Mediengesetz: Die Nebelpetarden der Gegner:innen
Leistungsschutzrecht, Gutscheine für Medien-Abos oder Leistungsvereinbarungen sind allesamt nutzlos. Im Moment zumindest. Damit wollen die Gegner:innen des Medienpakets davon ablenken, worum es wirklich geht. Ein Kommentar.
Wenn wir am 13. Februar über die neue Medienförderung abstimmen, geht es vor allem um eines: Die Regionalmedien, welche mit dem neuen Gesetz überproportional von der Förderung profitieren würden. Lokalradios, Lokalzeitungen oder auch neuere Online-Medien versorgen die Bevölkerung bis ins hinterste Bergtal mit Informationen aus Politik, Gesellschaft und Kultur, die allesamt Grundlage sind für eine politische Teilhabe.
Nun gibt es einige Akteure, welche gegen diese Förderung angetreten sind. Das Ziel des Referendumskomitee ist, die unabhängigen Medien zu schwächen und von politisch motivierten Millionären finanzieren zu lassen, die teilweise aus den eigenen Reihen stammen. Wer die Berichterstattung kontrolliert, hat politische Macht.
Nun, natürlich spielen die falschen Freunde der Demokratie nicht mit offenen Karten. Sie verstecken ihre Absichten hinter Nebelpetarden. Das Gesetz sei unausgewogen, ein Murks und so weiter.
Drei prominente Argumente der Gegner:innen im Realitätscheck.
1. Das Gutscheinsystem
Einer der Referendumsführer und Alt-FDP-Nationalrat Peter Weigelt fordert am Mittwoch im Blick einen «300-Fr.-Gutschein für alle Bürger». Damit sollen die Menschen vom Staat einen Gutschein erhalten, welchen sie dann für das Medium ihrer Wahl einlösen können. Die Idee ist nicht per se schlecht, doch sie käme nur den Grossen zugute. Stell’ dir vor, du hast einen solchen Gutschein und müsstest dich für eine Zeitung entscheiden. Welche würdest du wählen? Die Tageszeitung mit Anspruch auf Vollständigkeit oder das kleine Lokalmedium mit Informationen aus der Lokalpolitik? Eben.
Davon abgesehen ist die Idee nicht neu. Bereits im parlamentarischen Prozess, welcher zum vorliegenden Medienpaket geführt hat, wurde das Gutscheinsystem von GLP- und FDP-Politiker:innen eingebracht. Eine Mehrheit des Nationalrats wollte davon nichts wissen und lehnte die Anträge ab.
Die Idee mit den Gutscheinen käme den Grossen zugute; zudem ist sie politisch nicht mehrheitsfähig. Mit der erneuten Lancierung dieser Idee will Peter Weigelt von der jetzigen Vorlage ablenken.
2. Bürokratiemonster Leistungsvereinbarung
Am Samstag hat neben «Die Mitte» auch die GLP die Ja-Parole zum Mediengesetz beschlossen. Am gleichen Tag lancierte der Parteipräsident, welcher zum Nein-Lager gehört, im Tagi eine seltsame Idee. Ausgerechnet als Vertreter einer Partei, die sich für Innovationen stark macht, forderte Jürg Grossen ein neues Bürokratiemonster. Nein, er hat es natürlich nicht so genannt. In seinen Worten:
«Priorität hat für mich wie gesagt auch die Förderung von Onlinemedien – wobei ich die Subventionen nicht danach bemessen würde, wer viel Geld mit Abos und Spenden einnimmt, sondern nach grundsätzlichen journalistischen Qualitätskriterien.»
Wer selber ein kleines Online-Medium betreibt und diese Worte liest, denkt nur noch Auweia. Wer soll die journalistischen Qualitätskriterien überprüfen? Mit welchem Instrument? Es klingt nach sehr viel Aufwand, der für einen kleinen Verlag kaum zu bewältigen wäre. Wer die Kleinen stärken will, darf kein Bürokratiemonster schaffen.
Das Schöne an der geplanten Online-Förderung ist ihre Einfachheit. Für jeden Franken, der das Publikum zahlt, legt der Staat noch einen Teil drauf. Auch die Partei von Jürg Grossen hat darum grossmehrheitlich die Annahme des Gesetzes empfohlen.
«Für die Grossen gibts Gold, für die Kleinen bleiben Krümel.»
3. Das Leistungsschutzrecht
Wenn Google oder Facebook journalistische Inhalte anzeigen und damit Geld verdienen, sollen sie einen Teil dieser Einnahmen an die Verlage abgeben. Diese Forderung, auch Leistungsschutzrecht genannt, ist im Grundsatz nicht falsch. Doch auch dies würde nur den grossen Verlagen nützen. Denkt jemand ernsthaft, Google würde mit uns von Tsüri.ch verhandeln? An uns verdienen sie viel zu wenig Geld, sie würden uns einfach nicht mehr anzeigen.
Selbst wenn Google an die Kleinen etwas ausschütten müsste, würden wir in der Spotify-Falle landen. Dort kriegen alle Künstler:innen pro Play einen kleinen Betrag. Wirklich lohnen tut es sich aber erst ab hunderttausenden von Plays. Für die Grossen gibts Gold, für die Kleinen bleiben Krümel.
In der Schweiz würden nur jene Verlage von einem solchen Leistungsschutzrecht profitieren, die für Google und Facebook richtig viel Traffic generieren. Also Blick, Nau, Tamedia-Zeitungen und sicher nicht Baba News, Tsüri.ch oder die Engadiner Post.
Hinter den Kulissen wird fleissig an diesem Anliegen gearbeitet – unabhängig von Sinn und Zweck des Leistungsschutzrechts wird es Jahre dauern, bis auch nur ein einziger Franken fliesst wenn überhaupt. Für die Lokalmedien ist es also umso wichtiger, dass die neue Medienförderung an der Urne angenommen wird. Denn sonst gehen sie doppelt leer aus.
So verschieden diese drei Vorschläge sind, zwei Dinge sind ihnen gemein: Sie werden auch bei einer Implementierung auch die kleinen Lokalmedien nicht retten. Und zum zweiten soll suggeriert werden, in Sachen Medienpolitik gäbe es als Alternative zum Medienpaket einen easy way out – das stimmt nicht. Jetzt haben wir ein Gesetz auf dem Tisch und darüber stimmen wir ab. Wer wirklich etwas für die Kleinen machen will, stimmt Ja.