Mein Abend am Obenuse Festival: Punkrock, Bierdusche und: Warum sind hier eigentlich alle so nett? - Tsüri.ch #MirSindTsüri
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Von Laura Kaufmann

Redaktorin

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10. Mai 2017 um 07:50

Mein Abend am Obenuse Festival: Punkrock, Bierdusche und: Warum sind hier eigentlich alle so nett?

25 Punk Rock Bands in 5 Locations im Kreis 4 - das waren alle Infos, die ich zum Obenuse Festival hatte. Vor 10 Jahren hatte ich mal eine kurze Punk- und Emo-Phase, die ich bei dieser Gelegenheit wieder einen Abend lang aufleben lassen wollte. Am Ende des Abends blieb eigentlich nur eine Frage unbeantwortet: « Warum sind hier eigentlich alle so nett?»

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An diesem regnerischen Samstag komme ich um 19:00 bereits nass im Eldorado in der Nähe des Limmatplatzes an. Draussen stehen mehrheitlich schwarz gekleidete Männer, trinken Bier und rauchen. Drinnen ist es saumässig heiss und meine Brille läuft sofort an. Mehr oder weniger blind schaue ich verwirrt durch die Gegend. Eine Gruppe unterbricht ihr Gespräch: «Können wir dir helfen?» Sofort erhalte ich ein Brillentuch entgegengestreckt.

Als das Konzert der Band Wonk Unit losgeht, ist der Laden bis in die hinterste Ecke gefüllt und die Linse meiner Kamera angelaufen vor lauter Hitze. Mein Kollege warnt mich: «Hier gibt’s jetzt dann gleich einen Moshpit.» Ich erinnere mich daran, wie ich damals vor 10 Jahren jeweils Ellbogen ins Gesicht erhalten habe und fühle mich mässig wohl. Ein Spanisch sprechender Typ im Tanktop mit etwa doppelt so breiten Schultern wie ich, bietet mir seinen Platz auf einem Podest an. Die Einflüsse der Songs reichen von Ska-Punk bis zu Hardcore und der Männer/Frauen-Anteil im Publikum liegt ungefähr bei 80/20. Nach 45 Minuten Pogo, Headbanging und Crowdsurfing bin ich klitschnass, obwohl ich nur zugeschaut habe.

Wir beschliessen die Location zu wechseln, diskutieren, ob das Kino Roland eigentlich immer noch ein Sex-Kino sei und ob da überhaupt noch jemand hingehe. Nach einem Zwischenstopp an der Langstrasse landen wir in der Sansibar, wo Hospital Job aus Springfield, Illinois (US) spielen. Die Band ist nicht so mein Ding, ich beschliesse aber noch ein weiteres Lied abzuwarten.

Aus dem Nichts fliegt mir plötzlich ein ganzer Becher voll Bier mitten ins Gesicht - mein Kollege lacht sich krumm. In meinem Gesicht befindet sich inzwischen eine undefinierbare Masse aus Make-Up, Bier, Schweiss und Regen. Damit scheine ich hier aber nicht besonders aufzufallen - gut so.

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Ich mache mich auf den Weg zur Hafenkneipe am anderen Ende der Militärstrasse. Der Türsteher kommt mir bekannt vor. Wenn ich mich richtig erinnere, arbeitet er schon seit Jahren dort. Am Nachmittag habe er sich darüber beschwert, dass nun plötzlich so viele Junge das Festival besuchen würden, welche gar nicht mehr «richtig Rock’n’Roll» seien. Auch hier stehen die Besucher dicht gedrängt, es ist heiss und ich sehe zuerst mal nichts. Auf der Bühne steht eine Band namens Lombego Surfers aus Basel. Die Bandmitglieder sind geschätzte 50-60 Jahre alt und spielen eher Rock’n’Roll als Punk. Das Publikum ist zwischen 20 und 40, die Stimmung gut und ich erhalte wiederum einen Stehplatz auf einer Bank angeboten, damit ich etwas sehe. Es ist ganz ungewohnt, wie nett hier alle Leute sind.

Als ich zuhause die Lombego Surfers google, finde ich heraus, dass sie in Basel Legenden sind und die Band seit über 30 Jahren weltweit tourt und kleine Konzerte spielt. In einer spannenden Doku über ihn und die Band hält der 63-jährige Leadsänger Anthony Thomas fest: «Für mich heisst Rock’n’Roll...und natürlich Punk, early Punk, dass du nicht 100% so sein musst, wie alle dich haben wollen. Das ist sehr wichtig für Rock’n’Roll - echten Rock’n’Roll. Es gibt einen klassischen Spruch: Es gibt keine Regeln im Rock’n’Roll!»

Weiter geht’s in den Club Zukunft zu Tim Vantol aus den Niederlanden. Zuvor wurde ich von anderen Besuchern gewarnt, dass der total schlecht sei und ich auf keinen Fall hingehen sollte. Der Männer-/Frauen-Anteil liegt bei diesem Konzert bei 20/80, was wohl daran liegt, dass der Musiker eher Folk als Punk spielt und den Frauen in den vorderen Reihen auch optisch sehr zu gefallen scheint. Auch ohne Mikrofon hat der Sänger eine gute Stimme und das Publikum möchte am Schluss eine Zugabe.

Die Sansibar erhält nach der Bierdusche von vorhin eine zweite Chance und ich treffe mich mit den Kollegen wieder beim Konzert von Astpai. Die Wiener Hardcore/Punk-Band hat ein durchmischtes Publikum angezogen und auch Frauen wagen hier das Crowdsurfen. Der Sänger bittet die Jungs im Moshpit doch bitte etwas zu «relaxen», es sei doch noch sehr früh für einen Punkrockabend - womit er nicht unrecht hat.

Die Festivalbesucher zieht es weiter an die Afterparty im Kino Roland, mein Abend geht woanders mit meiner gewohnten Musik weiter. Als ich meinen Freunden später von meinem Abendprogramm erzähle, meinen sie: «Ach so, wir haben uns noch gewundert, was da heute für komische Leute an der Langstrasse unterwegs sind.»

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