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Von Daria Wild

Journalistin

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24. Juni 2020 um 04:05

Mit dem Velo durch Zürich: 4,5 Ansichten

Was beschäftigt Zürcher*innen, die mit Velos zu tun haben, mal abgesehen vom politischen Seilziehen? Wir haben mit vier Menschen über ihre Velogeschichte, ihre Lieblingsstrecke und ihre Wünsche für Zürich gesprochen. Heute: Yvonne Ehrensberger.

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Foto: zVg

4. Die Lobbyistin

Die schmucklose Überbauung der Kronenwiese im Zürcher Kreis Sechs riecht noch immer neu. In einem kleinen Sichtbeton-Büro mit riesigen Fenster lädt Yvonne Ehrensberger, Geschäftsführerin von Pro Velo Kanton Zürich, zum Gespräch.

Auch Ehrensbergers Velo-Geschichte beginnt mit unrühmlichen Stürzen und mühsamem Lernen. «Mein Vater musste mich aufs Velo zwingen und jetzt kriegt man mich nicht mehr runter», lacht Ehrensberger. Sie verzichtet auf Pausen beim Sprechen und den ÖV beim Pendeln. «In der Kanti entdeckte ich irgendwann, dass ich mit dem Velo von Opfikon nach Oerlikon fahren kann, als ich in Zürich zu studieren begann, behielt ich das bei.» Während des Studiums macht Ehrensberger vor sechs Jahren ein Praktikum bei Pro Velo, nach einer kurzen Unterbrechung kehrte sie zurück.

Warum das Velo? «Es bietet mir viel mehr Freiheiten, man kann jederzeit vom Ausgang nach Hause fahren, und ich fühle mich stark.» Den Eltern habe sie immer gesagt, sie müssten sich keine Sorgen machen, wenn sie nachts unterwegs sei, «ich habe ja das Velo». Von schlimmen Unfällen bleibt Ehrensberger verschont, ein Mal sei sie im Kreisel ausgerutscht, «Beinahe-Situationen» habe es Unmengen gegeben, Stürze wegen Tramschienen auch. «Der Klassiker». Auch heute fährt sie die 7,5 Kilometer in 25 Minuten von Opfikon ins Büro, auf den Zug steige sie nur um, wenn es «wirklich, wirklich schneit». Das Velo sei ihr aber in erster Linie Transportmittel. «Wobei, wenn ich irgendwo einen neuen Weg entdecke, wenn ich an einen Termin muss, oder durch Felder fahre, dann sind das Mini-Ferien.»

Die Gesellschaft ist längst pro Velo.

Yvonne Ehrensberger

Die Lieblingsstrecke? «Nicht der Arbeitsweg». Früher habe sie die Scheuchzerstrasse gemocht, den Weg zwischen Irchel und ETH, eine 30-er-Zone mit vielen Velos, die deshalb für das Velostrassen-Pilotprojekt gewählt wurde. Sonst: «Der kurze Abschnitt an der Lagerstrasse, eine der wenigen Orte mit richtig breiten Velostreifen.» Dieser Velostreifen sei ein Verdienst von Pro Velo gewesen, mehrmals hätten sie intervenieren müssen, um durchzusetzen, dass gerade dort genug Platz für’s Velo möglich sei.

Pro Velo geht ins Jahr 1975 zurück und ist heute ein nationaler Dachverband von 40 lokalen und regionalen Verbänden. Seit Jahrzehnten setze sich Pro Velo für ein besseres Velonetz ein, sagt Ehrensberger, aber «auf einem anderen Weg als beispielsweise die Aktivist*innen der Critical Mass». Diese würden sie sehr unterstützen, doch Pro Velo sei darauf angewiesen, mit verschiedenen Akteur*innen in den Dialog treten zu können. «Wir sind die Velolobby», sagt Ehrensberger. Das sei manchmal frustrierend, wenn wenig passiere, wenn die Prozesse zäh und aufwändig seien. «Vom Masterplan Velo 2012 ist inzwischen ein winziger Teil umgesetzt.»

Was sie sich für Zürich wünsche? «Stehen sechs Velos und zwei Autos an der Ampel, ist die Wahrnehmung eine andere. Das ist inzwischen oft der Fall, die Gesellschaft ist längst pro Velo. Jetzt fehlt noch der politische Wille und Mut, das Velo auch zu priorisieren, mal eine Ampel zu machen, bei der das Velo vortritt hat, eine wirklich sichtbare Infrastruktur zu bauen. Und: Ich wünsche mir eine bessere Stimmung unter den Verkehrsteilnehmer*innen. Aber ich verstehe, dass das unter jetzigen Verhältnissen fast unmöglich ist.»

4,5 Ansichten
Porträts von diesen Zürcher Velo-Menschen erscheinen hier in der Rubrik «Mobilität» auf Tsüri.ch:

1. Der Velosassa: Lukas Bühler – Bond
2. Die Tiefbaudirektorin: Simone Rangosch
3. Die Kurierin: Julia Szreniawa
4. Die Lobbyistin: Yvonne Ehrensberger – Pro Velo Kanton Zürich


Eigentlich wäre noch ein weiteres Porträts geplant gewesen. Auch Polizist*innen haben viel mit Fahrrädern zu tun: Als Velopolizist*innen fahren sie selber auf zwei Rädern, die Streife kontrolliert säumige Velofahrer*innen an den Ampeln, als Verkehrspolizist*innen nehmen sie Kindern die im fünften Primarschuljahr obligatorische Veloprüfung ab, und als Teil des Dialogteams vermitteln sie zwischen dem Rest der Polizei und den Critical-Mass-Fahrer*innen. Gerne hätten wir eine dieser Stimmen hier vertreten gewusst, doch die Polizei hat innert Wochenfrist «leider keine Person gefunden».

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