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Von Seraina Manser

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12. Februar 2018 um 09:10

Was uns die Wahlplakate sagen wollen

«Warum hält Stadtratskandidat Andreas Hauri ein dickes Manuskript in den Händen, wenn er doch die Stadt digitaler machen will?» – Fünf Wahlkampfplakate unter der Lupe.

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Plakat 1: Andreas Hauri – «So isch Züri»

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Wer sich ab und zu am Bullingerplatz im Kreis 4 rumtreibt, wird sofort erkannt haben: Andreas Hauri hat das Foto für sein Wahlplakat nicht in seinem Büro oder zu Hause geshootet, sondern im Café du Bonheur. Just in dem Café, das der Tagesanzeiger im vergangenen Frühling als den «wohl hippsten Flecken Zürichs» bezeichnete. Ist das alles Kalkül, in der Hoffnung mit der Wahl des Sujets stimmen bei den K4-Hipstern zu holen? In den Händen hält er ein mehrseitiges, einseitig bedrucktes Manuskript. Der Marketingleiter, der die Stadt digitaler machen will, druckt sich seine bibeldicken Notizen aus? Hat er kein Tablet? Die Betrachtenden kommen sich vor, als würden sie selbst mit «Andi» am Tisch sitzen und gleich bei einem Café au Lait mit ihm politisieren. Die Perspektive des Fotos ist frontal gewählt und zeigt ihn nur bis knapp zum Bauch, was diesen Eindruck von Nähe noch verstärkt. Der blaue Kreis betont Hauris Augen und nimmt den Schriftzug der Wand auf. Seine Kleidung hat er bewusst casual-chic gewählt: Er will eine Falle machen, aber ja nicht als FDPler rüberkommen – darum trägt er auch kein normales Jacket, sondern ein Gilet. Mit dem man ihn aber schnell mit den Kellner verwechseln könnte. Mit dem Hashtag #hauri2018 und dem Slogan «So isch Züri» auf grünem Grund, der stark an jenen von Radio 24 «Das isch Züri» erinnert, versucht er junge Frische auf das Plakat zu bringen. Gelingt ihm nicht schlecht.

Plakat 2: Filippo Leutenegger und Michael Baumer – «Meh Blau»

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«Für Sie am 4. März in den Stadtrat» – die FDP wählt Hochdeutsch und das formelle Sie, um die Wähler*innen direkt anzusprechen. Für den Slogan «Meh blau für Züri» greift sie auf Schweizerdeutsch zurück, auch der Ausdruck «Stapi» ist umgangssprachlich. Im Business-Partnerlook stehen Baumer und Leutenegger steif vor einer kahlen Steinwand und grinsen. Man könnte fast meinen, die beiden seien an den Unterarmen zusammen gewachsen. Als siamesische Zwillinge wollen sie den Einzug in den Stadtrat und Filippo Leutenegger auf den «Stapi»-Thron schaffen. Farblich eine triste Angelegenheit und ein Durcheinander im Layout: Willkürlich angeordnete Textbausteine, ein Kreis auf Leuteneggers Schulter und ein blauer Balken, der in einem Farbklecks mit Slogan endet. Nur dumm, dass viele «Meh Blau» wohl nicht mit der FDP, sondern mit dem Alkoholpegel am Wochenende in Verbindung bringen...

Plakat 3: «Top 5» – Zukunft gestalten

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Ein Plakat für einen neuen Low-Budget-Sci-Fi-Film? Nein, es handelt sich hier um das Wahlplakat der «Top 5», dem Verbund der FDP, SVP und CVP Kandidat*innen. Die «Top 5» wollen gemeinsam in den Stadtrat einziehen. Dresscode: Paradeplatz-Banker*innen. Leutenegger steht in der Mitte im Vordergrund und ist am grössten, die anderen vier dürfen sich dahinter und nebendran anstellen. Mit einem Gegensatz wollen sie überzeugen: Wählst du diese fünf, gestalten sie die Zukunft und bevormunden und verwalten nicht! Was heisst das? Eine Stadt ohne Verwaltung, die bevormundet die Bevölkerung nicht, unterstützt sie aber auch nicht. Ist das wirklich das, was sie damit aussagen wollen? Das rote «statt bevormunden und verwalten» ist das einzige Element auf dem Plakat, das sich von der grau-blau-weissen Suppe abhebt. Die fünf werden von hinten beleuchtet und ein futuristischer Leuchtstreifen trennt die Oberkörper von der Schrift. Die Schrift ist schwungvoll, kursiv und spielerisch – würde vom Stil her besser in eine Milchschnitten-Werbung passen. Auch das kindliche Logo mit dem Züri-Leu irritiert, er sieht aus wie ein Origami-Tierchen.

Plakat 4: Wolff tut Zürich gut.

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Bäm! Die AL greift auf knallige Farben und fettgeschriebene Schlagwörter in serifenloser Schrift zurück. Das Portraitfoto des Kandidaten Richard Wolff rückt in den Hintergrund, wichtiger sind hier die politischen Standpunkte der Partei und dass der Wolff Zürich gut tut, was immer das heissen mag. Irritierend sind die ausgefransten Enden des pinken Hintergrunds: Ist das Spraydosenstil oder die Imitation eines flauschigen Pullovers? Das Plakat bietet zwei Leserichtungen. Von oben nach unten und von links nach rechts, heisst die Botschaft: Die AL will gegen teuere Wohnungen kämpfen, Wolff tut Zürich gut und die AL will Unruhe bewahren. Lesen wir das Plakat aber von links nach rechts über die ganze Breite, gibt es ein heilloses Durcheinander: «3500.- Wolff Unruhe für Zürich tut gut. Bewahren.» Beim schnellen Betrachten funktioniert dieses Plakat nicht.

Plakat 5: Grüne

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Velos, Tram, Bäume – Die Grünen zeigen auf ihrem Plakat bildhaft, wohin ihre Politik führen soll. Die beiden Kandidat*innen stehen entspannt auf einem Zürcher Platz, nur die synchron geballte Faust im Hosensack verrät, dass ihnen nicht ganz wohl ist beim Posieren. Die Farben des Logos oben rechts finden sich so auch in den fetten Schriftzügen in Capslock wieder. Mit der Genderpolizei-Brille auf, könnte man anmerken, warum Leupi oben steht und Karin Rykart unten? Denn die gängige Bildbeschriftung folgt dem Muster von links nach rechts. Hier wird Leupi zuerst genannt, obwohl er rechts steht. Die Grünen verzichten auf Parolen oder Slogans, die Namen und «in den Stadtrat» muss ausreichen. Als einzige Personen auf den analysierten Plakaten zeigen sie den ganzen Körper, das hätte man allerdings auch dynamischer darstellen können. Auch bezüglich Kleidung hätten die Grünen mehr wagen können: mehr Farbe und weniger Kragen. Alles in allem strahlt dieses Bild jedoch eine entspannte, helle Atmosphäre aus.

Hinweis: Die Auswahl der Plakate wurde subjektiv getroffen, die Autorin hat jene fünf ausgewählt, denen sie in der Stadt am häufigsten begegnet ist.

Fotos: Seraina Manser

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