immer wieder auch pionierhaft» unterwegs sei. Ein eigenes Auto habe sie noch nie besessen, reise am liebsten mit dem Zug – auch in die Ferien, zitiert der Blick die 60-Jährige. Sie gibt jedoch zu, dass sie zuhause noch mit Gas heize. Etwas, dass sich nach der Annahme des kantonalen Energiegesetzes vergangenen Herbst so oder so bald ändern wird. Die SPlerin unterstützte damals, genauso wie fast alle ihrer Ratskolleg:innen, die Gesetzesänderung: «Wir steigern damit die Lebens- und Umweltqualität in Zürich und bieten Arbeits- und Innovationspotential für die lokale Wirtschaft», so Mauch in einer entsprechenden Mitteilung der Stadt

Ihr Interesse für Klimathemen kommt nicht von ungefähr: Die Politikerin studierte einst Agrarökologie an der ETH und beschäftigte sich auch mit Fragen zum Klimawandel. Sie habe schon früh gewusst, dass sie etwas mit Umwelt und Natur machen wolle. Dass sie sich später auch politisch in diesen Bereichen einsetzen würde, habe auch mit der damaligen Situation zu tun gehabt, schreibt die Alumni-Vereinigung der ETH: Bei den Anti-​AKW-Protesten in den 1970ern sei Mauch an vorderster Front mit dabei gewesen und «sammelte Unterschriften noch bevor sie selbst abstimmen durfte». Ihrer klimapolitischen Einstellung blieb sie treu – auch wenn es nicht ihr Aushängeschild ist. 

Corine Mauch liess uns keinen Song zukommen.

Filippo Leutenegger (FDP)

«Teuer, nutzlos, bürokratisch», der Vorsteher des Schul- und Sportdepartements, Filippo Leutenegger, fand im Abstimmungskampf für das CO2-Gesetz klare Worte. Anders als die übrigen Stadträt:innen wollte er damals von den Verschärfungen nichts wissen. Zu der NZZ sagte Leutenegger damals: Er habe lange gerungen, sei dann aber zum Schluss gekommen, dass er nicht schweigen könne: «Mein liberales Gewissen hat sich geregt.» Sein klimafreundliches Gewissen zeige sich hingegen beim Ausstieg aus den fossilen Energieträgern: Seine Liegenschaften will er auf Solarstrom und Wärmepumpen umstellen. 

Was er zu den aktuellen Plänen seiner kantonalen Parteipräsidenten zum Bau eines neuen AKWs sagt, ist bis dato nicht bekannt. Dass der heute 69-Jährige einst Umweltaktivist war hingegen schon: 1977 nahm der junge Leutenegger an einer Demonstration gegen das AKW Gösgen teil, das 1979 trotz starkem Gegenwind den Betrieb aufnahm. In einem Interview im Tages-Anzeiger von vor zwei Jahren relativiert der FDP-Politiker: «Meine Gegnerschaft zu den AKW richtet sich nicht in erster Linie gegen den Betrieb. Meine Hauptsorge waren und sind die radioaktiven Abfälle.» Doch seine Erfahrungen als Aktivist scheinen in dennoch geprägt zu haben, bezeichnete er sich 2020 jedenfalls noch als AKW-Kritiker.

Klimapolitisch bleibt Leutenegger jedoch seinen freisinnigen Ansichten treu: So hätte der frühere Vorsteher des Tiefbauamts lieber Flüsterbeläge als Tempo 30, will die Stadt nicht ausschliesslich dem Veloverkehr überlassen und Netto-Null bis 2050 wäre ihm ebenfalls lieber gewesen. «Das Ziel, das fossile Zeitalter zu überwinden, ist richtig. Dafür braucht es viel Arbeit, Zeit und Innovation, nicht mehr Steuern und dirigistische Vorgaben.»

Sein Song:

Karin Rykart Sutter (Grüne)


Soziale Gerechtigkeit und Klimaschutz seien ihre wichtigsten Themen, schreibt die Sicherheitsvorsteherin der Stadt Zürich auf ihrer Webseite. Als «Grüne mit dem roten Kern», wurde sie 2018 von der Limmattaler Zeitung bezeichnet. Damals kandidierte die 50-Jährige zum ersten Mal für den Stadtrat. Nach ihrer Wahl wurde ihr das Sicherheitsdepartement zugeteilt, obwohl sie sich als grüne Kandidatin im Wahlkampf vor allem für Umweltthemen stark gemacht hatte: «Wir müssen uns dringend um das lokale Klima kümmern, was bedeutet, dass wir Grün- und Freiräume schützen, die Durchlüftung der Stadt verbessern und natürlich den motorisierten Individualverkehr reduzieren müssen», fasste sie ihre Vision auf Tsüri.ch zusammen

Für letzteres setzt sie sich immer wieder in grossem Masse ein: Bei dem Plan, in Zürich grossflächig Tempo-30 einzuführen, war Rykarts Engagement federführend. «Die Umsetzung von Tempo 30 ist mir wichtig», sagte sie gegenüber der PS-Zeitung. Und auch bei der Diskussion über den Parkplatz-Abbau bleibt die Grüne Politikerin ihrer Partei – und nicht zuletzt ihren eigenen Prinzipien treu: Mit den neuen Richtplänen seien weitere spannende Projekte «umsetzungsreif»; verfolgen will sie vor allem die Realisierung sicherer Velorouten durch die Stadt.

Ihr Song:

Raphael Golta (SP)

Für seine klimapolitischen Bestrebungen ist Raphael Golta bisweilen nicht bekannt. Vielleicht auch, weil bei ihm der Klimaschutz als Sozialvorsteher nicht zuoberst auf der Agenda steht. Der SP-Mann macht das, was für ihn bestimmt ist: Er beschäftigt sich mit der Sozialpolitik. «Zürich für die Menschen», schreibt Golta auf seiner Webseite. Doch was sagt der Verkehrsrat des Zürcher Verkehrsverbundes, der seit 2014 im Stadtrat sitzt, zu Tempo 30, nachhaltigem Bauen oder Netto-Null? Tatsächlich findet man kaum Aussagen von ihm zu Umweltfragen. Bei seiner Kandidatur von vor acht Jahren zeichnete sich jedoch ein klares Bild ab: «Mit Velo, Tram, Bus kommt man in Zürich am besten vorwärts, verbraucht nicht so viel Platz und beeinträchtigt Anwohner sowie die Umwelt am wenigsten», sagte er gegenüber SRF.

Seine Meinung scheint der 46-Jährige seither nicht geändert zu haben. Bei der Debatte um Tempo 30 im vergangenen Jahr war er stets auf der Seite der Befürworter:innen. Ein Auto besitzt Golta ebenso wenig wie ein Führerschein – jedenfalls behauptete das 2017 die NZZ. Ob er ebenso wie seine Parteikollegin und Mitstreiterin Simone Brander für ein Zürich ohne motorisiertem Individualverkehr ist, bleibt offen. Doch es ist anzunehmen, dass er grundsätzlich bei Klimathemen die Parolen der SP vertritt. 

Sein Song:

Michael Baumer (FDP)

Einer, der die Zukunft Zürich nachhaltig mitgestalten will, ist Michael Baumer. Zumindest laut eigenen Aussagen. Machen möchte er dies mit seinem Departement der Industriellen Betriebe, dem er seit seinem Amtsantritt 2018 vorsteht. «Umweltfreundliche Mobilität, klimaschonende und sichere Energieversorgung», lauten die Schlagwörter. Umweltfreundlich, bedeutet für Baumer auch, die Attraktivität des Stadtzürcher öVs zu erhalten und verbessern. Aus diesem Grund trat der Tram- und Bus-Chef der Idee, auf Hauptachsen Tempo 30 einzuführen, von Anfang an skeptisch entgegen. Dass jetzt, mit dem Kompromiss, auf gewissen Strecken nur nachts das Tempo zu reduzieren, scheinbar eine Lösung gefunden wurde, freute den Freisinnigen: «So können wir in den Hauptverkehrszeiten die Leute schnell ins Zentrum bringen», zitierte ihn die Limmattaler Zeitung

Es stellt sich die Frage, ob Baumer nur dann «Ja» zum Klimaschutz sagt, wenn die Einbussen nicht zu sehr schmerzen. Nicht zwingend: Während sein Parteikollege Leutenegger das CO2-Gesetz boykottierte, twitterte Baumer: «Damit klimafreundliche Innovationen noch mehr gefördert werden, sage ich JA zum CO2-Gesetz.» Auch das Ziel des Stadtrats, Zürich bis 2040 klimaneutral zu machen, unterstützt der FDPler. Er stehe voll dahinter, sagte er kürzlich in einem Interview mit der PS-Zeitung. Und wie sieht es mit dem klimaschonenden Heizen aus? In diesem Fall müsse eine marktwirtschaftliche Strategie gefahren werden, ist sich Baumer sicher, dann würde man viel eher auf etwas verzichten oder kompensieren. 

Sein Song:

Daniel Leupi (Grüne)


Die Umstellung auf Netto-Null kostet. Das weiss wohl niemand besser als der Finanzvorsteher Daniel Leupi. «In den nächsten Jahren kommen wegen den Leistungen im Klimaschutz erhebliche Investitionen auf die Stadt Zürich zu», antwortete er, als Tsüri.ch die Stadträt:innen zu den Herausforderungen fürs Jahr 2021 befragte. Bereits 2018, nach einem erneuten Hitzesommer, war dem grünen Politiker klar: «Wirklich nützen – auch für die kommenden Generationen – tut eine Politik, die dazu beiträgt, den globalen Anstieg der Temperaturen zu bekämpfen, auch lokal.» Weniger CO2-Ausstoss zu produzieren, sei dabei entscheidend. Die Hebel «Mobilität» und «Heizen» nannte er schon drei Jahre bevor Netto-Null bis 2040 für die Stadt Zürich entschieden wurde. 

Durch die Stadt fährt Leupi am liebsten auf zwei Rädern. Das Velo gilt als sein Steckenpferd; auch, weil sich seine berufliche Vergangenheit rund um den Langsamverkehr drehte. 1998 gründete er in Olten das «Velobüro», präsidierte über zehn Jahre lang den Verein Pro Velo Zürich und war in der Velokommission tätig. In Zürich bestehe akuten Handlungsbedarf was die Sicherheit von Velofahrenden betrifft, sagte der grüne Stadtrat während eines Wahlpodiums von Tele Züri: «Befragungen bei den Verkehrsteilnehmenden besagen, dass nicht einmal die Autofahrer:innen so unzufrieden mit den Angeboten sind wie die Personen, die mit dem Velo unterwegs sind.»

Sein Song:


Die Herausforder:innen

Sonja Rueff-Frenkel (FDP)

«Bedürfnisorientiert», dieses Wort scheint Sonja Rueff-Frenkel gut zu beschreiben. Sei es beim Thema Wohnen oder Mobilität. Gerade bei letzterem komme für sie nur eine Kombination von Motorfahrzeugen und Velos respektive öV in Frage: «Eine Stadt wie Zürich, die ein wichtiger Wirtschaftsstandort ist, braucht Autos.» Um auf den Strassen dieser Stadt unterwegs zu sein, seien Elektroautos für sie eine sinnvolle Alternative. Allerdings würden diese schneller fahren als 30 km/h; zumindest auf den Hauptachsen. Aber: «Es gibt sicher Quartiere, in denen es zu viele Autos hat, und dort macht es auch Sinn, 30er-Zonen einzuführen.» Tunnels scheinen für die 49-jährige Kantonsrätin ebenfalls eine Lösung zu sein, war sie doch Verfechterin des Rosengartentunnels. 

Nachdem das CO2-Gesetz abgelehnt wurde, sprach sich Rueff-Frenkel für das Energiegesetz aus. Anders als Hauseigentümerverbände – und das, obwohl sie als stellvertretende Geschäftsführerin des HEV Aargau tätig ist. «Das Energiegesetz ist jetzt ein Kompromiss, zu dem man stehen kann, wenn man die Klimaziele ernst nimmt», wurde sie von der NZZ vergangenen Juni zitiert. Ansonsten würde sie bei Klimafragen die Meinung ihrer Partei vertreten, welche die kommunalen Richtpläne als «sozialistisch angehaucht» beschrieben hatten.

Ihr Song:

Walter Angst (AL)


Die klimapolitischen Ansichten von Angst widerspiegeln auch die Interessen seiner Partei, der Alternativen Liste, in der er seit fast drei Jahrzehnten aktiv ist: Zwar sprach sich die AL für die kommunalen Richtpläne aus – haderte jedoch gerade mit dem Siedlungsrichtplan, «weil er keine Antwort auf die grossen Zukunftsfragen der Stadtentwicklung gibt», schrieb Angst vor den Abstimmungen im November letzten Jahres. Für wie viel Weitblick der langjährige Gemeinderat bei einer Wahl als Stadtrat wohl sorgen wird? Dafür wäre eine gute Portion Mut sicher von Vorteil.

Beim Thema Wohnen steht der Stadtrats-Kandidierende Walter Angst in einem starken Kontrast zu Rueff-Frenkel: «Wir bauen unser eigenes Klimagrab», fasste er die Situation am Kosmopolitics vom 17. Januar zusammen. Vor allem die vielen Tiefgaragen, die in der Stadt Zürich gebaut würden, sind dem 60-Jährigen ein Dorn im Auge. «Wenn Beton für Garagen verbuddelt wird, ist das alles andere als nachhaltig», das habe mit Kreislaufwirtschaft nichts mehr zu tun. Und um Netto-Null bis 2040 erreichen zu können, sei eine schnelle Umstellung auf diese zwingend, so Angst. Dabei soll auch über die Stadtgrenzen hinaus gedacht werden: «Es geht nicht, dass wir unser Gas an Kantone in der Ostschweiz verkaufen», stellt der Kommunikations-Verantwortliche des Zürcher Mieter:innenverbands klar.

Sein Song:

Simone Brander (SP)

In der Stadt Velo zu fahren, ist für Simone Brander zu gefährlich, und trotzdem gilt die SPlerin als Velopolitikerin schlechthin. Egal, ob Velorouten-Initiative, Verkehrsrichtplan oder bei Diskussionen über Parkplätze, Brander spricht sich stets fürs Velo und gegen Autos aus. Aus Gründen der Sicherheit, aber nicht zuletzt auch wegen dem Klimaschutz. «Das Engagement für klimaneutralen Verkehr ist mir wichtig», sagte sie kürzlich im Interview mit dem Tagi. Zwar gehe es nicht darum, alle Autos zu verbieten, aber ein Zürich ohne benzinbetriebene Fahrzeuge sei erstrebenswert, so die 43-Jährige gegenüber Tsüri.ch – eine Meinung, die sie mit ihrer Partei teilt. 

Die kommunalen Richtpläne befürwortet Brander aber nicht nur wegen den Velorouten. Sie seien die Grundlage für eine nachhaltige Stadtentwicklung; für mehr bezahlbare Wohnungen und lebendige Quartiere. Auf der Bühne des Kosmos äussert sie den Wunsch, als Stadträtin «die Zukunft der Stadt mit den Menschen zusammen entwickeln zu können». Denn wie auch schon ihr SP-Kollege Odermatt befürchtet die Stadtratskandidierende, dass bei klimaschonenden Neubauten die Wohnungspreise ins Astronomische steigen und für einkommensschwache Menschen unbezahlbar werden.

 

Ihr Song:

Dominik Waser (Grüne)

«Es braucht mehr zukunftsfähige Gebäude», antwortet Dominik Waser auf die Frage, was gute Architektur für ihn sei. Gute Gebäude müssten seiner Ansicht nach also in erster Linie nachhaltig sein. Sanieren statt Abreissen lautet Wasers Devise. Beim Thema Neubau zeigt er sich zwiegespalten: «Damit Architekt:innen neue Lösungen entwickeln können, müssen die Rahmenbedingungen stimmen. Wenn immer der Neubau gewinnt, wird zu wenig nach Alternativen gesucht.» Finanzieren soll das unter anderem die Stadt. Doch wird das nicht zwangsläufig zu einem Platzproblem führen? «Verdichten bedeutet auch, dass wir ein Stück weit auf Luxus verzichten», meint der 24-jährige Grünen-Politiker.

Was für Waser in Zürich sicher kein Platz haben soll, sind Autos. Zu dominant, zu laut, zu klimaschädlich. Bei der Debatte um motorisierte Fahrzeuge gehe es aber nicht darum, jemandem etwas wegnehmen zu wollen, sondern darüber zu diskutieren, wem der öffentliche Raum überhaupt gehört. Eine Aussage, die ganz nach dem Vorbild seiner Partei kommt. Weiter erstaunt es nicht, dass Wasers Zukunftsvisionen, die er während seinen Auftritten am Kosmopolitics vorträgt, von seinem Engagement im Klimastreik Schweiz geprägt sind.

Sein Song:

Josef Widler (Die Mitte)

Er wolle Zürich «enkeltauglich» machen, schreibt Josef Widler auf seiner Webseite. Dazu brauche es eine gesunde Umwelt. Der Mitte-Politiker mit Jahrgang 54 ist der älteste der 25 Kandidierenden, und hat wohl die klimatischen Veränderungen der letzten 60 Jahren am eigenen Leib erfahren müssen. Zwar ist die Klimapolitik nicht sein Zugpferd; als Hausarzt kennt er sich vor allem bei gesundheitspolitischen Themen aus, wurde durch seine Medienauftritte im Zusammenhang mit dem Corona-Virus bekannt.

Im Interview mit der NZZ zeigte sich jedoch, dass Widler Klimathemen durchaus eine relativ hohe Gewichtung gibt: Es brauche ein Umdenken, so der Kantonsrat. Ist sich aber auch sicher: «Es sagt doch heute keiner mehr, es sei intelligent, den grössten Gangstern der Welt das Geld fürs Öl zu schicken.» Wenn die Leute sehen würden, dass sich die Klimawende rentiert, würden sie freiwillig mitmachen. Vielleicht ein Grund, weshalb er beim CO2-Gesetz in dessen JA-Komitee sass. Wolle man die Leute verändern, gehe es nur über «hinten rechts». Über das Portemonnaie. «Wenn die Energie teurer wird, wird sich etwas bewegen.»

Seine Hoffnungen setzt Widler ausserdem in die Technik – und gibt sich kompromissbereit. Tempo 30 ja, aber nur nachts. Vegetarismus ja, aber nicht immer. Velo ja, «aber nicht alle Leute wollen Velofahren», so der Stadtratskandidat. Ob der Mittelweg dem Klima gut tun wird?

Josef Widler liess uns keinen Song zukommen.

Serap Kahriman (JGLP)

Anfang Januar dieses Jahres reichte Serap Kahriman einen Antrag an den Gemeinderat ein, der ihre klimapolitische Einstellung wohl bereits sehr gut zusammenfasst. Mit der «Stadtvignette» sollen Autofahrende ihren Teil an den Klimaschutz leisten – zumindest was dessen Kosten betrifft. Diese würden momentan noch von der Allgemeinheit getragen werden, obwohl der motorisierte Verkehr die Umwelt stark belastet, schreibt Kahriman, die für die Junge GLP kandidiert, im Initiativtext. Zwar seien Tempo-30-Zonen und die Parkplatzbewirtschaftung «ein probates Mittel, die negativen Auswirkungen des motorisierten Individualverkehrs zu reduzieren». Die Stadt brauche jedoch eine ganzheitliche Lösung. «Velo first!», lautet das Motto der 31-Jährigen. Auch wenn sie zugibt, dass sie, wenn es regnet oder schneit, doch lieber darauf verzichtet, nass zu werden. 

Schaut man sich auf ihrer Webseite um, könnte die Frage danach aufkommen, weshalb Kahriman nicht für die Grünen kandidiert: Unterstützt sie doch Netto-Null bis 2040, wünscht sich mehr Fassaden- und Dachbegrünungen, «damit wir endlich wieder weniger Hitzenächte erleben» und auch bei dem Konzept der Kreislaufwirtschaft soll sich die Stadt Zürich noch mehr anstrengen. Aber: «Liberale geben mehr Freiraum», zitiert sie der Tages-Anzeiger

Stephan Iten (SVP)

«Die Klimaaktivisten würden sich besser in Staatskunde weiterbilden, statt auf der Hauptstrasse Ball zu spielen.» Stephan Itens Meinung zu Demonstrierenden, die sich für mehr Klimaschutz einsetzen, scheint mit diesem Zitat also klar zu sein. Dass dem SVP-Mann der Sinn nicht nach Tempo 30 oder «Stadtvignette» steht, dafür braucht es keine aufwendigen Recherchen. «Heute haben wir eine einseitige Politik: eine Velo-Politik. Gegen das Auto. Wir haben Krieg auf den Strassen», erklärt das Mitglied des Gemeindrats im Interview mit dem Tages-Anzeiger. Anders als viele seiner Konkurrent:innen steht er auf der Seite der Autofahrer:innen, Iten selber fährt einen SUV. Gegen Velowege habe er aber nichts, lenkt er ein, sie sollen einfach nicht zu breit sein. 

Iten repräsentiert seine Partei durchaus konsequent; und diese ist nicht für ihre klimapolitischen Bestrebungen bekannt. «Jetzt treiben sie es zu weit», sagte Iten, als im Sommer 2021 die SP ihre Klimapläne präsentierte, die benzinbetriebene Fahrzeuge in der Zukunft Zürichs nicht vorgesehen haben. Freiheit und Sicherheit dafür stehe er ein, so der 42-Jährige gegenüber der Höngger Zeitung

Stephan Iten liess uns keinen Song zukommen.

Roger Föhn (EVP)

Pragmatisch, ein «Mann aus dem Volk», Handwerker: Roger Föhn gibt sich gerne bescheiden. Auch wenn es ums Klima geht? Ausbau der Velowege fände er zwar gut, aber ohne dem Autoverkehr und öV «Steine in den Weg zu legen». Deshalb hatte er auch vor der Richtplan-Abstimmung vergangenen November nicht nur gute Worte für die Vorlagen übrig: Zwar hoffe der EVPler darauf, dass Zürich endlich zur Velostadt werde, doch die Auflösung des Parkplatz-Kompromisses und die flächendeckende Einführung von Tempo 30 kritisiert Föhn (59) scharf, denn: «Der Autoverkehr lässt sich nicht einfach ‹wegplanen›, er hat in der Stadt eine wesentliche Bedeutung.» Es seien schon Leute weggezogen, weil Parkplätze verschwinden, zitiert ihn der Tages-Anzeiger

Beim Siedlungsrichtplan ging seine Partei gar einen Schritt weiter und empfahl ein «Nein»; er sei ein «Betonwolf im grünen Schafspelz». Der Grünraumverlust werde mit der zusätzlichen Verdichtung noch verstärkt, schreibt Föhn im Namen der EVP in deren Infomagazin. Wie genau ein Kompromiss bezüglich nachhaltigem Wohnungsbau seiner Ansicht nach aussehen soll, bleibt offen. 

Roland Scheck (SVP)

«Verlässlichkeit wählen», steht mit grünen Buchstaben auf Roland Schecks Webseite geschrieben. Sieht man sich Schecks politische Schwerpunkte an, soll Zürich bei einer Wahl seinerseits jedoch alles andere als links-grün bleiben: Obwohl er laut Tages-Anzeiger kein eigenes Auto besitzt, wollte er bereits 2014 «den Rückbau des Verkehrssystems» verhindern. Damals wurde der 53-Jährige von SRF zu seiner ersten Kandidatur für den Stadtrat interviewt. «Die rot-grüne Mehrheit reduziert systematisch die Kapazität des Strassennetzes und verursacht damit volkswirtschaftliche Schäden.» Und heute? Er wehre sich gegen die etablierte Entwicklung, gute und schlechte Verkehrsmittel zu definieren: «Velo super, Auto schlecht.»

Nachhaltigkeit sei auch zwar auch ein Anliegen der SVP, so Scheck, schaut man jedoch die vergangenen Abstimmungsparolen der letzten Jahre an, sind die klimapolitischen Forderungen der Stadt und des Kantons ihr stets zu extrem: «Nein zum CO2-Gesetz», «Nein zum kantonalen Energiegesetz», «Nein zu den Pestizid-Initiativen» und auch der Entscheid des Stadtrats, Netto-Null in Zürich bis 2040 umzusetzen, sorgte für rote Köpfe bei der SVP – dass Roland Scheck eine andere Meinung als seine Partei vertritt, ist nicht anzunehmen, schliesslich sitzt der Wahl-Wiediker seit über zehn Jahren für sie im Parlament. 

Roland Scheck liess uns keinen Song zukommen.

Du willst wissen, was die Stadtratskandidierenden abgesehen von der Klimapolitik für die Stadt Zürich machen wollen? Dann gibt es hier eine Zusammenfassung der Bisherigen und hier eine der Neuen.


(Aufgrund der geringen Wahlchancen der restlichen Kandidierenden wurde auf eine Auflistung verzichtet.)

Das könnte dich auch interessieren