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Von Milad Al-Rafu

Freier Journalist

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12. Dezember 2020 um 13:00

Nachhaltige Areal-Entwicklung als Schlüssel zum Erfolg

Das Thema Nachhaltigkeit wird in der heutigen Zeit ganz gross geschrieben. Bauen und Wohnen sind eine der grössten Energiequellen, deshalb ist es wichtig bei der Areal-Entwicklung die ökologischen Aspekte einzubeziehen. Diverse Genossenschaften in der Stadt Zürich machen es vor.

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Das Hunziker Areal der Genossenschaft mehr als wohnen. (Foto: Sonya Jamil)

2019 war das Jahr der Klimastreiks. Zehntausenden junge Menschen vereinnahmten in regelmässigen Abständen die Strassen, um auf die Folgen des Klimawandels aufmerksam zu machen. Doch nicht nur vermehrte Aufmerksamkeit, sondern ganz praktische Veränderungen folgten auf die Demonstrationen: So konnten die Grünen im gleichen Jahr mit Martin Neukom einen Sitz im Zürcher Regierungsrat erobern – dies dank der Unterstützung der aufstrebenden Klimabewegung. Auch der Gemeinderat liess sich von den Streiks bewegen und beschloss den CO2-Ausstoss bis 2030 auf null zu reduzieren.

Zürich als 200-Watt Gesellschaft

In Zürich steht das Thema Nachhaltigkeit jedoch nicht erst seit den Streiks im Vordergrund: So stimmten die Wähler*nnen der Stadt Zürich bereits im Jahr 2008 der 2000-Watt Gesellschaft zu. Damit verpflichtete sich die Stadt unter anderem, den Energieverbrauch langfristig auf 2000 Watt pro Peron zu senken. Auch der CO2-Ausstoss muss auf eine Tonne pro Person und Jahr reduziert werden.

Als eine der grossen Energiequellen ist insbesondere das Bauen und Wohnen für die 2000-Watt-Gesellschaft von grösster Bedeutung. Das relevante Stichwort hier: Nachhaltige Areal-Entwicklung. In einem Bericht, der vom Bund und der Stadt Zürich im Jahr 2013 gemeinsam herausgegeben wurde, wird die nachhaltige Entwicklung wie folgt beschrieben: Sowohl die natürlichen als auch die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Ressourcen sollen gleichmässig entwickelt, genutzt und geschützt werden. Zudem ist auch die intergenerationelle Gerechtigkeit von Bedeutung: Das heisst, dass die Bedürfnisse der bereits bestehenden sowie zukünftigen Generationen einbezogen werden müssen.

So sehen nachhaltige gebaute Quartiere aus

Wie eine solche nachhaltige Bauweise aussieht, kann bereits an mehreren Orten in Zürich beobachtet werden: Ganze vier fertiggestellte Bauprojekte der letzten Jahre sind als 2000-Watt-Areale zertifiziert. Diese Zertifizierung wird vom Bundesamt für Energie vergeben und weist fortschrittliche Bauprojekte aus. Zu den zertifizierten Bauprojekten gehören das Freilagerquartier zwischen Albisrieden und Altstetten, die Kalkbreite, das Hunziker Areal beim Leutschenbach, sowie der Sihlbogen in Zürich-Leimbach. All diese Gebäude zeichnen sich durch eine ökologische Bauweise und eine effiziente Wärme- und Energieversorgung aus. Insbesondere der Minergie-Standard spielt beim ökologischen Bauen ein wichtige Rolle: Gebäude, die nach diesem Standard gebaut wurden, weisen einen tiefen Energiebedarf sowie einen hohen Anteil an erneuerbarer Energie auf.

Doch auch weitere Faktoren tragen zur Nachhaltigkeit bei: Beim Bau des Freilagerquartiers etwa wurde die durch den Bau ausgehobene Erde per Bahn abtransportiert. Dadurch konnten 300 Tonnen C02 eingespart werden. Zudem hat man in dieser Siedlung 12’600 Hainbuchen und 540 Bäume gepflanzt. Auch ein guter Anschluss an den ÖV trägt zu einem nachhaltigen Wohnen bei. Einen innovativen Weg geht hier die Sihlbogen-Siedlung: So erhalten diejenigen Bewohner*innen des Sihlbogens, die sich per Vertrag verpflichten, kein Auto zu benutzen, pro Jahr 800 Franken Kompensation für die ÖV-Kosten. Die Kalkbreite ist wiederum ganz autofrei. Neben dem ökologischen spielt jedoch auch der soziale Aspekt bei der nachhaltigen Arealentwicklung eine wichtige Rolle. So schreibt Dr. Joelle Zimmerli, Planerin und Soziologin, dass «die wesentlichen Punkte der sozialen Nachhaltigkeit die Wohnraumkonzepte sind». Damit ist die Mischung zwischen Arbeitsplätzen, Quartiersversorgung und belebtem Innenhof gemeint. All die vier erwähnten Gebäude beziehungsweise Siedlungen wurden so konzipiert, dass Wohnungen, Geschäfte und öffentliche Plätze zusammen ein Ganzes ergeben. So bietet das Hunziker-Areal neben den Wohnungen für 400 Personen auch Arbeitsplätze für 150 Personen an, wobei zwei Kitas, ein Kindergarten, sowie auch eine Behindertenwerkstatt das Areal ergänzen.

Auch in der Kalkbreite lässt sich gut sehen, wie die Nachhaltigkeit eben nicht nur ökologisch verstanden wird: Zusätzlich zu den Wohnungen und den verschiedenen kommerziellen Geschäften im Erdgeschoss finden sich unter anderem auch drei NGOs (Sans-Papiers Anlaufstelle, Greenpeace und Lauf gegen den Rassismus), eine Arztpraxis sowie eine Kita unter den Mieter*innen. Der begrünte, geräumige Innenhof wiederum ist ein Erholungsort für das Quartier. Gleiches gilt für das Freilagerquartier, das ökologische Bauten, eine Marktgasse sowie Gewerbeflächen inklusive Kindergarten, Kitas und Arztpraxis kombiniert.

Eine zukunftsweisende Rolle

Die Durchmischung betrifft jedoch nicht nur die verschiedenen Verwendungszwecke der Areale, sondern auch deren Bewohner*nnen: So setzt etwa die Genossenschaft «mehr als wohnen», der das Hunziker-Areal gehört, verstärkt auf einen guten Mix der verschiedenen Generationen, mit dem Ziel, dass Alt und Jung, Paare und Singles zusammenwohnen. Dass auch Personen ohne Schweizerpass eine Wohnung auf dem Areal finden, ist der Genossenschaft zudem ein weiteres wichtiges Anliegen. Auch die Kalkbreite ist um eine grosse Diversität ihrer Bewohner*nnen hinsichtlich des Alters und der Herkunft besorgt. Rund 260 Personen wohnen unter anderem in Familienwohnungen, als Einzelhaushalte oder in WGs mit bis zu 14 Personen. Der Austausch zwischen den Bewohner*innen findet unter anderem in den gemeinschaftlichen Räumen statt: Innenhof, Cafeteria, Musikraum, Werkstatt und Sauna.

Ökologisch von grosser Bedeutung, nehmen nachhaltig gebaute Areale somit auch auf sozialer Ebene eine zukunftsweisende Rolle ein: Dort wo der verfügbare Wohnraum immer weniger wird, braucht es klug ausgestaltete Wohnkonzepte, die sowohl das menschliche Zusammenleben als auch den Erhalt der natürlichen Ressourcen berücksichtigen. Dass sich auch die Formen des Zusammenlebens ändern und auch viele Personen nicht mehr einer typischen Kernfamilie angehören, mag den Bau solcher Areale noch zusätzlich fördern. In Zürich jedenfalls wurden im Jahr 2019 zwei weitere nachhaltige Bauprojekte, Green City und Quai Zürich, als 2000-Watt-Areal zertifiziert: Sie befinden sich zwar noch in der Entwicklungsphase oder kurz vor Abschluss. Doch bereits vor Fertigstellung kann darauf gehofft werden, dass sie nicht die Letzten ihrer Art bleiben werden.

Am Dienstag,15. Dezember 2020 findet im Karl der Grosse eine Podiumsdiskussion zum Thema Nachhaltige Arealentwicklung statt. Abonniere dir einen für den Livestream!

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