Spunten Serie, Teil 2: Zu Besuch bei «El Papi» an der Langstrasse - Tsüri.ch #MirSindTsüri
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Von Emilio Masullo

Projektleiter

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7. Februar 2022 um 21:00

Aktualisiert 08.02.2022

Spunten Serie, Teil 2: Zu Besuch bei «El Papi» an der Langstrasse

Im «El Papi» gibt es Würste, die im Treppenhaus gebraten werden und hartgekochte Aromat-Eier. Im zweiten Teil unserer losen Spunten-Serie besuchen wir das Lokal gleich an der Piazza Cella.

Das Lokal heisst nicht nur «El Papi». Es gibt ihn auch wirklich! Fotos: Elio Donauer

Das Lokal heisst nicht nur «El Papi». Es gibt ihn auch wirklich! Fotos: Elio Donauer

6 Franken für eine Portion Spaghetti Bolognese – mit diesem «Schnäppli» sind wir im November in unsere Spunten-Serie gestartet. Heute sitzen wir an der Langstrasse, 350 Meter weiter westlich vom Werkhof. Neben der Piazza Cella befindet sich der Schweizerdegen. Den Übernamen «El Papi» hat das Lokal dem gleichnamigen Besitzer zu verdanken. Laut einem NZZ-Artikel ist «Papi» Gastronom, Immobilienbesitzer und eine zentrale Figur im Zürcher Rotlichtmilieu. Und ehrlich gesagt waren wir ein bisschen unsicher, ob wir hier aufkreuzen sollten. Denn im Artikel wird «El Papi» als unangenehm und aufbrausend beschrieben, wenn er viel getrunken habe. Zu seinen Gästen sei er hingegen freundlich, solange diese viel konsumierten. Dies haben wir vor, was uns beruhigte.

Von Chanel-Torte bis zu Aromat-Ei

Lagebesprechung vor der Happybeck: Im Rücken eine Chanel-Torte und vor uns die Fenster vom Schweizerdegen. Darauf klebt ein riesiges Dosenbier, das für drei Franken über die Gasse angeboten wird. Und dann sind wir drin. Hier scheint die Zeit stehen geblieben zu sein. Fast so wie auf der verstaubten M-Budget-Uhr über dem WC-Eingang, die erstaunlicherweise funktioniert.

Golden Games. Das goldene Zeitalter hat das Lokal aber definitiv noch nicht erlebt. (Foto: Elio Donauer)

Wir setzen uns in die hinterste Ecke des Lokals und überblicken so den ganzen Raum. Neben uns steht ein Spielautomat mit dem Namen «Golden Games». Vor uns starren ein paar ältere Herren in ihr Rivella Rot oder Coke Zero. Stimmung: Schweigen ist Gold. Schnell bemerken wir, dass alle Blicke in unsere Richtung gerichtet sind. Der Grund: Der Fernseher ist genau über unseren Köpfen platziert. Tant pis. Uns interessiert jetzt vor allem eins, und das ist die Menükarte. Schweinswürstli oder das hartgekochte Ei für zwei Franken? Wir entscheiden uns für ersteres. 

Apfelmus vs. Schweinswürstli

Der Verein Incontro verteilt an der Langstrasse jeden Abend Lebensmittel an Personen, die diese brauchen. Auf dem Stammtisch lagen nun mehrere Gläser Apfelmus, die vor dem Lokal verteilt wurden. «Jetzt muesch luege, was die da für Ware tüend verteile!», ertönt es durch den Raum. Bei uns hiess es nun aber nicht Apfelmus, sondern Schweinswürstli mit Brot und Senf. Obwohl sie recht schrumpelig aussehen, schmecken sie ganz gut und uns auf jeden Fall viel lieber als das Apfelmus.

Anscheinend werden die Würstli im Treppenhaus grilliert. Du möchtest mehr Informationen dazu? Weiterlesen! (Foto: Elio Donauer)

Wenn im Lokal eine Bratwurst oder Fisch bestellt wird, würde dies manchmal bis in die Wohnungen hochstinken. Denn «El Papi» brutzelt diese anscheinend in einem Raum mit offener Tür gleich neben dem Treppenhaus. Dies haben uns Bewohner:innen, die in der Nähe wohnen, erzählt. Ansonsten sei «El Papi» sehr freundlich und spiele auch mal den Aufpasser. Denn schon öfters habe es in der Nachbarschaft Stress gegeben. Dann greife «El Papi» jeweils selber ein und sorge für Ordnung. Und wenn er dich als Bewohner:in des Hauses erkenne, gäbe er auch gerne mal ein Bier aus. 

Aromat ist nicht nur in der Schweiz beliebt

Nach gut drei Stunden im Schweizerdegen haben wir genug. Wir bestellen noch eine letzte Stange. Meine Begleitung gönnt sich als Abschluss ein Aromat-Ei, das sie an der Theke holen muss. Und ich begutachte den Kassenzettel, der auf Blümchenpapier gedruckt ist. 

Funfact: Aromat ist vor allem in der Schweiz und Südafrika beliebt. (Foto: Elio Donauer)

Dieses Mal sind die drei Deziliter Bier 30 Rappen teurer als im Werkhof. Wir fragen uns, wo es wohl das billigste Bier der Stadt gibt. Falls du es weisst, schreibe es uns oder verrate es uns in den Kommentaren. Denn vielleicht wird dies das nächste Lokal sein, das wir im Rahmen unserer Spunten-Serie besuchen. 

Spunten-Serie

Zürcher Restaurants – dazu gehört Hafermilch, ein veganes Menü und ein fancy Auftritt auf Social-Media. Doch es gibt auch Lokale, in denen die Zeit stehengeblieben ist. Lokale, in denen die Speisekarte noch mit Word-Art designt wurde, in der Ecke der Fernseher läuft und Oswald-Gewürz auf dem Tisch steht. In einer losen Serie besuchen wir die Spunten dieser Stadt.

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