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25. August 2017 um 07:23

Tsüri-Chopf Debora Gerber: «Die Menschen sollen Lust an der Kreativität bekommen»

Debora Gerber, eine der vier Gründerinnen von «Papergirl Zürich», ist überzeugt: «Ich chan nöd male» gibt es nicht. Das Projekt will alle dazu motivieren, die eigene Kreativität zu entdecken und die Angst vor Unbekanntem abzulegen. Wie das funktioniert, erklärte uns Debora im Interview.

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Was macht dich aus? Wer bist du?

Ich bin sehr fest Mensch – mit all dem Glück und der Trauer, welche ein Mensch empfinden kann. Ich fühle mich wohl, wenn ich das Gefühl habe, dazu zu gehören. Bei Projekten wie Papergirl Zürich kann ich mich entfalten. Wir sind ein tolles Team.
Ich handle gerne, treffe gerne Entscheidungen und versuche mich an neuen Dingen. Ein Teil davon ist natürlich, dass ich noch nicht genau weiss, wer ich bin. Ich habe schon viele Sachen herausgefunden, aber das Wachsen hört nie auf.

Es kann wirklich jede*r etwas beitragen und es kann wirklich alles sein, es muss nur eines: Rollbar sein.

Debora Gerber

Was ist Papergirl?

Papergirl ist ein urbanes Kunstprojekt aus Berlin, gegründet von Aisha Ronniger. Mittlerweile hat Papergirl Schwesterprojekte auf der ganzen Welt, nun auch in Zürich.
Wir sammeln Kunst: Man kann uns Kunst schicken oder an einen unserer Workshops kommen und sich dort künstlerisch austoben. Es kann wirklich jede*r etwas beitragen und es kann wirklich alles sein, es muss nur eines: Rollbar sein!
Im Moment versuchen wir möglichst viele zu erreichen, die Lust haben, kreativ zu sein! Am 7. - 9. September machen wir dann eine grosse Ausstellung. Am Sonntag, dem 10. September, werden die Kunstwerke gerollt und wir fahren mit den Velos in die Stadt und verschenken die Beiträge.

Es gibt so viele tolle Dinge, die nur in männlicher Form betitelt sind – warum nicht etwas Cooles machen, das nur mit der weiblichen Form betitelt ist?

Debora Gerber

Wer macht denn so bei Papergirl mit?

Es hat durchaus renommierte Künstler*innen, welche zu Papergirl beitragen, mehr oder weniger erfahrene und auch viele Kinder und Senior*innen. Es kommt nicht auf die Qualität an, die Menschen sollen Lust an der Kreativität bekommen und den Mut haben, einen Pinsel oder einen Bleistift in die Hand zu nehmen. Jede*r kann malen!
Die Workshops bieten einen wunderbaren Begegnungsraum, in welchem unterschiedliche Leute zusammenfinden und sich gegenseitig unterstützen und inspirieren.

Nach der Ausstellung verschenkt ihr die Kunst. Warum?

Es passiert selten, dass man einfach so etwas geschenkt bekommt. Wenn man mit einem Kunstwerk überrascht wird, wandert die Inspiration weiter. Geld spielt eine viel zu wichtige Rolle in der Kunstwelt. Wenn man sehr viel Zeit in ein Bild investiert hat und es an Fremde verschenkt, lernt man dadurch, loszulassen. Man weiss nicht, was die Person damit macht – vielleicht hängt sie es auf, vielleicht wirft sie es gleich wieder weg.

Warum «Papergirl» ?

In Amerika gibt es «Paperboys», die Zeitungen verteilen. Es geht darum, dass wir mit dem Velo durch die Stadt fahren und den Menschen statt Zeitungen Kunst in die Hand drücken, ja fast schon werfen. Es geht um die «Schmeiss-Bewegung» (lacht).
Die Gründerin aus Berlin, Aisha Ronniger, hat sich den Namen ausgedacht, und ich finde den super. Selbstverständlich sollen alle, auch Männer, mitmachen, aber es gibt so viele tolle Dinge, die nur in männlicher Form betitelt sind – warum nicht etwas Cooles machen, das nur mit der weiblichen Form betitelt ist?

Es war schön, zu sehen, wie glücklich und dankbar er war, mit dabei sein zu dürfen. Die Entstehung eines Bildes ist ein Wundermoment und etwas sehr Intimes.

Debora Gerber

Was ist bisher das schönste Erlebnis mit Papergirl?

Beim ersten Workshop lief ein Mann mit einem Bild unter dem Arm über die Strasse. Mara quatschte ihn sofort an, er solle sich zu uns gesellen. Er war schon etwas älter und sprach nicht so gut Deutsch. Er setzte sich und wir merkten schnell, dass er Künstler war: Er blieb den ganzen Nachmittag, malte und gab immer wieder Tipps.
Irgendwann ging er, kam aber eine halbe Stunde später wieder, weil er doch nochmals Lust verspürte, ein Bild zu malen.
Es war schön, zu sehen wie glücklich und dankbar er war, mit dabei sein zu dürfen. Die Entstehung eines Bildes ist ein Wundermoment und etwas sehr Intimes. Das ist sehr schön und jedes Mal eine Überraschung. Ja, es macht wirklich glücklich.

Papergirl basiert auf Freiwilligenarbeit – wie dürfen wir uns deinen Alltag vorstellen?

Ich komme aus dem handwerklichen/sozialen Bereich und möchte jetzt mehr in den Kunstbereich schauen. Im Moment Studiere ich im Master Kunst im öffentlichen Raum (MAPS) an der HSLU. Das ist sehr zeitintensiv neben meinem Alltagsjob. Ich merke, wie Teile meines Gehirns, welche ich noch nie benutzt habe, endlich durchblutet werden (lacht).
Nebenbei gibt es immer wieder Projekte, oft kann ich dort gleich mein neuerworbenes Wissen einfliessen lassen. Ich achte aber darauf, dass meine Freund*innen und meine eigene Kreativität noch genügend Platz in meinem Leben finden. Ich will so viel wie möglich ausprobieren!

Was würdest du tun, wenn du für einen Tag Königin von Zürich wärst?

Ich würde politisch ein paar Sachen ändern, klar, aber das wichtigste zuerst: Alle Menschen dürften ausschlafen! Es wäre autofrei und alle würden den ganzen Tag mit Kreide die Strassen bemalen und beschreiben. Abends würden wir von oben ein Foto machen, um die schönsten, buntesten Strassen festzuhalten wo's jeh hätts gitts.

In unserer Stadt entsteht ständig Neues und es gibt schon viel Geniales. In unserer Tsüri-Chopf-Reihe stellen wir dir die kreativen Köpfe hinter den inspirierenden Projekten vor. Kennst du selbst spannende Leute, die tolle Sachen in unserer schönen Stadt anreissen? Dann melde dich bei uns auf [email protected].

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