Manuel hat im Seefeld eine Wohngenossenschaft gegründet – So ist er vorgegangen - Tsüri.ch #MirSindTsüri
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27. März 2019 um 15:00

Aktualisiert 26.01.2022

Manuel hat im Seefeld eine Wohngenossenschaft gegründet – So ist er vorgegangen

Manuel Lehmann hat die Bau- und Wohngenossenschaft «Netzwerk Mehrgenerationen Riesbach» (NeMeRi) mitgegründet. Die Genossenschaft will im Kreis 8 ein Netzwerk von 20 Mehrgenerationenhäusern schaffen und so zur sozialen Durchmischung des Quartier beitragen. Wie er bei der Gründung vorgegangen ist, erzählt er Tsüri.ch im Interview.

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Wie gründet man eine Genossenschaft? Tsüri.ch hat einen Mann getroffen, der es wissen muss. Manuel Lehmann hat Ende Februar die Bau- und Wohngenossenschaft «Netzwerk Mehrgenerationen Riesbach» (NeMeRi) mitgegründet. Zum Stadtkreis Riesbach gehören die Quartiere Seefeld, Mühlebach und Weinegg, die alle stark von der Gentrifizierung betroffen sind. Mit der Genossenschaft wollen Manuel und seine Mitstreiter*innen dieser Entwicklung entgegenwirken.

Ihr Ziel ist es, vielfältige Wohnformen und Wohnungsgrössen für alle Generationen zu bieten und so zur sozialen Durchmischung des Quartiers beizutragen. Manuel Lehmann hat Soziokulturelle Animation an der Hochschule Luzern studiert und wohnt in der Bau- und Wohngenossenschaft Karthago im Kreis 3. Tsüri.ch hat Manuel gefragt, was man beachten muss, wenn man eine Genossenschaft gründen will.

Brauche ich ein Haus, damit ich eine Genossenschaft gründen kann?

Nein, das ist nicht zwingend. Die Genossenschaft Kalkbreite hat auch ohne Haus begonnen. Wir haben zurzeit auch noch kein Haus.

Warum hast du deine eigene Genossenschaft gegründet?

Immer mehr ältere Leute haben Probleme, auf dem normalen Wohnungsmarkt eine passende Wohnung zu finden und müssen darum direkt ins Altersheim. Das hat auch für die Stadt höhere Kosten zur Folge. Dies hat mich unter anderem dazu bewogen, eine Genossenschaft zu gründen – und zwar eine für mehrere Generationen.

Wie habt ihr euch formiert und organisiert?

Ich habe im Quartier Flyer verteilt und in der Quartierzeitung inseriert. So haben sich Interessierte gemeldet. Danach organisierten wir monatliche Treffen. Wir erklärten jedes Mal die Idee dahinter, wo wir jetzt stehen und wohin wir wollen. Früh haben wir verschiedene Arbeitsgruppen gebildet. Die offensichtlichen für Finanzen, Liegenschaften, Vermietung und Bau, aber auch für Kommunikation, Exkursionen und Kultur. Dazu gibt es den Vorstand. Idealerweise stellt jede Arbeitsgruppe dann ein Vorstandsmitglied.

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Manuel Lehmann hat eine Genossenschaft mitgegründet (Bild: zVg)

Was muss man unbedingt beachten?

Es ist wichtig, dass man breit aufgestellt ist. Mieter*innen finden sich dann immer. Dazu kommt, dass ich niemandem empfehlen würde, die Statuten selber zu schreiben. Der Verband der Bau- und Wohngenossenschaften kann einem Musterstatuten zur Verfügung stellen. Oder man orientiert sich an den Statuten einer anderen Genossenschaft. Wir haben während drei Monaten intensiv an unseren Statuten gefeilt.

Ihr bezeichnet euch als Mehrgenerationen-Genossenschaft. Warum legt ihr den Schwerpunkt darauf?

Der neue Gesundheitsvorsteher Andreas Hauri hat die städtische Altersstrategie sistiert. Da die Betagten ihren Lebensabend lieber zu Hause verbringen möchten, wird nicht wie geplant in die Sanierung von Altersheimen und in Ersatzneubauten investiert. Für solche Leute, die nicht ins Altersheim wollen oder wenn es dort keinen Platz mehr gibt, ist unsere Genossenschaft auch gedacht. Wir wollen in unseren Liegenschaften auch Dienstleistungen einbauen wie einen Coiffeursalon.

Warum habt ihr euch für das Seefeld entschieden?

Im Seefeld gibt es sehr viele schöne Häuser. Darunter auch viele denkmalgeschützte, die eine Renovation nötig haben. Um diesen sehr hohen Standard zu halten, müsste man viel investieren. Wir wollen solche Bauten sanft sanieren, damit sie den nachhaltigen Kriterien genügen. Der Nutzungsmix wird dem Gebäude angepasst und nicht umgekehrt.

Macht es Sinn, sich nur auf ein Quartier zu fokussieren?

Ja, weil ein Netzwerk von Häusern entstehen soll. Wenn diese zu weit auseinander sind, gibt es keine Synergien zwischen den einzelnen Gebäuden. Zu solchen Synergien gehören z.B. der Austausch zwischen den Bewohner*innen, gemeinsame Veranstaltungen zu Nachhaltigkeits- und Altersthemen oder auch Gewerberäume, in denen Dienstleistungen angeboten werden und eine gemeinsame Küche, in der täglich gekocht wird.

Wie kommt ihr an die Häuser?

Wir werden die Stadt und den Kanton kontaktieren und ihnen mitteilen, dass wir Wohnhäuser suchen. Zudem nutzen wir alle Kanäle im Quartier und verteilen Flyer. Damit kommen wir einerseits zu Häusern und andererseits zu weiteren Mitgliedern.

Sprechen wir über das Geld. Wie viel Eigenkapital müsst ihr einbringen?

Als junge Genossenschaft müssen wir 20 Prozent Eigenkapital einbringen. Dazu kommt die Hypothek der Bank.

Wieviel müssen eure Mitglieder bezahlen?

Das Mitglied kauft einen ersten Anteilsschein von 500 Franken. Die ersten paar Jahre zahlen die Mitglieder zudem einen bestimmten Beitrag zur Finanzierung der Geschäftsstelle, bis wir diese durch die Mieteinnahmen bezahlen können.

Wer kann Mitglied werden?

Jede*r, wir sind komplett offen. Von jung bis alt und egal welche Nationalität.

Wann kann man bei euch einziehen?

Wenn wir bestehende Häuser sanieren, in zwei Jahren. Falls wir einen Neubau erstellen, dann dauert es etwas länger.

Wie gross wollt ihr werden?

Das Ziel ist es im Zeitraum von 20 Jahren 20 Häuser zu besitzen und, dass die Genossenschaft 500 Mieter*innen zählt. Wir beginnen im Seefeld, einem Quartier, das nicht als einfach gilt. Wenn es hier geht, dann geht es überall. Man soll uns kopieren!

Bilder: Seraina Manser

Willst du Mitglied bei der Bau- und Wohngenossenschaft «Netzwerk Mehrgenerationen Riesbach» werden? Melde dich hier.

Die Idee für diesen Artikel stammt aus der Umfrage unter den Unterstützer*innen des Crowdfunding zum Thema Wohnen.

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