Nach Machtdemonstration: Jetzt müssen die Linken und Progressiven mutig sein
Titelbild: Philipp Meier
Wird jetzt alles anders? Am Sonntag hat das Zürcher Stimmvolk die Rechten und Konservativen scharf zurechtgewiesen – die SVP und die CVP verloren je sechs Sitze – während die Linken und die progressiven Parteien massiv zulegen konnten. Es ist eine Machtdemonstration, welche der SP, den Grünen und der AL die Mehrheit in der Regierung (sechs von neun Sitzen) und im Parlament (69 von 125 Sitzen) für die nächsten vier Jahre sichert. Zusammen mit den offenen Grünliberalen ist die Übermacht noch drückender.
Die Parteien im Zeitvergleich:
https://twitter.com/gregorischmid/status/970384567629643776
Die bürgerlichen wollten einen Machtwechsel in der Stadt Zürich. Können Sie haben: Neue Rot-Grüne Mehrheit im Parlament. #Züriwahl18
— Dominik Bucheli (@dubmastabuchi) March 4, 2018
Die Resultate sind klare Ansagen: Die Zürcher*innen wollen mehr vom Bisherigen. Und darüber hinaus: Sie wollen in einer richtig progressiven und gesellschaftlich offenen Stadt leben und sich vom bürgerlichen Umland konsequent abgrenzen. Zürich will mehr Solidarität, mehr Weltoffenheit.
Die SP, die AL, die Grünen und teilweise auch die Grünliberalen können nun zusammen quasi machen, was sie wollen. Und darum sollten die Politiker*innen mutig sein. Die kommenden vier Jahre können sie dafür nutzen, die Wähler*innenwünsche konsequent umzusetzen und mutig voranzugehen:
- Der öffentliche Verkehr muss für alle kostenlos werden,
- Sanspapiers müssen regularisiert/legalisiert werden,
- Liegenschaften und Land müssen von der Stadt aufgekauft werden,
- Parkplätze müssen abgebaut werden,
- Cannabis muss legalisiert werden,
- ein Netz von breiten Velowegen muss Zürich verflechten,
- wirtschaftlich schwächere Menschen müssen am Stadtleben teilhaben können,
- die Polizei muss für die Leute da sein und ein Spiegelbild der Gesellschaft werden (viel mehr Frauen, viel mehr Migrant*innen),
- die 2000-Watt-Gesellschaft kann realisiert werden,
- die Smart City Strategie muss sich auf Mitsprache fokussieren und
- Ausländer*innen, die schon lange hier leben und Jugendliche ab 16 Jahren sollen das Stimm- und Wahlrecht erhalten.
Am heutigen Wahlsonntag nicht vergessen, dass ein Drittel der Menschen, die @stadtzuerich leben, arbeiten und Steuern zahlen, keine politischen Rechte haben. In meinem Wahlkreis 4+5 sogar 38%. #chvote #ZueriWahl18
— Fran Bassand 💬 (@francoiseleste) March 4, 2018
Damit zurück zur Anfangsfrage: Wird jetzt alles anders? Es ist möglich. Und hängt allein vom Mut der Gemeinde- und Stadträt*innen ab. Wagen sie es, die Wünsche ihrer Wähler*innen auch gegenüber dem Bund oder Kanton durchzusetzen? Was, wenn der Bund die Cannabis-Legalisierung verbietet? Setzt sich die Stadt trotzdem durch? Was, wenn der Kanton Sanspapiers weiter kriminalisieren will? Steht Zürich dann auch für diese Stadtbewohner*innen ein? Was, wenn die SBB an bester Lage lieber Gewinne einfahren wollen statt günstige Wohnungen zu bauen? Spricht die Stadt dann ein Machtwort?
Liessen sich die Politiker*innen tatsächlich wählen, weil sie etwas bewegen und ändern wollen? Oder ist Macht halt einfach geil?
Die Zürcher*innen haben ihr Parlament und ihre Regierung mit einem fast schon radikalen Auftrag neu gewählt. Der Vertrauensvorschuss ist riesig, dieser sollte nicht enttäuscht werden. Zürich braucht Bewegung. Und wenn sich jetzt nichts bewegt, wann dann? Los jetzt.
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