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Von Seraina Manser

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23. August 2021 um 12:26

Sommerserie: Yoga war gestern, heute entspannt man im Waschsalon

Es ist ein aussterbendes Geschäft: In Zürich gibt es nur noch zwei Waschsalon mit Selbstbedienung. Bevor sie irgendwann ganz verschwinden, habe ich für unsere Sommerserie in Leas Waschsalon meine Wäsche geschleudert.

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Snychronwaschen geht nirgendwo besser als in Leas Waschsalon. Alle Fotos: Elio Donauer

Tauchen im Zürichsee, die Stadtgrenze abwandern, in jeder Bar an der Langstrasse ein Bier trinken: Für die aktuelle Sommerserie haben wir uns an Dinge herangewagt, die wir in dieser Stadt noch nie gemacht haben.

Mit einer Tasche voller schmutziger Wäsche im Velokörbchen fahre ich durch den strömenden Regen auf das Lochergut zu. Warum? Ich hätte mit der Dreckwäsche auch zu Hause zwei Stockwerke nach unten, in die Waschküche, gehen können. Dort hätte ich mich mit einem Blick auf den Plan vergewissert, dass mein Waschtag war. Dabei kurz geseufzt, da sich schon wieder Herr C. den beliebten Samstag geschnappt hatte. Während die Wäsche in der Trommel geschleudert hätte, hätte ich meinen Einkauf erledigt und die Wäsche danach im Trocknungsraum aufgehängt. Hätte, hätte, hätte – wenn ich mich nicht für diese Sommerserie verpflichtet hätte, Leas Waschsalon zu besuchen. Und für einmal, wie es sich für das Big-City-Life gehört, im Waschsalon zu waschen.

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Unscheinbar draussen und drinnen.

Es gibt nur noch zwei in der Stadt: Leas Waschhaus im Kreis 4 und die Express-Wäscherei beim Rigiblick. Die Waschküche ist in Mietshäusern zwar oft Ursprung eines nachbarschaftlichen Zwists. Doch die meisten kaufen sich wohl vorher eine eigene Maschine, bevor sie die verschwitzten T-Shirts durch die halbe Stadt in einen Salon transportieren. Oder sie lassen sie gleich von einem Wäscheservice zu Hause abholen und sauber wieder liefern. Über Leas Waschsalon gibt es auf Vimeo ein Video. Darin befragen ein Mann und eine Frau die Menschen, die den Salon aufsuchen. Während sie warten philosophieren sie darüber, dass es ihnen zu intim sei, ihre Wäsche öffentlich zu waschen. Sie warten seit zehn Uhr morgens darauf, dass etwas passiert. Die Frau stellt fest, es kommen nur Männer hierher und: Männer, die keine Frau haben, die ihre Wäsche macht...Ok wow! Kaum zu glauben, dass das Video erst neun Jahre alt ist.

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Die Profis transportieren die Wäsche in Ikea-Taschen.

Dank Waschsalon zu Nebenjob

Meine Waschsalon-Vergangenheit ist nicht unbefleckt. Während meines Zwischenjahrs in Paris habe ich meine Wäsche jeweils sieben Etagen runter geschleppt, um sie im Salon in der nächsten Strasse zu waschen. Einmal hatte ich danach nicht nur saubere Kleidung, sondern auch einen neuen Nebenjob. Per Aushang suchte eine Madame eine Dogsitterin für ihre beiden Hunde Vénus und Leo. In Leas Waschsalon geht es an den Wänden weniger anarchisch zu und her. Offizielle Plakate weisen auf die nächsten Ausstellungen und Konzerte hin. An diesem Dienstagabend um 18 Uhr herrscht reger Betrieb. Alle Maschinen sind besetzt und schwingen im Akkord. Als Newbie und zudem zu Corona-Zeiten habe ich natürlich kein Bargeld dabei. Ich mache mich inklusive Dreckwäsche auf zum Bankautomaten und weiter zum Kiosk. Dort kaufe ich ein fancy Heftchen für 15 Stutz und hoffe mit dem Rückgeld genügend Münzen für die Maschine zu haben. Eine 60 Grad Wäsche kostet acht Franken und dauert 45 Minuten. An einem Drehautomaten lasse ich eine Portion Waschpulver raus. Danach füttere ich die Maschine mit den Münzen.

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Statt Süssigkeiten kannst du dir hier eine Portion Waschmittel ziehen.

Ich setzte mich auf die Bank, lasse den Blick über den glänzenden Linoleumboden schweifen. Rechts stehen die Waschmaschinen, links die Tumbler. Neben mir schaut Ali auf sein Smartphone. Warum er hier wäscht, will ich wissen. Seine Waschmaschine sei kaputt und so sei er von der Enge bis nach Wiedikon gefahren.

Im Waschsalon herrscht richtig beruhigende Stimmung. 45 Minuten warten, nichts tun, sich vom eintönigen Sound einlullen lassen.

Die einen gehen 45 Minuten ins Yoga, andere ordnen ihre Chakren im Waschsalon.

Mit dem feinen Unterschied, dass beim ersteren die Kleider dreckiger sind als vorher, beim zweiten umgekehrt. Das Piepsen der Maschine holt mich aus meinen Gedanken. Die Maschine ist fertig und es wartet bereits ein Mann darauf, dass er seine Wäsche hineinpacken kann. Ich gönne meiner Kleidung noch ein paar Runden im Tumbler. Falls deine Waschmaschine ständig besetzt ist oder du viele Kleider auf einmal waschen willst, dann kann ich dir einen Besuch bei Lea empfehlen. Die Kleider durch die halbe Stadt zu schleppen, ist allerdings schon ein wenig anstrengend. In einem Punkt enttäuscht Lea aber, denn sonntags ist ihr Salon geschlossen.

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