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22. Februar 2019 um 14:49

Aktualisiert 26.01.2022

Die Perspektiven des Wohnens: «Ein Wechselbad der Gefühle»

Am Donnerstag hat Tsüri.ch zum Start-Event für den Fokus-Monat «Wohnen» geladen. Zum Auftakt haben sieben Akteur*innen ihre Sicht auf das Thema präsentiert.

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«Ein Wechselbad der Gefühle» nennt Walter Angst die vorangegangene Stunde. Der Vertreter des Mieterverbands Zürich und Zürcher Gemeinderat (AL) hat recht: Sechs Akteur*innen aus dem Bereich Wohnen haben zuvor jeweils sieben Minuten zum Thema gesprochen. So verschieden die Gäste, so verschieden sind die vertretenen Standpunkte. Und Walter Angst bildet den krönenden Abschluss dieses Potpourris an Meinungen.

Den Beginn macht Astrid Heymann, Direktorin Liegenschaften Stadt Zürich, und stellt gleich klar: «Städtisches Wohnen ist politisch». Dem Klischee, die rot-grüne Stadt vergebe die eigenen Wohnungen nur an die eigene Wählerschaft, widerspricht sie vehement. Auch Bestechung, Beziehungen und ein Arbeitsplatz bei der Stadt nützen nichts, um an eine städtische Wohnung zu gelangen. Eine konkrete Antwort darauf, wie man denn als Einzelne*r an zahlbaren Wohnraum in der Stadt käme, bleibt leider aus. Man versuche aber – wie vom Volk bestimmt – bis 2050 einen Drittel gemeinnützigen Wohnungen zu verwirklichen und die Durchmischung zu fördern, gemäss der neuen Vermietungsverordnung.

Einblick in fremde Welten

Ein starkes Kontrastprogramm zu dieser ersten Rede bietet Gast Thomas Pukljak, seines Zeichens Interior Design Manager bei der Ikea. Gleich zu Beginn zeigt er ein Mood-Video, das klar macht: Ikea will, dass man sich zuhause zu Hause fühlt. Der dritte Gast, Maresa Schumacher nimmt den Ball gleich auf, ist ihr erklärtes Thema doch das Limmattal, in welchem sich die nächstgelegene Ikea-Filiale befindet. Die Vertreterin der Regionale 2025 wirbt sieben Minuten lang für das Limmattal. Es sei günstiger Wohnraum sehr nahe der Stadt; man sei schnell in der Natur, es sei gut durchmischt und gäbe lokale und Bio-Produkte zu kaufen. Es ist ein Einblick in eine für Stadtzürcher*innen fremde Welt.

Als vierte Rednerin tritt Nina Schneider, Co-Projektleiterin Zollhaus, ans Pult. Ob gewollt oder nicht, sie vertritt an diesem Abend die Genossenschaften der Stadt Zürich. Insbesondere, indem sie gleich zu Beginn einige Missverständnisse aus dem Weg räumt: Genossenschaften haben keinen öffentlichen Auftrag, sie sind der Gesellschaft nichts schuldig und wenn, dann nur, weil sie sich selbst dazu verpflichten. Im Falle der Genossenschaft Kalkbreite, der das Zollhaus angehört, hat man sich beispielsweise dazu verpflichtet, preiswerten Wohnungsbau anzubieten. Es sei ein Plädoyer dafür, «dass der Wohnraum in der Stadt nicht ein Privileg sein soll, sondern ein Recht. Jedes Stück Land in der Stadt soll für den Menschen bebaut werden und nicht nur für den Profit.»

Viel Feind, viel Ehr’

Eine weitere Welle aus dem «Wechselbad der Gefühle» ergiesst sich über das Publikum, als mit Ralph Büsser von Visionapartements ein Akteur das Podium betritt, der nicht weiter von einer gemeinschaftlichen Genossenschaft entfernt sein könnte. Bei Visionapartements handelt es sich um eine Firma, welche in Zürich Liegenschaften besitzt und diese als Einzelappartements hauptsächlich zwischen einem und drei Monaten an Expats vermietet. Es ist wohl einer von den Akteuren an diesem Abend, die den Wohnungsmarkt zusätzlich anheizen und wahrscheinlich für viele im Raum ein feindliches Bild abgibt. Es sei deshalb anerkennend hervorgehoben, dass Visionapartements zumindest die Gelegenheit nutzt, diesem doch eher gesichtslosen Geschäft ein ebensolches zu geben.

Als sechster Gast tritt Barbara Zeleny, Projektmanagerin SBB Immobilien, auf. Sie zeigt auf, wo die SBB überall in Immobilien investiert, wobei der Wohnraum-Anteil nur gerade fünf Prozent beträgt. Den Elefanten im Raum spricht sie nicht an: Weshalb die SBB überhaupt in Immobilien investiert, wenn sie doch keine Immobilienfirma ist? Die Beantwortung einer solchen Frage hätte dieser öffentlichen Institution gut gestanden. Diese Chance wird jedoch verpasst – vielleicht auch gewollt.

Unbeantwortete Kritik

Und dann kommt Walter Angst, der letzte Gast der illustren Runde. Er nutzt seine Zeit grössenteils, um auf die Worte seiner Vorredner*innen kritisch einzugehen. Das Format lässt es nicht zu, dass diese darauf reagieren können – bei solch harscher Kritik wäre dies vielleicht nötig. Feststellen muss man jedoch, dass er wohl vielen Menschen im Publikum aus der Seele redet mit seiner Kritik: Das Limmattal werde stark aufgewertet und sei gar nicht mehr so stark durchmischt; Visionapartements vernichte mit ihren Appartements «attraktive Fläche an bester Lage»; und die SBB stehe für die «Durchkapitalisierung des Wohnens». Der Applaus ist gross.

Wohnen ist mehr als nur ein «Dach über dem Kopf» – das hat dieser Auftakt-Event vor 300 Besucher*innen im Kosmos gezeigt. Gerade der Wohnort, die Wohnart und die Wohnpreise bieten im städtischen Umfeld unendlich viel Raum für Diskussionen. In weiteren Events und redaktionell begleitet wird Tsüri.ch nun gemeinsam mit Urban Equipe den Fokusmonat zum Thema «Wohnen» begehen und Antworten auf die Frage finden, wie wir in Zukunft wohnen wollen.

Wer den Livestream zu diesem Event sehen will, findet weiter unten den YouTube-Link dazu (inklusive Liste von Gästen und ihre Auftrittszeiten). Zum Schluss des Artikels folgen die weiteren Events zum Thema «Wohnen».

  1. [3:25] Astrid Heymann, Direktorin Liegenschaften Stadt Zürich
  2. [12:13] Thomas Pukljak, Interior Design Manager Ikea
  3. [21:00] Maresa Schumacher, Sektionsleiterin Süd-West bei Baudirektion Kanton Zürich, Amt für Raumentwicklung; Regionale 2025
  4. [35:37] Nina Schneider, Co-Projektleiterin Zollhaus
  5. [52:40] Ralph Büsser, COO, Visionapartements
  6. [59:49] Barbara Zeleny, Projektmanagerin SBB Immobilien
  7. [01:07:43] Walter Angst, Kommunikation Mieterverband Zürich; Gemeinderat Zürich (AL)

Schau' dir den Stream in voller Länge an, unverschnitten:

Hier findest du unsere weiteren Veranstaltungen zum Thema «Wohnen» im Überblick:

Titelbild: Marco Büsch

Video: Elio Donauer

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