Stadtzürcher Bauernhöfe: Auf den Gemüsefeldern von Pura Verdura
Für unseren Fokusmonat «Stadt-Landwirtschaft» im September haben wir vorab vier städtische Bauernhöfe besucht. Dieses Mal erzählt das Team der Genossenschaft Pura Verdura, wieso sie ihre Mitglieder in den Anbauprozess einbeziehen und wie sich solidarische Landwirtschaft auf das Konsumbewusstsein auswirkt.
Mitglieder von Pura Verdura dürfen ihren Kompost auf den Acker bringen. (Alle Fotos: Michael Schallschmidt)
Nur wenige Gehminuten von der Tramhaltestelle Balgrist und versteckt zwischen Klinikgebäuden und Familiengärten, befindet sich das Anbaufeld von Pura Verdura. Zwischen Maispflanzen und Salaten hacken Rahel Fuchs und Bettina Schlatter mit Pendelhacken Unkraut aus dem Acker. Rahel ist gelernte Gemüsegärtnerin und arbeitet seit 2020 für den Gemüseanbau-Betrieb. Bettina ist die zweite Gartenfachkraft im Team.
Den Zuckermais, der rechts von den beiden hoch aus dem Feld ragt, ernten sie in wenigen Tagen, erklärt Rahel. Bei anderen Gemüsesorten würde die Ernte in diesem Jahr etwas geringer ausfallen. «Vor allem die Karotten und Pastinaken haben unter dem Wetter gelitten. Es war diesen Sommer einfach zu nass», sagt sie und lässt ihren Blick über den Acker schweifen.
Rahel (links) und Bettina bei der Arbeit auf dem Acker von Pura Verdura.
Wer Gemüse von Pura Verdura bezieht, bekommt solche Auswirkungen auf die Ernte mit. Dies sei so gewollt. Denn der Betrieb arbeitet nach dem Konzept der «solidarischen Landwirtschaft» und ist genossenschaftlich organisiert. Mitglieder der Genossenschaft können ein «Gemüse-Abo» abschliessen.
Bei uns werden die Konsument:innen in den Betrieb involviert.
Rahel, Gemüsegärtnerin
Dafür erhalten sie im Sommer einmal wöchentlich und im Winter alle zwei Wochen einen Ernteanteil in Form einer Gemüsetasche. Diese können die Mitglieder in verschiedenen Depots in Zürich abholen. Zudem arbeiten sie während insgesamt acht Halbtagen pro Jahr auf dem Acker mit. Auf diese Weise bekommen sie die verschiedenen Arbeitsschritte von der Saat bis zur Ernte mit und kennen die Gründe, wenn der Ertrag geringer ausfällt als im Vorjahr.
«Das ist eben die Natur»
«Bei uns werden die Konsument:innen in den Betrieb involviert und teilen auch die Risiken», sagt Rahel. Wenn es ein ertragreiches Jahr war, erhalten die Mitglieder mehr Gemüse, während ertragsschwachen Jahren weniger. Auf dem Acker ist auch Claudia Keller unterwegs. Die Literaturwissenschaftlerin nimmt Kommunikationsaufgaben für Pura Verdura wahr und leistet Öffentlichkeitsarbeit.
«Es ist wichtig zu sehen, dass die Ernte witterungsbedingt und abhängig von der Jahreszeit ist», sagt Claudia. Die Konsument:innen in den Prozess des Anbaus zu beziehen, sei ein Kernanliegen des Betriebs. Begriffe wie «Ernteausfall» sind laut Claudia auf diese Weise weniger abstrakt.
Mitglieder der Genossenschaft helfen bei der Bohnenernte.
Weiter hinten auf dem Acker ernten einige Mitglieder der Genossenschaft Bohnen. Auf grünen Transportkisten hockend ziehen sie sanft die Schoten von den Bohnenpflanzen ab und sammeln sie in Erntekübeln. «Das ist eben die Natur», antwortet eines der Mitglieder lachend auf die Frage, was sie von den witterungsbedingten Ertragsausfällen bei den Karotten und Pastinaken halte. Auf ihren Anbauflächen setzt Pura Verdura wo möglich auf Handarbeit, beispielsweise beim Pflanzen, der Unkrautbekämpfung und bei der Ernte. Die Wiesen, die den Acker umgeben, mähen die Mitglieder mit der Sense, damit weniger Tiere und Insekten zu Schaden kommen.
Die Genossenschaft, die im Jahr 2017 von einem Verein gegründete wurde, verfolgt das Ziel, eine Gemüsegemeinschaft für das Seefeld-Quartier zu sein, die ihre Mitglieder ganzjährig mit Gemüse versorgt. Das Konzept funktioniere sehr gut, sagt Rahel: «Es gibt viele junge Leute und auch Familien, die bei uns als Mitglieder auf dem Feld mitarbeiten.» Zu Beginn wären es noch eher ältere Leute gewesen, die mitgearbeitet haben, führt Rahel aus. Rund 140 Gemüsetaschen verteilt Pura Verdura in den Depots. Die Gemüsetaschen variieren in ihrem Inhalt je nach Jahreszeit und Ertrag der einzelnen Gemüsesorten. Im Winter erhalten die Empfänger:innen der Gemüsetaschen mehr Lagergemüse wie Rotkohl oder Wirz.
Ein anderer Bezug zum Essen
Neben dem Acker, den die Genossenschaft von der Stadt Zürich gepachtet hat, verfügt Pura Verdura auch über mehrere Gewächshäuser. Diese befinden sich etwa zehn Gehminuten vom Acker entfernt auf einem Areal der Psychiatrischen Universitätsklinik. In einem der Gewächshäuser ziehen die Mitglieder unter Anleitung der Gärtnerinnen selbst Gemüsesetzlinge an, um diese später auf dem Acker zu pflanzen.
Die Gewächstunnel dienen dem Anbau von mediterranem Gemüse.
Die anderen Gewächshäuser beherbergen mediterrane Gemüsepflanzen wie Auberginen und Tomaten. Während Claudia an diesen vorbeiläuft, weist sie auf die noch unreifen Tomaten hin. Da es im Sommer nicht so viel Sonnenlicht gab, werden diese erst Mitte August in grösseren Mengen rot.
Im Gegensatz zu den Grossverteilern, die durch Import unabhängig von Witterung und Jahreszeit stets dasselbe Gemüsesortiment anbieten, kriegen die Inhaber:innen von Gemüse-Abos solche Auswirkungen mit, sagt Claudia. «Da bekommst du einen anderen Bezug zum Essen und freust dich vielmehr über reife Tomaten.»
1. Zu Besuch im Wein- und Obsthaus Wegmann
2. Der Bio Waidhof in Zürich-Seebach
3. Auf den Gemüsefeldern von Pura Verdura
Momentan ist Pura Verdura ausgelastet, sucht aber für nächstes Jahr wieder neue Mitglieder. Für Informationen steht die Website von Pura Verdura zur Verfügung.
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