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9. Oktober 2021 um 04:00

Schulhaus Höckler: Eine komplizierte Zwischennutzung

Dass es das geplante neue Schulhaus Höckler braucht und es nicht wegen einer dreijährigen Zwischenutzung gefährdet werden soll, war an der Sitzung des Zürcher Gemeinderats im Grundsatz unbestritten. Zu allem anderen jedoch fielen Ausdrücke wie «schwierig» oder «kompliziert».

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Bild: Stadt Zürich

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Text: Nicole Soland

Die Gebäude Allmendstrasse 91–95 sollen zwischengenutzt werden, bis in voraussichtlich drei Jahren der Bau der Schulanlage Höckler beginnt: Darüber war man sich am Mittwochabend im Zürcher Gemeinderat grundsätzlich einig. Dem Baurechtsvertrag und dem Projektierungskredit für die neue Schule für 22 Klassen hatte der Gemeinderat bereits am 10. Februar zugestimmt. Der Vertrag sah vor, dass die Stadt das leergeräumte Grundstück im Baurecht übernimmt. Das hätte bedeutet, dass die alten Fabrikhallen an der Allmendstrasse sofort abgebrochen worden wären. Am 17. März überwies der Gemeinderat deshalb ein dringliches Postulat von Urs Riklin und Selina Walgis (beide Grüne) für eine Zwischennutzung bis zum Rückbau der Gebäude unmittelbar vor Baubeginn.

Kurz vor Ablauf der Referendumsfrist am 19. April ergriff zudem das Komitee Höckler das Referendum gegen den Projektierungskredit und die Übernahme des Baurechts. Bereits an der Gemeinderatssitzung vom 15. April hatte Hochbauvorstand André Odermatt jedoch gute Neuigkeiten überbracht: Der Stadtrat strebe Neuverhandlungen mit den Eigentümern des Grundstücks an, sagte er und führte zur Begründung an, dass ein Referendum jeweils der ganzen Vorlage gilt. Ausgedeutscht: Durch ein zustandegekommenes Referendum wäre die Übernahme des Baurechts verhindert worden, und der Schulhausbau hätte sich verzögert. Der Plan ging auf: Noch bevor die Referendumsfrist ablief, einigten sich die Stadt und die Eigentümer auf einen Nachtrag zum Baurechtsvertrag, der eine Zwischennutzung ermöglichte. Daraufhin verzichtete das Komitee darauf, das Referendum einzureichen.

Was damals nach einem klassischen Happy-End aussah, bekam am Mittwoch allerdings keinen grossen Applaus mehr, im Gegenteil: Es setzte eindeutig mehr Kritik ab als Lob. Was war geschehen? Konkret ging es am Mittwoch um einen Kredit für die dreijährige Zwischennutzung der Gebäude an der Allmendstrasse von 3,6 Millionen Franken. Kommissionspräsidentin Ann-Catherine Nabholz (GLP) führte aus, dass die Stadt die Gebäude bis zum Abbruch im Sommer 2024 als Gebrauchsleihe übernimmt und dafür einen sogenannten Reservationszuschlag von 750 000 Franken pro Jahr zahlt, was dem Baurechtszins entspricht.

Die Stadt verpflichtet sich, alle Unterhalts- und Betriebskosten zu tragen, sprich, sie haftet gegenüber den Eigentümern. Die Nettomiete von 130 000 Franken pro Jahr entspricht der Amortisation der Baukosten, die unter anderem dadurch entstehen, dass in den Hallen bereits entfernte Stromleitungen und Heizungen wieder installiert werden müssen, sowie den laufenden Kosten für Betrieb, Unterhalt, Hauswartung etc. Das führe zu den Mietkosten für die Endnutzer:innen von 85 Franken pro Quadratmeter und Jahr, was zu Kritik geführt hatte (unter anderem in Form eines ganzseitigen Artikels im ‹Tages-Anzeiger› vom Montag/nic.).

  1. Auch zum Thema: Raumbörse: Zwischen Kommerz-Vorwurf und Freiraum mit Stimmen von Zürcher Zwischennutzer:innen

Immobilien Stadt Zürich wirke als «Schnittstelle», sagte Ann-Catherine Nabholz weiter, und übergebe die Hallen an die im Sozialdepartement angesiedelte Raumbörse Dynamo, die bereits andere Zwischennutzungen wie beispielsweise jene in der Zentralwäscherei verwaltet. Die Kommission habe in sehr kurzer Zeit viel Arbeit mit dem Geschäft gehabt, fügte die Präsidentin an. Neuverhandlungen zu fordern, wie das die SVP mit ihrem Änderungsantrag tat, sei jedoch «nicht zielführend» angesichts der einzuhaltenden Fristen.

Die Zeit für Nachverhandlungen wäre zu knapp, und sowieso «braucht es für Verträge zwei Seiten». Würde man «alles über den Haufen werfen», wäre das Schulhaus gefährdet, warnte sie. Reto Brüesch (SVP) begründete den Antrag seiner Fraktion damit, die Kosten für die Stadt wie auch die 85 Franken pro Quadratmeter seien zu hoch. Zudem sei das ganze Konstrukt «praxisfremd». Mit einem neuen Vertrag könnte der Abbruch aufs Jahr 2024 verschoben werden, die Nutzungsdauer würde wie im bereits gutgeheissenen Baurecht bei 100 Jahren bleiben, aber es gäbe weniger Schnittstellen, und man könnte die Hallen einer IG geben, die selbst für Instandstellung und Nutzung schauen würde. So müsste die Stadt statt 3,6 Millionen bloss 600 000 Franken ausgeben.

Günstigerer Mietzins möglich

Dass verschiedene Departemente und Dienstabteilungen involviert sind, kritisierten in der Debattte mehrere Redner:innen: Patrick Hadi Huber (SP) sagte, es sei tatsächlich «nicht alles optimal gelaufen», doch übers letzte Wochenende habe sich eine Lösung abgezeichnet, und zu der habe sich die Mehrheit am Montag gefunden. Mit dem entsprechenden Änderungsantrag der SP liessen sich die «vermeintlich divergierenden Interessen unter einen Hut» bringen.

Der Antrag sieht folgendes vor: Die Stadt kann Leistungen, die den Mieter:innen sonst von der Raumbörse als Betriebskosten verrechnet werden müssten, und Leistungen, die sonst Immobilien Stadt Zürich verrechnen würde (Baukosten, laufender Unterhalt und Nebenkosten), vertraglich auf die Mieter:innen übertragen, wenn sie diese Leistungen selber erbringen. Den ursprünglich beantragten Kredit bewilligen musste der Gemeinderat trotzdem, da die Stadt gegenüber den Eigentümern haftet. Für die Mieter:nnen verringert sich so der Quadratmeterpreis. Um wieviel genau, lässt sich naturgemäss nicht voraussagen, da es davon abhängt, wieviel sie effektiv machen wollen.

Nach ausführlicher Debatte freute sich Stadtrat André Odermatt trotz aller Kritik über den «guten Abschluss, der sich abzeichnet». Er erinnerte aber auch daran, dass es in der Stadt Zürich wirklich nicht einfach sei, den nötigen Platz für ein Schulhaus zu sichern: «Es ist ein Haifischteich, und es wird sehr viel Geld bezahlt.» Der Baurechtszins bewege sich auf der «sehr fairen Seite». In den Abstimmungen kam der Antrag der SP mit 97:16 Stimmen bei einer Enthaltung durch. Die so geänderte Vorlage hiess der Rat mit 93:2 Stimmen bei 20 Enthaltungen gut.

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