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23. Juli 2021 um 11:00

Weshalb «Brings uf d’Strass» keinen Fehlstart hinlegte

Seit dieser Woche läuft das Projekt «Brings uf d’Strass» in drei Zürcher Quartierstrassen. Das Tiefbauamt setzt sich damit zum Ziel, Strassen in vielseitig nutzbare Freiräume zu verwandeln. Während das Tiefbauamt einen Erfolg in dem Projekt sieht, reden andere bereits von einem «Fehlstart».

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Auf der Fritschistrasse kann die Nachbarschaft jetzt Hochbeete nutzen. Bilder: Michael Schallschmidt

Von Michael Schallschmidt

Wer zwischen dem 19. Juli und dem 20. August die Fritschistrasse besucht, findet anstelle von Autoverkehr gemeinschaftlich nutzbare Hochbeete auf der Strasse. Auch auf der Rotwandstrasse findet in dieser Zeit kein Verkehr mehr statt – die Strasse beherbergt dafür eine nachbarschaftliche Verweiltribüne mit Sitzmöglichkeiten und Bepflanzungen. Die Konradstrasse hat sich kurzerhand in eine Spielstrasse mit einer für alle nutzbaren Werkstatt für Gartenmöbel und Spielelemente verwandelt.

Es handelt sich dabei um drei Nutzungskonzepte, die unter dem Projektnamen «Brings uf d'Strass» ein gemeinsames Ziel verfolgen: «Wir möchten während der Sommerferienzeit neue Freiräume schaffen», schreibt das Tiefbauamt der Stadt Zürich in einer Medienmitteilung. In den ersten Tagen nach dem Startschuss finden sich bereits Anwohner:innen auf den temporären Verweilräumen ein, liegen in der Sonne, spielen Strassenschach oder Ping-Pong.

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Das Studio Konrad beherbergt für die kommenden Wochen eine öffentliche Werkstatt.

Spielkisten statt «Rambazamba»

Das Tiefbauamt habe während der Planungsphase Umfragen in der Nachbarschaft durchgeführt und sich mit den Quartiervereinen ausgetauscht, dies sagt Roger Muntwyler, Projektleiter Kommunikation des Tiefbauamtes. So stehe neben Strassenschach und Spielkisten ein Ping-Pong-Tisch auf Anregung der Anwohner:innen in der Konradstrasse. Der temporäre Freiraum treffe bereits auf Anklang bei der Bevölkerung, sagt Muntwyler: «Bis jetzt funktioniert das Konzept sehr gut. Die Nachbarn treffen sich vor allem nachmittags und abends und nutzen die verschiedenen Angebote».

Ebenfalls auf Wunsch der Anwohner:innen und Quartiervereine befinden sich auf den neu genutzten Strassen keine Konzertbühnen. Dies beuge nächtlichen Lärmbelästigungen vor. «Die Nutzung der Flächen soll vor allem am Nachmittag stattfinden.» Ein «Rambazamba», welches die ganze Nacht andauere, wollen die Anwohner:innen nicht, sagt der Kommunikationsverantwortliche.

Keine mediterrane Nächte für Zürich

Mit den Anwohnenden zusammenzuarbeiten und Gespräche vor Ort zu führen war dem Tiefbauamt bei der Planung ein grosses Anliegen. «Wir wollen der Bevölkerung die Möglichkeit geben, die Strassen nach ihren Vorstellungen zu nutzen», sagte Stadtrat Richard Wolff in einer Medienmitteilung vom 16. Juli. Damit ist Vorgehensweise beim Projekt «Brings uf d’Strass» eine andere, als bei vergangenen Anläufen städtische Freiräume neu zu erfinden. Im Jahr 2020 scheiterte nämlich das Projekt «Mediterrane Nächte».

Die Auffassung der ‹NZZ› können wir so nicht teilen, das Projekt hatte einen guten Start.

Roger Muntwyler, Projektleiter Kommunikation des Tiefbauamtes

Die Stadt Zürich wollte den Restaurants und Bars erlauben, im Juli und im August ihre Gäste an den Wochenenden bis zwei Uhr morgens draussen zu bedienen. Was der Gemeinderat damals mit einer breit abgestützten Mehrheit bewilligte, scheiterte jedoch an Beschwerden aus der Bevölkerung.

Im Juli 2020 schrieb der «Tages-Anzeiger», dass drei Quartiervereine Rekurs gegen das Projekt ergriffen haben. Die Anwohnerschaft des Idaplatzes sowie auch des Bulligerplatzes und des Niederdorfs habe sich besonders stark gegen das Projekt gewehrt. Als Grund gaben Anwohner:innen vor allem die Angst vor einer noch stärkeren Lärmbelästigung an. Letztendlich scheiterte das Projekt aufgrund der Rekurse durch die Bevölkerung, sodass es nicht zur Umsetzung kam.

Eine gespaltene Anwohnerschaft

Obwohl dem Projekt «Brings uf d’Strass» nicht dasselbe Schicksal widerfuhr, gab es dennoch auch Widerstand aus der Bevölkerung. Von den 23 Anwohner:innen der Fritschistrasse, die an der Umfrage zum Projekt teilnahmen, äusserten sich 12 Teilnehmende kritisch oder negativ. Dies schreibt der Quartierverein Wiedikon in einem Communiqué. Auch Urs Rauber, Präsident des Quartiervereins Wiedikon, drückte darin seinen Unmut über die temporäre Umnutzung an der Fritschistrasse aus. «Das Projekt spaltet die Anwohnerschaft statt sie zu einen», sagte Rauber im Gespräch mit Stadtrat Richard Wolff gemäss der Mitteilung des Quartiervereines.

Für die «NZZ» war dieser Vorfall zwischen Rauber und Wolff Grund genug, um das Projekt als gescheitert anzusehen. Am 16. Juli – drei Tage vor Beginn des Projekts – veröffentlichte die Zeitung einen Artikel, in dem sie dem Projekt einen «fulminanten Fehlstart» unterstellten. Die Kommunikation zwischen der Stadt und der Anwohnerschaft sei schlecht aufgegleist und noch schlechter kommuniziert worden, steht weiter im Artikel.

Dem widerspricht Muntwyler jedoch: «Die Auffassung der ‹NZZ› können wir so nicht teilen, das Projekt hatte einen guten Start». Nach Ende des Projekts plant das Tiefbauamt, eine erneute Umfrage in der Nachbarschaft durchzuführen. Die Anwohner:innen der betroffenen Quartiere können dann nochmals ihre Meinung zum Projekt anbringen. Bei diesem handle es sich grundsätzlich um einen Pilotversuch, sagt Mutzwyler. Ob ein solches in den kommenden Jahren nochmals zur Umsetzung komme, sei am Ende an eine politische Entscheidung.

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Für einmal keine Autos an der Rotwandstrasse.

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