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17. Juli 2021 um 08:18

Zürcher Landwirtschaft leidet unter Folgen des Sturms

Weintrauben wurden verhagelt, Kürbisse verkümmern, Bienenvölker sind gestorben: Die Stadtzürcher Landwirtschaft leidet unter den Folgen des Sturms. Wir haben den Höngger Rebberg, die Imkerei Wabe3 und die Gärten von Meh als Gmües besucht. Wegen des schlechten Wetters der vergangenen Monate war die Lage dort ohnehin schon angespannt.

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Frank mag keine Zucchetti, trotzdem ist er traurig, dass diese verkümmern. (Alle Fotos: Elio Donauer)

Von Elio Donauer, Isabel Brun, Rahel Bains

In der Nacht auf Dienstag ist Tief Bernd mit voller Wucht über die Schweiz gefegt. Vor allem in der Stadt Zürich richtete er grosse Schäden an. Gegen 1.30 Uhr in der Nacht erreichten die Einsatzleitzentrale von Schutz & Rettung Zürich innerhalb einer Stunde über tausend Feuerwehrnotrufe wegen des Unwetters, heisst es in einer Medienmitteilung. Starke Winde, begleitet von Hagel sorgten dafür, dass zahlreiche Keller und Strassenzüge überflutetet wurden. Aufgrund umgestürzter Bäume und Starkstromleitungen wurden zudem mehrere Strassen gesperrt. Die Einsatzkräfte der Berufs- und Milizfeuerwehren, des Zivilschutzes und der Polizei standen im Dauereinsatz.

Die Gewitterzelle zog im Kanton Zürich von Westen in Richtung Nordosten. Am stärksten von Schäden betroffen waren der Norden und Westen der Stadt Zürich sowie Teile von Winterthur im Raum Pfungen, Embrach und Seuzach. Auch für Landwirtschaftsbetriebe war der Sturm verheerend. Wir haben mit einer Imkerin, einer Winzerin und einem Gemüsebauern gesprochen.

«Wir versuchen nun zu retten, was noch zu retten ist»

Karin Schär ist Winzerin und verantwortlich für den drei Hektar grossen stadteigenen Rebberg Chillesteig in Höngg. Durch den Sturm ging fast die ganze Ernte verloren. «Unsere Trauben befanden sich bereits in einem fortgeschrittenem Stadium, durch den Sturm und den Hagel wurden die meisten davon zerschlagen. Einige der aufgeplatzten Trauben müsste man dringend behandeln, um die Verletzungen zu desinfizieren, doch der Boden ist zu nass, um mit Maschinen aufzufahren», erzählt Schär. Es wurden zudem auch Blätter zerstört. Die Traube braucht diese jedoch, um weiter zu wachsen. Laut der Winzerin befinden diese sich im Moment in einer Schockstarre, um sich selber zu schützen. Das heisst, dass sie für den Moment nicht weiter wachsen können.

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Die Trauben am Höngger Rebberg wurden vom Hagel stark getroffen.

Generell wird auf dem Rebberg das meiste in sorgfältiger Handarbeit verrichtet, wie zum Beispiel Laubarbeiten. Diese Arbeiten müssen nun wiederholt werden: So müssen Blätter in der Traubenzone entfernt werden, damit die Trauben gut abtrocknen können. «Wir versuchen nun zu retten, was noch zu retten ist. Die Weingüter in der ganzen Region Zürich und entlang des Zürichsees hat es mit mehreren Hagelereignissen stark getroffen», so Schär.

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Die Waben blieben dieses Jahr leer.

Zwei ganze Ernten ausgefallen

Auch bei der Zürcher Imkerei Wabe3, die ihre Bienenvölker auf ungenutzten Flachdächern stationiert, hat der Sturm Schäden angerichtet. «Bienenkästen sind umgekippt, einige Bienen sind deshalb eingegangen», erzählt Imkerin Anna Hochreutener, während sie uns am Standort an der Rautistrasse gleich beim Koch-Areal Einblick in ihre Bienenvölker bietet. Man habe dieses Jahr noch kein einziges Mal ernten können. Daran sei aber nicht der Sturm schuld, sondern das schlechte Wetter: «Normalerweise ernten wir Ende Mai, Ende Juni und Ende Juli», so Hochreutener.

Bald werden sie zum ersten und einzigen Mal in diesem Jahr ernten, zwei komplette Ernten seien ausgefallen. Das habe man so noch nie erlebt: «Diesen Ausfall können wir nicht aufholen.» Angefangen habe das Dilemma im Frühling, weil es sehr kalt und nass war und dadurch die Natur hinterherhinkte. «Normalerweise haben wir im Mai die grösste Ernte. Diese ist jedoch nicht eingetreten, weil nichts geblüht hat. Wenn es regnet, können die Bienen zudem nicht fliegen und es spült den Nektar weg. Sogar wenn die Bienen fliegen könnten, würden sie also keine Nahrung finden», so Hochreutener.

Laut der Imkerin werden Kund:innen nun teils wütend wegen der geringen Menge Honig, die zum Verkauf steht. «Wir können aber nichts dafür. Honig ist ein Naturprodukt, das man nicht einfach so nachproduzieren kann.» Den Bienen gehe es im Moment gut – aber nur, weil die Imker:innen zu ihnen Sorge tragen: «Wenn wir nicht wären, würden sie verhungern.»

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Nur rund ein Zehntel der normalen Ausbeute konnte Anna Hochreutener von wabe3 diese Saison ernten.

«Solche Wetterextreme wird es in Zukunft immer öfters geben»

«Es ist schon seit Anfang Mai sehr schwierig», sagt Frank Meissner, Gemüsebauer bei «Meh als Gmües». Zwar seien sie trotz lang anhaltender Kälte im Frühjahr noch optimistisch gewesen, als dann die Zeitfenster ohne Niederschlag immer kleiner wurden, hätte ihnen das schon zu denken gegeben. Cäcilia von Arb, die als Praktikantin auf dem Betrieb arbeitet, erinnert sich: «Wir konnten in den wenigen trockenen Stunden zwar ansäen, als es dann jedoch weiter regnete, wurden alle Samen wieder weggeschwemmt.»

Der Boden sei schon vor den heftigen Unwettern der letzten Tage völlig übersättigt gewesen. Doch der Sturm von Anfang Woche ist auch bei der Stadtgärtnerei «Meh als Gmües» nicht der Hauptgrund für den schlechten Zustand der Pflanzen: Den Kulturen habe vor allem die tiefe Durchschnittstemperatur der vergangenen Monate zu schaffen gemacht, so Meissner: «Zucchini, Tomaten, sprich alle Pflanzen aus mediterranen Gebieten, hörten einfach auf zu wachsen.» Das sei schon «bitter». Trotzdem hätten sie Glück im Unglück. «Dadurch, dass wir ein Genossenschaftsbetrieb sind, können wir auch unschöne oder zu kleine Gemüse verkaufen – da haben Bäuer:innen, die an Detailhändler liefern weitaus schlechtere Karten», sagt Vonarb.

Ihre Konsument:innen würden einfach das bekommen, was es halt gibt. Und auch ihr Gärtnerkollege Meissner versucht, positiv zu bleiben: «Solche Wetterextreme wird es in Zukunft immer öfters geben. Es liegt an uns, Anbausysteme zu erforschen, die resilient genug sind, um diesen standzuhalten.»

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Diese Kürbispflanzen leiden unter der extremen Feuchtigkeit.

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Trügerische Idylle – die Trauben am Chilesteig in Höngg sind zum Grossteil zerschlagen.

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